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Ausflug ins Gruene

Ausflug ins Gruene

Titel: Ausflug ins Gruene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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brüllte ich. »Komm, Max! Ich will nach Hause!« Eine Tür öffnete sich, und Alexa taperte herein. Sie sah unendlich verschlafen und zugleich umwerfend aus. Ihre rötlich schimmernden Haare waren ein einziges Kuddelmuddel, und sie trug etwas, das wie ein riesig großes Männerhemd aussah und kurz über ihren Knien endete. Mein Drang, sie einfach in den Arm zu nehmen, erledigte sich, als sie mißmutig ihre Augen rieb und fragte, wer hier denn solch einen Krach veranstalte.
    »Es ist nur Vincent!« antwortete Max trocken. »Er bildet sich ein, er könne noch in Ruhe duschen und seinen Unterricht vorbereiten, aber trotzdem in zehn Minuten an der Schule sein.«
    »Ach, ist es schon so spät?« Alexa blickte erstaunt auf ihren Arm und brauchte einige Zeit, um zu bemerken, daß sie gar keine Uhr trug.
    »Max, du mußt mich zuerst nach Hause fahren!« Ich war jetzt der Verzweiflung nahe. »Ich kann unmöglich so vor die Schüler treten. Außerdem habe ich meine ganzen Schulsachen nicht hier!«
    »Was ist dir nun lieber?« Max schaute mich genervt an. »Mit leichten Mängeln, aber pünktlich in der Schule? Oder komplett und geschniegelt, aber leider unentschuldigt erst zur zweiten Stunde?«
    Ich überlegte ernsthaft. »Das erste«, murmelte ich kleinlaut.
    »Dann komm!« Max nahm seine Jacke und ging. Ich stürmte eilig in das Badezimmer, an das ich mich vom Vorabend her noch vage erinnern konnte, wusch mich ein wenig, schluckte eine halbe Tube Zahnpasta, sprühte mir etwas Parfüm an, das auf der Ablage stand, und hastete los. Ich sah, daß Alexa im Halbschlaf mit einer Kaffeemaschine kämpfte. Ich hielt einen Moment inne, um ihren Anblick mit in die Schule zu nehmen.
    »Bist du enttäuscht, daß ich schon los muß?« Meine Frage hörte sich sicherlich nur ein ganz klein bißchen hoffnungsfroh an.
    »Nee, dann kann ich wenigstens in Ruhe Kaffee trinken!«
    Ich schnappte meine Jacke. An der Tür drehte ich mich noch einmal um.
    »Weißt du, Alexa, was ich an dir so liebe?« Den verschlafenen Blick, den meine Göttin mir zuwarf, konnte man nicht gerade als neugierig betrachten.
    »Es ist deine unschlagbare Direktheit. Wenn das eine sauerländische Eigenart ist, mußt du einen astreinen Stammbaum haben.«
    Max pfiff von unten, und ich rannte los, die Treppen hinunter. Als ich den Griff der Haustür in der Hand hielt, hörte ich von oben Alexas Stimme.
    »Und weißt du, was ich an dir so liebe?« Ich stand ganz starr und antwortete nicht.
    »Deinen unheimlich scharfen, runden Puschelpopo!«

36
    »Sie ist mein Schicksal«, sagte ich noch, bevor ich am Schultor aus dem Taxi stieg. »Das hat es in meinem Leben noch nie gegeben. Hast du das gehört? Ich habe einen unheimlich scharfen, runden Puschelpopo. Die Frau ist mein Schicksal.« Max schüttelte nur den Kopf und fuhr ab.
    Den Weg über den Parkplatz nahm ich im Dauerlauf. Die Schule sah völlig verändert aus, jetzt wo Hunderte von Schülern sich vor allen Eingängen, in Fluren und Klassenräumen aufhielten. Der Geräuschpegel, den diese Scharen verursachten, war enorm. Eilig bahnte ich mir einen Weg durch die Schülermassen. Es blieb mir nichts anderes übrig, als das Lehrerzimmer aufzusuchen, da ich keinen blassen Schimmer hatte, wo in meiner ersten Stunde der Unterricht stattfinden würde. Immer gleich vier Stufen auf einmal nehmend hastete ich nach oben, lief über den Flur und warf die Tür zum Lehrerzimmer auf. Innen war es totenstill, mal abgesehen von der Stimme Schwester Wulfhildes, die gerade eine Rede hielt. Alle Augenpaare richteten sich auf mich, der ich, fast im Erdboden verschwindend, einen Schritt in den Raum machte.
    »Und so hoffe ich, daß auch die kommende Unterrichtsperiode von der Harmonie geprägt sein wird, die in der Vergangenheit unser Lehrerkollegium beherrscht hat. Da sehe ich ja auch gerade unseren neuen Kollegen, Herrn Vincent Jakobs, hereinkommen, der von nun an Geschichte und Deutsch unterrichten wird. Herr Jakobs ist in Wallendorf am Niederrhein geboren, hat in Köln studiert und in Leverkusen seinen Referendardienst angetreten. Er wird hier zum ersten Mal eine Stelle als Lehrer wahrnehmen.«
    Vergeblich versuchte ich, mein unrasiertes Kinn hinter meiner Hand zu verbergen.
    »Ich hoffe, unser junger Kollege wird sich bald in unserem Kreise wohl fühlen. Und jetzt werde ich Sie nicht länger aufhalten«, Wulfhilde blickte wie zur Bestätigung auf ihre Uhr, »in zwei Minuten beginnt der Unterricht, meine Herrschaften.«
    Es folgte ein kleiner

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