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Ausflug ins Gruene

Ausflug ins Gruene

Titel: Ausflug ins Gruene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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einem Spazierstock vor mir. Unter seinen unglaublich dicken Augenbrauen hervor beäugte er mich amüsiert.
    »Nein, nein, ich genieße nur die schöne Altstadt hier«, sagte ich unsicher und versuchte möglichst überzeugend zu klingen.
    »Sie sind wohl nicht von hier, was?« Lag da Mißtrauen in seinem Blick? »Wo sind Sie denn wech?«
    »Wech? Also, weg bin ich, also aus Köln bin ich weg.«
    »Von Köln?« Der alte Mann stützte sich mit beiden Händen auf seinen Spazierstock. »Ja, da war meine Schwester ja auch mal.« Langsam gewöhnte ich mich an den schweren Tonfall, den mein Gegenüber pflegte. »Ja, Hauswirtschaft hat sie da gelernt. Reiche Leute waren das, wo sie da war. War so ein großes Haus, nicht weit vom Bahnhof wech. Kennen Sie ja vielleicht das Haus!«
    »Also, jetzt so auf Anhieb wüßte ich nicht–«
    »Ja, ist ja auch schon lange her, woll! Ich weiß jetzt nicht ganz genau. Der Jupp, das war unser Bruder, der war siebenvierzig aus dem Krieg wiedergekommen. Ich mein, danach wär dann Gertrud dahin gegangen. Neben ’ner Kirche war das Haus. Ich muß sie da mal fragen, wo sie da gewesen ist. Vielleicht kennen Sie das ja. Also, schönen Tag noch!« Ohne mich weiter zu beachten, humpelte der Mann leicht vornübergebeugt davon.
    »Oder ob das doch achtenvierzig war. Aber der Jupp–« Die weiteren Überlegungen zu Jupps und Gertruds Werdegang waren nicht mehr für mich bestimmt.
    Ich schaute dem Mann eine Weile nach und ertappte mich dabei, wie ich nachdachte, in welcher Kölner Straße das Haus wohl gelegen haben könnte. Dann schreckte ich auf und fand mich im Sauerland wieder.
    Mein Magen knurrte gehaltvoll, und ich machte mich auf die Suche nach etwas Eßbarem. In einer Querstraße hinter der Hauptkirche fand ich ein Café. Der Weg ins Innere führte an einer Theke mit etwa drei Millionen Kalorien vorbei, die auf verschiedenste Torten verteilt waren. Das Café selbst überraschte mich, weil es enorm groß war. Im hinteren Teil plätscherte ein Springbrunnen im Dämmerlicht eines Wintergartens vor sich hin. Eine megablonde Bedienung lief flink zwischen den Tischen hin und her. Ich suchte mir einen Platz im vorderen Teil, von dem aus ich einen Blick in die Fußgängerzone hatte. Ich hatte bislang nur die Gäste und noch gar nicht die Karte studiert, als eine Frau mit schwarzen Locken an meinen Tisch trat, um meine Bestellung aufzunehmen.
    Ich nahm einen Kaffee und zwei Stücke Eissplittertorte, auf die ich einen absoluten Heißhunger hatte, obwohl es nicht einmal Mittag war. Als die Bedienung mit ihren schwarzen Locken abschwirrte, mußte ich unweigerlich an Schach denken. Hier vorn im Café regierte die schwarze Königin, im hinteren Teil die weiße. Im Handumdrehen war die Bedienung wieder da und deponierte alles auf dem Tisch. Ich nutzte die Gelegenheit.
    »Können Sie mir auch noch sagen, wo man hier gut übernachten kann?«
    Die junge Frau hatte noch ein Kännchen Kaffee auf dem Tablett. »Ich komm gleich nochmal wieder!«, rief sie und schwirrte weiter. Ein paar Minuten später war sie wieder da. »Ich hatte eh jetzt Schichtwechsel. Jetzt hab ich einen Moment Zeit, um Ihnen zu helfen.«
    Sie setzte sich ganz unkompliziert zu mir an den Tisch. »Sie wollen hier übernachten«, wiederholte sie, nicht als Frage, sondern um zu überlegen. »Hm – an richtigen Hotels gibt’s hier in der Innenstadt eigentlich nur zwei. Aber das eine ist zu teuer, und außerdem kann man da nicht essen. Das andere wird gerade renoviert. Dann wäre da noch die Pängsion Gottscheidt, aber davon hört man auch nicht allzuviel Gutes.« Meine Beraterin sprach Pension wie Pängsion aus. Von dem französischen Erbe des Rheinlandes, das der Aussprache eine gewisse Leichtigkeit gibt, war hier nichts zu entdecken. »Wenn Sie etwas Einfaches suchen, ist eigentlich die Pängsion Dreisam am besten, hier ganz in der Nähe. Ein älteres Ehepaar betreibt sie. Etwas außerhalb wären dann noch zwei Hotels .«
    Ich bin sicher, ich hätte noch einen detaillierten Bericht über das Frühstücksei in jedem Hotel in zwanzig Kilometer Entfernung bekommen, wenn ich an dieser Stelle nicht unterbrochen hätte.
    »Diese Pension hier in der Nähe bietet sich förmlich an«, warf ich schnell ein.
    »Ja, sie ist direkt hinter der Kirche.« Kirche hörte sich an, als sei ein A darin zu finden, wie Kiache. Von einem R dagegen keine Spur. Ob die hier alle so sprachen?
    Die Kellnerin erzählte weiter. »Die Leute sind sehr nett. Und sie freuen sich

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