Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
unvernünftig, aber es … fühlt sich irgendwie nicht richtig an für mich.«
Taggard hielt den Blick auf die Speisekarte gerichtet. »Aber Sie sind der Profi hier. Himmel, ich kann nicht mal Arabisch.« Er hob die Karte eine Winzigkeit an. »Und mit den englischen Übersetzungen hier fange ich auch nichts an.«
Myers beugte sich herüber. » Mechui ist gegrilltes Lammfleisch, köstlich. Shuarma ist Fleisch vom Spieß, das machen die hier auch ganz ausgezeichnet …«
»Ich werde einfach dasselbe bestellen wie Sie.«
»Im Grunde können Sie bestellen, was Sie wollen. Hier kann man nichts falsch machen.«
»Ich wollte, es gäbe mehr Orte auf der Welt, von denen man das sagen könnte.«
In diesem Moment zog ein heftiger Wortwechsel weiter hinten im Saal ihre Aufmerksamkeit auf sich. Ein beleibter Mann, der um die fünfzig Jahre alt sein mochte, hatte das Restaurant betreten, zusammen mit einigen anderen Männern, die sich um ihn scharten wie ein Hofstaat. Er legte ein herrisches Gehabe an den Tag, das Taggard unwillkürlich gegen ihn einnahm.
»Wer ist das? Ein Mafiaboss?«, fragte er leise.
Myers schnappte nach Luft. »Um Himmels willen! Das ist Zayd Ibn Faruq Ibn Abdulaziz, ein saudischer Prinz.«
»Nie gehört.«
»Würde mich auch wundern. Es gibt an die zwanzigtausend davon.«
Taggard sah seinen behäbig wirkenden Vorgesetzten verdutzt an. »Zwanzigtausend Prinzen? Das ist nicht Ihr Ernst.«
»Alle männlichen Nachkommen von Abdulaziz Ibn Saud, dem Staatsgründer und ersten König, sind Prinzen. Füllen das Telefonbuch von Riyadh seitenweise«, erklärte Myers finster. »Jeder von ihnen hat Anspruch auf Apanage aus dem Staatsschatz – und ein halbes Dutzend Frauen, mit denen er im Lauf seines Lebens weitere vierzig oder fünfzig Prinzen zeugt, ohne sich eine Sekunde lang zu überlegen, wie das alles weitergehen soll.«
Taggard pfiff leise durch die Zähne. »Interessant.« Zwei der Kellner hatten damit begonnen, einige Gäste hinauszukomplimentieren, offenbar um den besten Tisch des Hauses für den Prinzen und sein Gefolge freizuräumen. Das ging, zumindest für Taggards Ohren, nicht ohne scharfe Worte ab, die der Prinz ungerührt an sich abprallen ließ; jedoch gehorchten alle der Aufforderung.
So lief das also hier. Vermutlich, überlegte Taggard, empfand der Besitzer des Restaurants trotz aller Inflation an königlichem Blut die Anwesenheit eines Prinzen als Ehre. So ähnlich, wie sich ein Lokal in New York mit dem Besuch eines Filmstars schmücken mochte.
Myers senkte den Blick wieder in die Karte. »Ich glaube, ich nehme Lamm«, sagte er. »Als Vorspeise eine mezzeh mit humus , und dazu … hmm …« Es klang ein bisschen, als wolle Myers nicht allzu genau hinschauen, was um ihn herum vor sich ging.
Sie bestellten, und danach meinte Myers halblaut: »Ich weiß, man soll ja nicht fragen … Aber ich wundere mich immer noch, was jemand in Saudi-Arabien zu tun hat, der kein Arabisch spricht.«
»Den Bürohelfer spielen«, erwiderte Taggard. »Mein Gnadenbrot bis zur Pensionierung verzehren.« Der offizielle Auftrag lautete, ein Gutachten über den Zustand der saudischen Volkswirtschaft zu erstellen.
»Offen gestanden kenne ich die Company nicht so.«
Taggard sah sich um, schätzte die Wahrscheinlichkeit ab, dass ihr Gespräch hier mitgehört wurde. Zehn Jahre zuvor hätte er Myers noch scharf zurechtgewiesen; dienstliche Gespräche hatten in der Öffentlichkeit nichts zu suchen. Heute sagte er sich: Scheiß drauf.
»Ich war vorher in der Abteilung Wirtschaft.«
»Ah ja?«
»Wirtschaft Ausland.«
Endlich begriff Myers. »Ach so. Diese Art von Einsatz …?«
»Ja. Genau die.«
Die Vorspeisen kamen, zwei große Teller mit Pickles, Paprika, Auberginen, Tomaten, Zwiebeln und einem dicken, hellbraunen Brei. Besteck gab es nicht, Taggard tat es Myers nach und brach Stücke vom Fladenbrot ab, um damit das Essen zum Mund zu führen.
»Stelle ich mir ganz angenehm vor«, meinte Myers kauend. »Wenn man dieses wirtschaftliche Zeug draufhat, meine ich. Kein Risiko, dass eine Sache blutig endet, nicht wahr?«
»Früher, ja. Aber zuletzt … Das war der Grund, warum ich meine Versetzung beantragt habe.« Taggard deutete auf den Brei, der so nichtssagend aussah und so ungewöhnlich schmeckte. »Was ist das?«
» Humus . Ein Brei aus Kichererbsen.«
»Also, mal ehrlich: Die Araber könnten ihr Image auf sagenhaft wirkungsvolle Weise aufpolieren, indem sie einfach ihre Küche exportieren. Das
Weitere Kostenlose Bücher