Ausgebremst
Schumacher zusammen. Etwa den großartigen Didier Pironi, der nur wegen eines Unfalls, bei dem er sich beide Beine zerstörte, die Weltmeisterschaft 1982 verlor und ein paar Jahre später bei einem Motorbootrennen ums Leben kam.
Pironi war das größte Milchgesicht seit Ronnie Peterson, und er war ähnlich schnell wie Ronnie Peterson, und er ist genau wie Ronnie Peterson nie Weltmeister geworden. Aber das hatte bei Peterson und Pironi andere Gründe als bei den deutschen Fahrern, die nicht aufgrund derartiger Tragödien, sondern einzig und allein aufgrund der Tragödie ihrer Talentlosigkeit niemals auch nur in die Nähe eines Weltmeistertitels kamen.
Sogar Finnland hat einen Weltmeister. Allerdings einen unverdienten. Denn Keke Rosberg ist 82 nur Weltmeister geworden, weil sich die beiden überlegenen Ferraris gegenseitig ins Verderben hetzten, so daß am Ende Villeneuve tot war und Pironi zertrümmerte Beine hatte.
Sogar Italien hatte zwei Weltmeister. Wenn auch Ascari und Farina nur in den vergilbten fünfziger Jahren unterwegs waren. Sogar die Amerikaner! Sogar die Australier! Die Neuseeländer hatten Denis Hulme! Südafrika hatte seinen Weltmeister mit Jody Scheckter im Jahr 1979. Sogar Österreich. Mit Jochen Rindt und Niki Lauda.
So viele Weltmeistertitel. Und kein einziger ging an die Deutschen. Kein einziger an die Autonation Nummer eins. Denn die Autonation Nummer eins hatte immer nur drittklassige Fahrer hervorgebracht. Drittklassige bayrische Tölpel wie den Witzbold Hans Joachim Stuck, der in seinem March jahrelang die Gegend unsicher machte. Ewige Nummerzwei-Piloten, die es schafften, in einem überlegenen McLaren nur einen einzigen Sieg zu landen, wie Jochen Mass. Und der einzige Sieg von Mass war ein Abbruch-Regenrennen mit halben Punkten, genau wie Vittorio Brambillas AbbruchRegensieg im selben Jahr, 1975. Aber Mass war nicht einmal fähig, seinen McLaren vor Freude über den einzigen Sieg seines Lebens auf der Ziellinie in die Boxenmauer zu knallen!
Gegen Ende der siebziger Jahre waren die Deutschen über ihre Erfolglosigkeit bereits so irritiert, daß eine Haupt- und Staatsaktion losgetreten wurde, um endlich einen erfolgreichen Fahrer heranzuzüchten. Der VW-Konzern und eine deutsche Motorsportzeitschrift gründeten einen eigenen Cup, den Golf-GTI-Cup. Sie erklärten, daß sie den Sieger dieses Nachwuchswettbewerbs über die folgenden Jahre hinweg so unterstützen wollten, daß er bis in die Formel 1 aufstieg.
Diesen Golf-Cup gewann Manfred Winkelhock, der es dann in weiterer Folge tatsächlich bis in die Formel 1 schaffte. Freilich nur, um dem Feld in dem notorisch erfolglosen deutschen Retortenteam ATS hinterherzufahren, in dem ein Leichtmetallfelgenhersteller seine LeichtmetallfelgenMillionen zum Gespött der englischen Teamchefs verpulverte.
Manfred Winkelhock verunglückte 1985 bei einem Sportwagenrennen tödlich. Stefan Bellof, der einzige deutsche Fahrer mit ein bißchen Talent, wagte drei Wochen darauf in Spa-Francorchamps an einer Stelle einen Üb erhol versuch, an der nur ein Selbstmörder einen Überholversuch wagen würde. Innerhalb eines Monats verloren die Deutschen somit ihre beiden Piloten, die nach dem desaströsen Duo Stuck und Mass angetreten waren, um endlich die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Sie hatten kein einziges Rennen gewonnen.
Die Verzweiflung der Autonation Nummer eins war schon im Jahr 1970 (nach zwanzig Jahren Erfolglosigkeit) so groß, daß sich die deutschen Medien kurzzeitig nicht entblödeten, den österreichischen Formel-1-Weltmeister Jochen Rindt wegen eines deutschen Elternteils für sich zu beanspruchen.
Das schreibe ich ohne Zorn und Eifer. Nur um verständlich zu machen, wie schwierig es für Mercedes war, Weltmeister mit einem deutschen Piloten zu werden. Warum Mercedes die Karriere des Kartmeisters aus Kerpen über Jahre hinweg generalstabsmäßig aufbaute.
Natürlich weiß ich heute, daß Mercedes und Schumacher mit Sennas Tod nichts zu tun hatten. Genausowenig wie mit der Verhaftung Bertrand Gachots in London. Ich kann es nur mit dem Schock über den Tod des Unverwundbaren erklären, daß wir uns damals so ereiferten.
Aber der Schock war nichts gegen das Gefühl, als ich erfuhr, wer wirklich hinter der Gachot-Affäre steckte.
1991
«Du warst es doch», fuhr ich den Finnen an, «der die Ereignisse in London immer so zweifelhaft fand.»
Der Finne schüttelte den Kopf.
«Du warst es doch», sagte ich, «der sich immer gewundert hat, wie
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