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Ausflug ins Gruene

Ausflug ins Gruene

Titel: Ausflug ins Gruene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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Applaus und ein allgemeiner Rummel. Einige Kollegen verließen das Lehrerzimmer, andere unterhielten sich noch, während ich mich zum schwarzen Brett durchkämpfte, wo die Lehrerstundenpläne ausgehängt waren. ’10a,R242’, da hatte ich es endlich gefunden. Wenn ich jetzt noch wüßte, wo R242 war. Ich blickte mich verzweifelt um, bis ich endlich Leo auf mich zuschlendern sah.
    »Hallo Vincent!« Er klopfte mir auf die Schulter und musterte mich dann. »Nichts für ungut, aber machst du gerade den Test, ob man dich trotzdem liebt?«
    »Wieso?« fragte ich trotzig.
    »Du stinkst wie verschimmelt und trotzdem in Damenparfum getaucht.«
    »Herrgott, ich hab nur unter einer Hundedecke geschlafen.« Leo sah mich fragend an.
    »Es gibt viel zu erzählen, aber jetzt reicht die Zeit nicht«, flüsterte ich ihm zu. »Sag mir erstmal, wo Raum 242 ist!«
    »Komm mit, ich muß auf denselben Flur.« Ich folgte ihm dankbar. »Ich hab auch was zu erzählen«, murmelte Leo hinter vorgehaltener Hand, als wir gemeinsam die Treppe heruntergingen. »Weißt du, wo unsere liebe Kollegin Gisela Erkens in den Morgenstunden des 17. Januar war, am Todestag von Bruno Langensiep?«
    »Woher soll ich das wissen? Bei mir war sie nicht.«
    »Ich habe nochmal mit der Nachbarin gesprochen. Die Nachbarin hatte sich inzwischen selbst bei Frau Erkens erkundigt – ganz diskret, wie sie sagte.« Ich verdrehte die Augen. »Sie hat leider durchscheinen lassen, ihre Kollegen bemühten sich, etwas über ihre außerschulischen Aktivitäten zu erfahren. Auf jeden Fall hat Madame Erkens gestanden, an besagtem Sonntag früh morgens nach Düsseldorf aufgebrochen zu sein. Dort hat sie an einem Wochenendseminar teilgenommen. Mit dem Thema ’Weg von Mutters Schürze’ – ein Selbsthilfekurs für Frauen, die nicht von ihren Müttern loskommen.«
    Ich prustete los. »Leo, du wirst nicht drum herumkommen, jetzt tatsächlich im Jahrbuch ein Portrait über sie zu schreiben. Sonst machst du dich unmöglich.«
    Leo nickte betrübt. »Das habe ich mir auch schon gedacht. Was soll’s? Hier mußt du rein!« Er zeigte auf eine Tür, vor der vier Schülerinnen herumgammelten, die mich neugierig beäugten.
    »Bis nachher!« Leo winkte im Weitergehen. Ich scheuchte die Schüler in den Klassenraum und wollte gerade die Tür schließen, als Schwester Wulfhilde vorbeischwirrte.
    »Ach, Herr Jakobs, viel Glück beim Schulstart!« Sie hielt den Daumen hoch, um mir Mut zu machen.
    »Danke«, wollte ich sagen, bekam aber nur ein Krächzen heraus. Ich hustete stark, bis ich den Hals wieder frei hatte.
    »Ach, das habe ich ganz vergessen! Ich habe ja noch ein Einstandsgeschenk für Sie!« Schwester Wulfhilde wühlte in den Untiefen ihrer grauen Tracht. Ich wartete verdutzt ab. »Hier für Sie!« Sie drückte mir eine Zitrone in die Hand. »Ich hab mir sagen lassen, die wirken noch besser als Apfelsinen!« Schwester Wulfhilde knipste mir ein Auge und war im Moment darauf in der Klasse gegenüber verschwunden. Ich mußte grinsen. Schwester Wulfhilde und ich, wir würden noch viel Spaß miteinander haben!
    Lächelnd schloß ich die Tür hinter mir.
    Jeder andere gute Pädagoge hätte jetzt wohl souverän seine Tasche auf das Pult gestellt, seine Bücher herausgenommen und eine lockere Einführung gestartet. Ich aber stand da ohne Tasche, ja, ohne überhaupt irgendetwas, woran ich mich hätte festhalten können. Ich stank wie ein Otter und fühlte mich zerknittert wie eine weggeworfene Zigarettenschachtel. Darüber hinaus starrten mich etwa dreißig Augenpaare erwartungsvoll an.
    »Guten Morgen!« rief ich fröhlich in den Raum und verdrängte den Gedanken, daß meine Haare wahrscheinlich an das Outfit eines wildgewordenen Igels erinnerten. Zurück kam nicht ein im Chor geschmetterter Guten-Morgen-Gruß, sondern ein lahmes, mehrstimmiges Gebrumm, bei dem sich keine einzelnen Worte identifizieren ließen.
    »Darf ich mal was fragen?« Der Schüler in der ersten Reihe wandte sich an mich, ohne seine Neugier auch nur im geringsten zu verbergen. »Haben Sie gerade die Camel Trophy hinter sich?« Die Klasse gröhlte.
    Ich versuchte ein Grinsen, um die Situation zu retten, und blickte an mir herunter. Die Schuhe völlig eingestaubt, die Hose zerknittert. Der Pullover erinnerte mich an die Waschmittelreklame, bei der die Hausfrau kurz vorm Nervenzusammenbruch steht, weil der zehnjährige Sohn sich mit seinem neuen Pullover drei Stunden im Dreck gesuhlt hat. In der Reklame wird dann alles

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