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Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition)

Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition)

Titel: Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mali Benro
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recherchiere und wünsche ungestört zu bleiben“, raunzte Oskar zurück, wartete, bis die Tür wieder ins Schloss fiel und öffnete die oberste Schublade, um sich seines Flachmanns zu bedienen.
    „Jonny Walker, Du bist mein bester Freund“, murmelte er, in Selbstmitleid zerfließend, nahm einen ordentlichen Schluck, legte die Flasche fein säuberlich in ihr Versteck zurück und schob sich ein Fisherman’s Friend in den Mund. Dabei zitterten seine Hände, was ihn ärgerte. Sie durften nicht zittern, niemand sollte wissen und schon gar nicht riechen, dass der Entzug auf Kosten des Hauses fehlgeschlagen war.
    „Schmitt ist clean“, so lautete die offizielle Version in der Chefetage, und man ging zur Tagesordnung über. Sein Sündenregister lief über, und die letzte Abmahnung war eindeutig, er würde den heiß umworbenen Posten verlieren, wenn sie ihn noch mal erwischen, und deshalb auch die widerlichen scharfen Lutschpastillen mit Eukalyptusgeschmack, um die Alkoholfahne zu vertuschen.
    Da war also ein großes Loch auf der Seite Drei, das er stopfen sollte. Aber womit? Die Welt in diesem verflixten Bonzennest schien einen unendlichen Dornröschenschlaf zu halten. Keine spektakuläre Entführung, kein brutaler Mord, kein neuer Stasi-Fall, keine Steuerhinterziehung in Millionenhöhe, einfach Flaute. Selbst bei den Nachrichtenagenturen gab es nichts abzukupfern, was ein bisschen verfremdet auf die Potsdamer High Society übertragen werden könnte.
    Der Ehekrieg zwischen Paul McCartney und seiner geldgierigen Gemahlin war genauso ausgelutscht wie die Frage, ob Madonna aus Berechnung afrikanische Kinder adoptiert.
    Ach, was waren das für schöne Zeiten damals in Amerika, da passierte jede Minute etwas, da servierten einem die Cops die Aufmacher am Fließband. Melancholisch blickte er auf das gerahmte Poster an der Wand. Oskar Schmitt vor zehn Jahren in Lederjacke, mit cooler Oklay-Sonnenbrille, leicht gebräunt, Dreitagebart und braunem dichten Haar bis auf die Schultern, ganz oben auf dem World Trade Center.
    „Die zwei Türme gibt’s nicht mehr“, dachte er, „und bei mir rast auch gleich der Flieger ein, wenn ich zugeben muss, dass ich nicht mal eine Locke auf der Glatze drehen kann, und die Redaktion eine Anzeige statt meines Artikels ins Blatt nehmen soll.“ Schweren Herzens öffnete er wieder die oberste Schublade, um sich noch ein Schlückchen zu genehmigen. Morgen würde er mit dem Trinken aufhören, dachte er wie so oft, es lag einfach nur an dem Druck, den sie ihm machten, seit er zurückgekehrt war nach good old Germany. Jeden Tag ’ne super Story, und das bei den ständigen Etatkürzungen, die ihm ein erfolgreiches Arbeiten fast unmöglich machten, das hielt doch kein Mensch aus. Früher hätte er einen ganzen Mitarbeiterstab losschicken können, um zu recherchieren, aber in diesem Laden tickten die Uhren anders.
    Er war als Solotänzer unterwegs. Alleine recherchieren, alleine organisieren, alleine losziehen und jede Fahrt genau abrechnen, und ging es über die Stadtgrenze, musste er sich von ganz oben beim Chefredakteur eine Genehmigung einholen. Sogar den Kaffee musste er sich selbst kochen.
    Wenn er einfach behauptete, dass etwas Schlimmes geschehen sei, ja dann gab es Unterstützung, dann durfte er die Kollegen und Fotografen losschicken, aber dann musste er auch wissen wohin. Die Verantwortung lag bei ihm für diese Sex and Crime Geschichten , und der Druck wuchs.
    Die Auflage sank und sank, und daran sollte er schuld sein? Beleidigungen gab’s bei jeder Blattkritik, weil seine Artikel altbacken und zu unspektakulär wären. Wenn er nicht der erste am Drücker war und die Konkurrenz schneller, hieß es gleich : „Weg mit dem Alkoholiker.“ Wie unfair, dachte er, sie waren doch die Ursache für sein Laster, sie hatten ihn doch quasi zum Alkoholiker gemacht.
    Mit 20 Jahren war er als Praktikant hierher gekommen, voller Hoffnung, ein guter Journalist zu werden. Aber sie gaben ihm nichts zu schreiben, nichts zu untersuchen, keinen Anruf durfte er machen, nein, sie schickten ihn morgens um halb neun in den Supermarkt, um Whisky zu kaufen. Bei der Chefsekretärin nahm er die Plastikbecher in Empfang, und sie überwachte akribisch, ob er dieses übel riechende Gesöff auch gerecht verteilte.
    „Für jeden Kollegen ein Becherchen, Zwerg Schmitt“, pflegte sie zynisch zu sagen, weil er so klein war und immer eine rote Yankee-Mütze trug. Das war seine einzige Ansprache und sein einziger Job den

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