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Ausflug ins Gruene

Ausflug ins Gruene

Titel: Ausflug ins Gruene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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kam langsam auf mich zu. Er wollte mich nicht erschrecken. Schritt für Schritt kam er mir näher. Ich hörte seinen Atem schon, als er noch ein paar Meter von mir entfernt war. Dann war er nur noch einen Schritt vor mir. Ich wartete.« Regine machte eine Pause.
    »Nein!«, sagte ich leise. Regine hörte mich gar nicht. Sie sprach abgehackt weiter.
    »›Ich tue es‹ sagte ich zu Bruno. Dann machte er den letzten Schritt. Es ging alles unglaublich schnell. Er wollte mich fassen, doch in dem Moment, da er seinen letzten Schritt machte, war ich zur Seite weggesprungen. Gleichzeitig stieß ich mit beiden Händen zu.« Regines Stimme war hysterisch geworden.
    »Er fiel. Er fiel und fiel. Ich hörte nichts. Keinen Schrei, kein Stöhnen. Nur plötzlich ein dumpfes Geräusch. Nichts weiter. Er hat mich nicht festgehalten. Er wollte fallen. Er wollte fallen. Er hat mich nicht festgehalten!« Regines Stimme überschlug sich. »Er, er wollte doch sterben, oder nicht?« Ihre Stimme verstummte, und sie ließ sich nach hinten gegen die Rückenlehne ihres Stuhls prallen. Es war still. Totenstill. Sie saß da. Sie sagte nichts mehr. Sie weinte auch nicht. Sie saß nur da, den Blick stur geradeaus gerichtet, in einer anderen Welt. Wir schwiegen. Die Zeit verrann, während ich versuchte, alles zu verdrängen. Nur nicht denken. Nur nicht denken! Ich wußte nicht, ob es Minuten oder Stunden waren, die wir still da saßen, nur zwei Meter voneinander entfernt, und doch war die Stille zwischen uns unendlich.
    »Gehen Sie jetzt!« Sie sagte es, ohne mich anzusehen.
    Ich stand auf. »Und Sie?« Meine Stimme klang kehlig, als sei ich in kurzer Zeit heiser geworden.
    »Ich bin allein. Rainer hat mich verlassen. Er wollte mich gar nicht. Auch nicht, als ich frei war. Frei!« Regine machte eine kleine Pause. »Ich werde jetzt eine Tasse Kaffee trinken, und dann fahre ich zur Polizei.« Nichts konnte mich mehr erstaunen. Ich ging zur Tür. Als ich mich umwandte, saß Regine noch immer an ihrem Platz, als wolle sie ihn nie mehr räumen. Sie schien weiterhin in Gedanken versunken.
    »Regine«, sagte ich und sie schaute hoch, als ich sie ansprach, »ich habe nichts. Nur Worte!«
    Es mußten Stunden vergangen sein, bis ich endlich zu Hause ankam. Ich war in der Gegend herumgefahren, war ausgestiegen und zu Fuß durch nasse Wiesen gelaufen. Meine Füße waren naß und kalt, aber das machte mir nichts aus. Leer war mein Kopf, zu keinem klaren Gedanken mehr fähig. Ich sah Max erst, als ich beinahe in ihn hineingelaufen wäre. Er saß auf der letzten Stufe vor meiner Wohnungstür, den Kopf in die Hände gestützt.
    »Vincent.« Er richtete sich auf und sah mich ernst an. »Was ist mit dir los? Du bist ja kalkweiß.« Ich antwortete nicht und stand müde da, in der Hoffnung, daß Max mich endlich durchlassen würde.
    »Vincent, ich muß dir was sagen!« Jetzt erst bemerkte ich, daß auch Max mitgenommen aussah. Er druckste herum.
    »Wie soll ich sagen. Es ist ein schlimmer Unfall passiert.« In meinem Kopf gingen Signalzeichen los.
    »Regine Langensiep hatte einen Unfall. Sie ist- du kennst sie, nicht wahr?« Meiner Kehle entsprang nicht mehr als ein Krächzen.
    »Ist sie, ist sie tot?« Max nickte stumm. In mir sank alles zusammen, ich war zu nichts mehr fähig. Sie war tot.
    »Vincent!« Max kam einen Schritt auf mich zu und umfaßte meinen linken Arm. »Nachbarn haben deinen Wagen vor Langensieps Haus gesehen, kurz bevor der Unfall passierte. Die Polizei ist dem Autokennzeichen nachgegangen und sucht dich.« Er blickte mich ernst an. In mir formte sich ein Klumpen, den ich nicht mehr lange würde aushalten können. »Sie untersuchen noch, ob es ein Unfall war. Ich meine-« Max suchte verzweifelt nach den richtigen Worten. »Der Mann ist ja vor kurzem schon so seltsam zu Tode gekommen. Und jetzt die Frau. Außerdem passierte der Unfall auf gerader Strecke ohne ein weiteres Fahrzeug. Die Unfallursache ist einfach nicht klar, weil sie ohne erkennbaren Anlaß in einen Baum reingefahren ist. Aber wahrscheinlich wird sich alles bald aufklären.« Max versuchte aufmunternd zu sprechen. »Es ist einfach so, man möchte mit dir sprechen. Ich glaube, es ist das beste, du gehst von dir aus zur Polizei! Meinst du nicht?«
    Ich lehnte mich an die Wand im Flur und sagte kein Wort. Es dauerte ein paar Minuten, dann ging es mir besser. Max hockte auf den Stufen und sah mich nicht an. »Das Leben ist manchmal dunkel!« sagte er plötzlich. »Glaub mir, ich weiß,

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