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Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt

Titel: Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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aufgerichteten, stahlharten Meißel mit Blicken messend. »Man setzt diesen Bohrer einfach an und dringt dann damit in die Erde ein?«
    Es war vielleicht nicht schlecht, wenn sie eine Vorstellung davon bekam, ehe sie Blocks Vortrag hörte. Immerhin war es das, worum es heute ging.
    »Ganz so einfach ist es nicht«, erklärte Markus also. »Zuerst muss man wissen, wo es sich lohnt, zu bohren.«
    »Ja, klar, aber angenommen, Sie wissen, dass Sie an der richtigen Stelle sind, wie geht das dann vor sich?« Sie sah zu dem Bohrturmmodell hinüber. »Ist es so, dass man dort dann einen solchen Turm aufrichtet? Und dann senkt man den Bohrer in die Tiefe ab, nicht wahr?« Sie trat an den Preventer, fasste an den steif daran hängenden Spülschlauch, der so dick war wie ein Oberschenkel. »Und das, wozu ist das da?«
    »Damit pumpt man Spülflüssigkeit ins Bohrloch. Um mit dem Bohrer tiefer zu kommen, muss man fortwährend kühlen und schmieren.«
    Bildete er sich das ein, oder war plötzlich ein eigenartiger Glanz in ihrem Blick? Ihre Zungenspitze leckte über ihre Lippen, das bildete er sich nicht ein. »Das Bohrloch ist also immer feucht?«
    »Ja.« Himmel, was redeten sie da? Sie redeten doch nicht mehr über das Bohren nach Öl, oder?
    »Und dann? Dann geht das immer tiefer und tiefer, richtig? Die Bohrstange wird also immer länger und länger.«
    »Genau. Bis der Meißel abgewetzt ist. Dann wird er wieder eingeholt. Dazu zieht man die Stange nach und nach wieder aus dem Loch … Sehen Sie den Kran oben im Turm? Er dient dazu, die einzelnen Bohrstangen seitlich abzustellen. Der Haken kann enorme Lasten tragen. Und wenn der Meißel gewechselt ist, schiebt man ihn wieder hinab, verlängert die Stange nach und nach, bis man wieder unten angekommen ist und weiterbohren kann. Den Vorgang nennt man Meißelgang.«
    Sie warf ihm einen verhangenen Blick zu. »Das stelle ich mir enorm anstrengend vor. Das braucht bestimmt die ganze Kraft der Beteiligten.«
    »Allerdings.« Es war ein Spiel, oder?
    »Und das muss man ja bestimmt öfter machen. Immer rein und raus, wieder rein, wieder raus, immer hin und her …« Sie schien sich einen Spaß daraus zu machen, doppelbödig über dieses Thema zu reden.
    Aber das konnte er auch.
    »Genau«, sagte er. »Immer rein und raus.« Und ihm machte es auch Spaß.
    »In den Schoß der Erde.«
    »Bis man auf Öl stößt.«
    »Das dann in einem gewaltigen Schwall herausschießt, nicht wahr?«
    »Das ist der Höhepunkt des Ganzen.«
    Sie holte tief Luft, mit einem sinnlich anmutenden Behagen. »Das kann ich mir gut vorstellen, ja. Die Freude, wenn es endlich so weit ist. Dass man dann schreit wie verrückt. Und sich vollschmiert mit dem, was da hervorschießt.«
    Markus spürte, dass sein Mund trocken war. Wie ihm heiß wurde. Schluss jetzt damit! Sie redeten nicht über Sex; das bildetet er sich nur ein, weil er seit mehr als einem halben Jahr keinen gehabt hatte. Er musste das Gespräch abkühlen, ehe es peinlich wurde. Außerdem war es sowieso Zeit für den Vortrag.
    Er nickte ihr zu, lächelte. »Vielleicht können wir das Thema im Anschluss an die Präsentation weiter vertiefen –« Stop! mahnte er sich. Hör auf, weiter anzügliche Worte zu verwenden! »Ich meine, wenn wir … nach dem Vortrag … Sie verstehen?«
    Sie lächelte mit asiatischer Undurchschaubarkeit. »Ja.« Nichts weiter.
    Okay. Was auch immer hier abging, es musste warten. Es war Zeit, höchste Zeit sogar. Er wandte sich ab, mit einem letzten Nicken und Lächeln, ging zu Block, um zu sehen, ob er so weit war. Als der ihm mit beruhigender Gelassenheit zunickte, wandte Markus sich an die Schar ihrer versammelten Gäste und klatschte in die Hände. »Meine Damen und Herren, darf ich bitten?«
    Block schien jedes Mal einen anderen Vortrag zu halten und dabei doch immer das Gleiche zu sagen. Markus hatte sich in den vergangenen Wochen bisweilen Sorgen gemacht, die Anwesenheit von Fachleuten würde Block irritieren, ihn nervös machen oder verunsichern. Nichts dergleichen war der Fall. Wieder schlug er den Saal in seinen Bann, wieder schien er wie verwandelt, wieder redete er mit schwelender, inbrünstiger Energie, mit der souveränen Selbstgewissheit eines Propheten. Markus musste sich gewaltsam losreißen, um zu schauen, wie das Publikum reagierte: Sie lauschten ihm alle gebannt.
    Zu seiner Verblüffung setzte Block am Ende seines Vortrags noch eins drauf. Er projizierte eine Weltkarte, auf der zahlreiche Gebiete markiert

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