Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition)
lieben langen Tag, ansonsten ignorierte ihn jeder, er war schließlich Praktikant, und die waren den Redakteuren lästig, weil sie einem penetrant über die Schulter schauten, weil sie zusätzliche Arbeit verursachten und man Überstunden machen musste beim Redigieren ihrer Texte. Es gab nur einen, der ihn beschäftigte, ein äußerst ehrgeiziger Volontär, der sich zu schade war für die Drecksarbeit eines Boulevard-Journalisten und ihm die unangenehmen Telefonate überließ. Verbissen klemmte sich Oskar an den Hörer, hoch motiviert, sein Bestes zu geben. Die Redakteure lachten ihn aus, piesackten ihn, indem sie ihn mit Papierfliegern und Nüssen bewarfen oder beim Vorbeigehen seinen Drehstuhl anschubsten, um ihn beim Recherchegespräch zu verunsichern. Aber er ließ sich nicht provozieren und machte seine Sache gut, so gut, dass der Volontär mächtig Lob kassierte und mit immer wichtigeren Themen beauftragt wurde. Doch dann kam die Meldung von dem jungen Studenten, der mit einer Überdosis Heroin in seiner Wohnung tot aufgefunden wurde. Ein tragischer Fall, wie sich bei der Recherche herausstellte, denn der Student litt seit seiner Kindheit unter Epilepsie und war der Sohn eines bekannten Bankiers, gegen den just zu dieser Zeit wegen Bestechung ermittelt wurde. Stoff für die Titelseite, die große Chance für den Volontär, einen rauszuzocken, wie sie sagten, Karriere bei diesem Blatt zu machen.
Aber er entschied, diese delikate Angelegenheit respektvoll zu behandeln und verheimlichte die Rechercheergebnisse. Kurz und knapp formulierte er einen winzigen Dreizeiler. „Heroin und Kokain, er nahm zu viel, jetzt ist er tot“. Ohne Zweifel bewegte er sich auf dünnem Eis, auch wenn er im vorgegebenen Sprachjargon berichtete. Seine Unterschlagung flog prompt auf, als am nächsten Tag die Konkurrenz mit Häme und Schadenfreude die Familientragödie zum Besten gab. Normalerweise hätte das für ihn den Rausschmiss bedeutet, aber aufgrund seiner bisherigen grandiosen Arbeit bekam er eine zweite Chance, versehen mit dem Auftrag, die Eltern des Verstorbenen abzulichten, den angeblich korrupten Vater als Tyrannen und Kriminellen darzustellen und ihn für die Sucht und den Tod seines Sohnes verantwortlich zu machen. Der Volontär kapitulierte und ging. Andere schrieben den gewünschten Artikel und besorgten kompromittierende Fotos. Der Vater verlor innerhalb einer Woche den einzigen Sohn, sein Ansehen und wurde fristlos gekündigt. Kurz bevor bekannt wurde, dass das Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen Mangel an Beweisen und Falschaussagen eingestellt wurde und er Opfer einer gezielten Kampagne war, erhängte er sich im Keller. Schnell wurde die Marschroute in der Redaktion geändert, der Täter zum Opfer gemacht.
„Selbstmord aus Trauer. Deutschlands bester Bankier erhängt sich“.
Das war der erste Auftrag für Oskar Schmitt, der unverhofft die Lücke schließen durfte, die der Volontär hinterlassen hatte.
Der erste Auftrag und der erste Schluck Whisky, und weil er alles richtig machte und sich durch eine gewisse Skrupellosigkeit auszeichnete, wurde er mit einer Festanstellung als Auslandskorrespondent belohnt und lebte fortan in den USA. Es ging ihm richtig gut im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Dort war er ein Star, „a german newsman“, wie ihn die Amerikaner hochachtungsvoll nannten. Sie hielten ihn für einen Promi, weil er auf allen Partys der High Society in Los Angeles und Hollywood zugegen war, und ihm gefiel sein Hochglanzimage, auch wenn es nicht wirklich der Realität entsprach, aber wer wollte das schon überprüfen? Hier zählten nur Äußerlichkeiten, die Show war entscheidend, der persönliche Auftritt. In der Inszenierung seiner eigenen Marke war er Weltmeister und verkaufte sich als Mischung aus Journalist und Rock’n Roller adliger Herkunft.
Da er finanziell nicht viel zu bieten hatte, musste er sich optisch aufmotzen, und das gelang ihm mit seiner einzigen großen Investition. Von seinem gesparten Geld kaufte er sich einen pechschwarzen Cadillac Convertible. Das Cabrio aus dem Jahre 62 war imposant und auffallend. Egal wo er vorfuhr, das Vehikel garantierte ihm bewundernde Aufmerksamkeit und war die Freikarte für jeden Event. Dazu erzählte er dem staunenden Publikum die Mär über die familiären Verbindungen seiner Ahnen mit der Firma Cadillac, die einem europäischen Freiherrengeschlecht entstamme, mit dem er über mehrere Ecken mütterlicherseits verwandt sei.
Dass die Marke
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