Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
täglich bei uns zu Gast. Wir chatten mehrmals täglich und geben uns Essenwünsche auf, tauschen Rezepte und schreiben uns gegenseitig Einkaufslisten. Mike spricht über die Stille im Haus, die ihm in den Abendstunden, den Verstand raubt. Er gibt zu, viel zu viel zu trinken.
»Am schlimmsten sind die Nächte. Meistens hocke ich vor dem Fernseher und schaue mir alte DVDs von unseren Reisen an. Wenn ich Kathie sehe und ihre Stimme höre, zerreißt es mir das Herz«. Das ist nicht gut. Ich könnte das nicht ertragen.
»Ich möchte ihr noch so viel sagen.«
»Dann mach es doch. Du hast die Begabung, deine Gefühle schriftlich zum Ausdruck zu bringen. »Schreibe!« Mike will wissen, wie ich meine Liebe zu Tobias beschreiben würde. Mit dieser Frage überrumpelt er mich, aber ich versuche, ihm zu antworten.
»Ich bin nicht so wortgewand wie du, aber ich würde meine Empfindungen so ausdrücken. Ein Blick in sein Gesicht reicht aus, um meine Stimmung zu heben und mir ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern. Wenn ich ihn sehe, habe ich den Wunsch, ihn zu berühren. Wenn wir uns berühren, gibt es kein Halten mehr. Unser Sex ist kraftvoll und intensiv. Was ich mit ihm erlebe, habe ich vorher nicht gekannt. Ich kann ihm nie lange böse sein. Wenn er bei mir ist, fühle ich mich entspannt und sicher. Er inspiriert mich. Immer wieder überrascht er mich. Ich liebe es, ihm zuzuhören. Er macht mich einfach rundum glücklich.«
»Wie wichtig ist Sex für dich?«
»Lebenswichtig! Allerdings nur mit meinem Mann.« Ich bin mir sicher, dass es nach Tobias keinen Anderen für mich geben kann. Diese Wahrheit behalte ich jedoch für mich.
Tobis Heimkehr steht kurz bevor. Ich koche, backe und mache mich schön für ihn. Voller Erwartung fahre ich mit Clara zum Liegeplatz. Die vierköpfige Familie hat sich schon von ihm verabschiedet und geht mit ihrem Gepäck den Steg hinunter. Clara will ihrem Vater freudig entgegen laufen, als ich eine weitere Person an Deck bemerke. Die langhaarige Frau umarmt den Bootsführer und küsst ihn immer wieder auf die Wangen. Tobi lässt sie gewähren und ich glaube, mich trifft der Schlag bei diesem Anblick. Ich habe Natascha sofort erkannt.
»Bleib hier, Süße. Papa ist noch nicht so weit.« Aber die Kleine reißt sich los und rennt zum Boot. Als Tobias sie bemerkt, schaut er aufgeregt auf und löst er sich aus der Umarmung. Mein Herz rast bis zum Hals. Ich gehe zum Boot und frage: »Wie lange brauchst du noch?» Tobias lächelt mich an und antwortet: »Gib mir noch zehn Minuten, dann bin ich fertig.« Er beugt sich zu vor, um mich zu küssen, aber ich drehe den Kopf reflexartig weg.
»Ich habe genug gesehen. Lasst euch ruhig Zeit. Ich gehe zu Fuß.« Wütend werfe ich Tobias den Autoschlüssel vor die Füße und verlasse den Bootssteg mit versteinerter Miene. Auf halber Strecke holt er mich mit dem Wagen ein.
»Was war denn das für eine Begrüßung?«, fragt er aufgebracht. Im Beisein von Clara reagiere ich nicht. Erst als sie aus dem Auto steigt und durch den Garten läuft, bricht es aus mir heraus.
»Was hat Natascha auf deinem Boot zu suchen. War sie etwa die ganze Zeit bei dir an Bord? Seit wann geht das zwischen euch?« Tobias lacht laut.
»Das ist keine Antwort auf meine Frage!«
»Natascha ist unsere Gästebetreuerin. Und nein, sie war nicht die ganze Zeit an Bord. Sie kam rund zehn Minuten vor euch zu mir. Marie, was soll das?
»Sie hat dich also mit ihren Küssen nur freundlich begrüßt oder was willst du mir hier verkaufen?«
»Wenn du meinst, dass sie mich herzlicher empfangen hat als du, dann stimmt es!« Beleidigt nimmt er seine Tasche aus dem Kofferraum und geht ins Haus.
»Gut zu wissen, dass bei uns jetzt neue Regeln gelten«, rufe ich ihm aufgebracht hinterher. Ich glaube ihm kein Wort. Es war das letzte Mal, dass ich mit ihm an diesem Tag sprach.
Morgens schreibe ich Mike eine Mail.
Heute fällt unser gemeinsames Essen aus! Hast du schon mit dem Schreiben begonnen? Bitte melde dich noch einmal bei mir. Ich reise morgen für drei Tage nach Berlin. Bis später. Marie
Ich koche Kaffee und gehe hinaus, um im Pool zu schwimmen. Mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch ziehe ich meine Bahnen.
»Hast du dich beruhigt?« Tobias steht mit einem Badehandtuch am Beckenrand und reicht mir seine Hand.
»Fick dich!« Als er den Versuch macht, nach mir zu greifen, weiche ich ihm geschickt
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