Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
krummrückig und bebrillt der andere, hier ein schiefer Mund, dort eine Glatze, da graue Haare und Falten – und keiner, der nicht ausgesprochen verschroben wirkte in dieser Umgebung, fernab ihrer Lehrstühle oder welche Biotope sie sonst bewohnen mochten.
Außerdem kamen noch eine Hand voll Leute, die PPP direkt eingeladen hatte; in der Hauptsache Fachleute von der Bank, die einen eventuellen späteren Börsengang begleiten würde.
Markus fand es einen reizenden Zufall, dass es sich dabei ausgerechnet um die First Atlantic Bank handelte, bei der er einst sein erstes Konto auf amerikanischem Boden eingerichtet hatte. Er fand es auch angenehm, dass unter den Bankleuten eine kleine, geradezu zierliche Frau mit asiatischen Gesichtszügen war; der einzige Mensch im Raum, der kleiner war als er selber, abgesehen von zweien der Wissenschaftler, die ihm jedoch suspekt waren. Er beschloss, ihre Nähe zu suchen; er stand ungern neben Leuten, gegen die er klein wirkte.
Es war ihm gelungen, von dem Museum für Technikgeschichte in Chicago ein paar Exponate zum Thema Ölförderung zu bekommen, die sich hier im Foyer vor dem Vortragssaal überaus eindrucksvoll ausnahmen, weitaus besser sogar, als er sie in Erinnerung hatte. Es war eine Heidenarbeit gewesen, sie herschaffen und aufstellen zu lassen, und wie viel es am Ende gekostet hatte, wollte er gar nicht so genau wissen, aber als die Bohrgerätschaften, Bohrturmmodelle und so weiter dann an ihren Plätzen gestanden hatten, war er überwältigt gewesen und überzeugt, dass sich alle Mühen gelohnt hatten.
Doch nun verfolgte er, wie zwei der triple-P -Leute dastanden, Häppchenteller in Händen, und das Bohrturmmodell mit abschätzigen, wenn nicht sogar verächtlichen Blicken musterten.
»Na ja«, hörte er den einen sagen. »Nicht gerade High Tech .«
Worauf der andere nickte und meinte: »Triviales Zeug. Im Ölgeschäft ist doch alles ausgereizt.«
Markus wandte sich ab, mit einem Gefühl, als habe ihm gerade jemand einen derben Schwinger in die Magengrube verpasst. Auf einmal war er sich sicher, dass alles schiefgehen würde. Dass er sich etwas vorgemacht, sich entsetzlich getäuscht hatte. Er kannte diesen Block doch kaum! Gerade mal zwei Wochen! Alles, was er gemacht hatte, war gewesen, sich zu vergewissern, dass es tatsächlich einen Karl Walter Block in Österreich gab, der dort tatsächlich eine einsame Ölquelle betrieb, und dass es dieser Karl Walter Block war, mit dem er es zu tun hatte …
»Entschuldigung«, sprach ihn in diesem Moment die kleine Frau mit den Schlitzaugen an. »Sie sind einer der beiden Unternehmer, habe ich das richtig verstanden?«
Markus fing sich, nickte. »Ja. Mein Name ist Mark Westman. Ich bin der kaufmännische Geschäftsführer.«
Sie lächelte und reichte ihm die Hand. »Amy-Lee Wang. First Atlantic Bank, Abteilung Unternehmensbetreuung.«
Markus hatte heute schon viele Hände geschüttelt, aber an diesem Händedruck war etwas, das ihm durch und durch ging. Er hörte sich das übliche Zeug reden, wie angenehm es sei, ihre Bekanntschaft zu machen und so weiter, während er sich insgeheim fragte, ob er wohl gerade die Vorzeichen eines Kreislaufkollapses erlebte.
»Sagen Sie« – sie deutete auf einen der ausgestellten klobigen Bohrmeißel – »ist das ein Gerät, das wirklich mal im Einsatz war, oder nur ein … Nachbau oder wie man das nennt?«
Ruhig bleiben. Konversation, ja, das konnte jetzt nicht schaden. »Nein, es ist echt«, sagte Markus. »Hat man mir zumindest versichert.«
Sie betrachtete den Gegenstand aus massivem Stahl. »Sieht … beeindruckend aus«, meinte sie dann. Sie machte mit ihren Händen eine kleine Bewegung, so, als umfasse sie ein verkleinertes, unsichtbares Modell davon. Es war etwas in ihrer Stimme oder in dieser Bewegung, das Markus ausgerechnet in diesem Moment aufgehen ließ, welche bestürzende Ähnlichkeit ein Diamantmeißel mit der Spitze eines erigierten Penis hatte.
Er musste schlucken. »Die Oberfläche besteht aus Wolfram-Karbid. Die Streifen, das sind Diamanten. Industriediamanten natürlich nur. Diese Art Meißel nimmt man für sehr hartes Gestein.«
Sie nickte ihm zu, beeindruckt, dass er sich auskannte. Das tat er allerdings nicht. Er hatte nur zwei Wochen mit Karl Walter Block verbracht, der ihm bei jeder Mahlzeit Schwänke aus seinem Leben erzählt hatte. Das war beinahe ein Schnellkurs in Ölfördertechnik gewesen.
»Ich versuche, mir das vorzustellen«, fuhr sie fort, den
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