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Ausgeflittert (Gesamtausgabe)

Ausgeflittert (Gesamtausgabe)

Titel: Ausgeflittert (Gesamtausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frieda Lamberti
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darauf stechen wir mit Clara zu einem Kurztrip in See. Überglücklich unser Mädchen wieder bei uns zu haben, lauschen wir ihren Urlaubsgeschichten. Sie redet ohne Punkt und Komma, bis sie am frühen Abend erschöpft ins Bett fällt. Nie wieder werden wir erlauben, dass unser Schatz für so lange Zeit weg ist. Da sind Tobi und ich uns einig.

»Deine kleine Nutte vögelt seit Wochen meinen Mann. Was gedenkst du, dagegen zu unternehmen«, fragt Cecile erbost, als ihre Detox Körperpackung unter der Wärmedecke einwirkt.
   »Was soll ich dagegen tun? Ich zahle ihr seit Wochen ein Gehalt, ohne dass sie arbeitet. Ich habe schon überlegt, deinem Sebastian eine Rechnung zu stellen. Als Puffmutter hat man doch Anspruch auf Prozente, oder? Cecile, trete deinen Alten endlich in den Hintern und schieße ihn in den Wind. Du hast es nun wirklich nicht nötig, dich von ihm demütigen zu lassen!« Cecile weiß, dass ich Recht habe. Aber zwischen Theorie und Praxis liegen Welten.
   »Würdest du dich von Tobi trennen, wenn er fremd geht?« Ohne lange zu überlegen antworte ich: »Sofort! Und ohne Diskussion!«

Ich fahre über die Schließzeit nach Hause. Ein strenger Knoblauchgeruch springt mir schon beim Aussteigen entgegen. Tobi hat gekocht und steht in der Küche. Clara überfällt mich mit der Neuigkeit des Tages.
   »Tante Berta ist tot. Wie schade!«
   »Wer ist Tante Berta?«
   »Berta, war meine Tante. Nach dem Tod meiner Mutter habe ich noch drei Jahre bei ihr gewohnt. Sie war die Schwester meines Vaters. Heute kam ein Schreiben von einem Lübecker Notar. Die Trauerfeier und anschließende Testamentsverkündung ist am 20. September.«
   »Willst du fahren?«
   »Ich denke, das bin ich ihr schuldig. Kommst du mit?«
   »Clara hat Schule und das Geschäft ist auch noch für zwei Wochen geöffnet. Der Zeitpunkt ist wirklich ungünstig. Aber wenn es dir wichtig ist, dann kriegen wir das schon hin.« Nichts anderes hat Tobi von mir erwartet. Er weiß, dass er sich in jeder Situation auf mich verlassen kann. Ich prüfe meinen Kleiderschrank. Etwas Passendes für eine Trauerfeier finde ich nicht unter meiner Garderobe. Die schwarzen Mató Kleider sind für einen traurigen Anlass gänzlich ungeeignet.
   »Wir brauchen beide etwas zum Anziehen. Du wirst dir wohl oder übel einen dunklen Anzug zulegen müssen«, lache ich. Die Vorstellung, Tobi das erste Mal im schwarzen Zwirn zu sehen, amüsiert mich. Er ist nicht der Typ Anzugträger. Sein Stil war schon immer leger. Jeans und Shirt. Und wenn er mal ein Hemd anzieht, dann trägt er es offen über der Hose. So kenne und mag ich ihn. So habe ich ihn sogar geheiratet.
   »Lass uns zwei Tage früher in Hamburg anreisen. Dann können wir die Familie treffen und haben genug Zeit zum shoppen und vielleicht sogar ein bisschen für Kultur«, schlägt er vor. Danke Berta, denke ich. Ihr habe ich es zu verdanken, endlich meine Enkel einmal wieder zu sehen.

»Ich sehe aus wie ein Spätkonfirmand«, schimpft Tobi als er sich im Spiegel bei einem Hamburger Herrenausstatter betrachtet. Der tiefschwarze Einreiher in Größe 48 spannt über der Brust. Widerwillig nimmt er das gleiche Modell in Größe 50 entgegen.
   »Vergessen Sie doch die Größenangaben. Das ist ein italienischer Anzug. Da dürfen Sie gern ein zwei Nummern runter rechnen«, sagt der bemühte Verkäufer. Er steckt ihm die Hosenbeine und Ärmel ab, die jeweils um einen Zentimeter gekürzt werden müssen. Tobias ist grantig. Er sieht es nicht ein, so viel Geld für einen Anzug auszugeben, den er definitiv nur einmal tragen wird. Nun will ich ihm auch noch spießige Lederschuhe andrehen. Völlig überflüssig findet er diese Aktion. Seine tote Tante Berta kann ihn nicht mehr sehen. Nur wegen ihr ist er schließlich angereist.
   »Mir gefällst du in dem Anzug. Ich finde dich darin unheimlich scharf«, flirte ich ihn an. Allein durch diese Aussage lässt er sich zu dem unnötigen Kauf überreden. Meine Wahl fällt auf einen schwarzen Klassiker. Ein enges Etuikleid mit passendem Blazer. Ich will nicht den ganzen Tag mit der Kleiderfrage vertrödeln, denn Clara ist bereits ungeduldig. Gemeinsam mit ihr plane ich, noch zwei Ausstellungen zu besuchen. Tobias Vorschlag, sie bei Sabrina zu lassen, lehnte ich vehement ab.
   »Wie soll sie einen Zugang zur Kunst bekommen, wenn wir sie nie mitnehmen. Was wir in frühen Jahren nicht wecken, wird uns später nicht mehr gelingen.«

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