Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
bei mir beruflich nichts ändert, brauche ich sie gar nicht zu bitten, zurück zu kommen. Hast du schon einmal einen Konzernchef getroffen, der in Teilzeit arbeitet, damit er mit seiner Frau mehr Zeit verbringen kann? Das ist realitätsfern. Ich habe gehofft, wenn Tobi mit einsteigt, hätte ich ein Argument. Aber bei Licht betrachtet, hätte es auch nichts geändert.«
»Wenn ich es richtig sehe, hat deine Frau keinen Konzernchef geheiratet. Sie wollte einen Mann, der mit ihr lebt. Du hast die Spielregeln verändert. Also stelle sie jetzt nicht als undankbar und ungerecht hin.«
»Was ist dein Lösungsansatz. Soll ich den Posten schmeißen?«
»Ihr habt gerade eine Menge Geld geerbt. Ich meine so viel, dass man bis zum Lebensende passabel davon leben könnte. Warum reicht euch das nicht? Ihr könnt euer Vermögen doch nicht mit ins Grab nehmen. Du solltest dir ernsthaft überlegen, was du von deinem Leben noch erwartest und danach deine Prioritäten setzen.«
»Sprichst du noch mit mir oder galt diese Ansprache Tobias?«
»Es passt doch auf euch beide.« Ich trinke meinen Wein aus und zeige an, dass ich müde werde. Ich begleite Timo noch zum Boot und wünsche ihm eine gute Nacht.
René erwartet mich bereits. Mit einem prüfenden Blick fragt er mich, ob ich mir für meine Retourkutsche Tobias Bruder ausgesucht habe.
»Unsinn! Ich gehe morgen nur mit ihm segeln. Ein zweiter Martin Mann, würde mir gerade noch fehlen.« Zusammen gehen wir in die Wohnung. Mein blinkendes Handy zeigt mehrere Anrufe und Nachrichten von Tobias an. Er will wissen, wo Timo steckt und hat uns bereits den ganzen Abend vergeblich im Ort gesucht.
»Dein Bruder ist auf dem Boot. Wir haben einen schönen Abend zusammen verbracht. Er ist dir und deinem Vater wirklich sehr ähnlich, wenn du weißt was ich meine. Und nun gute Nacht, ich brauche dringend eine Mütze Schlaf, damit ich morgen wieder fit bin.« Ich lege auf und stelle das Telefon aus. Die Interpretation meiner Worte sollte ihn für die nächsten Stunden beschäftigen.
Ich helfe in der Restaurantküche beim Frühstück. Der Ostersamstag lockt viele Tagesgäste in den Ort und René freut sich über die tatkräftige Unterstützung. Nach dem ersten Ansturm packe ich einen Korb mit Baguette, Butter, Marmelade, Saft und Kaffee und gehe zum Bootsanleger. Noch auf dem Steg rufe ich: »Es kann los gehen, Timo. Ich habe wie versprochen Frühstück dabei. Los zeig dich mal. Ich will dich endlich mal ohne Anzug sehen.« Er dreht sich mit ausgestreckten Armen und zeigt seine stark behaarten Beine, die unter karierten Bermuda Shorts hervorgucken. Dazu trägt er ein Marine blaues Shirt über der Hose.
»Na, das ist doch mal ein Anblick. Hast du gut schlafen können oder hat es zu sehr geschaukelt. Es war ziemlich windig letzte Nacht.« Timo schenkt sich einen Kaffee ein.
»Bis drei Uhr habe ich durchgeschlafen. Dann wurde ich von Tobi geweckt.«
»Er war hier?«, frage ich erschrocken und mir ist klar, dass ich die nächtliche Ruhestörung mit meiner zweideutigen Aussage verursacht habe.
»Nein Marie, er ist hier.« Es verschlägt mir die Sprache und ich setze mich sofort auf. Nix wie weg hier!
»Na, dann hast du ja Gesellschaft. Ich wünsche euch viel Spaß.« Schnellen Schrittes will ich den Bootssteg verlassen. Das ist mir nun doch peinlich. Sicherlich hat Tobi seinem Bruder eine Szene gemacht. Aber ich komme nicht weit. Mein Mann hält mich mit den Worten zurück: »Wo willst du denn hin? Du hast Timo doch einen Segeltörn versprochen. Also komm wieder her und begleite uns.«
»Ganz richtig. Ich habe ihm einen Törn versprochen. Also was machst du hier?«
»Ich bin euer Skipper. So kannst du deine Unterhaltung von gestern mit ihm ungestört fortsetzen. Ich werde euch nach Cannes segeln. Timo würde sich gern mein Bordell ansehen und bei der Gelegenheit deine bildende Kunst an der Wand begutachten.« Die beiden Brüder grienen mich wie eineiige Zwillinge an.
»Darauf kann ich gut verzichten. Ich kenne beides bereits zu Genüge. Viel Spaß die Herren. Und nicht vergessen, hinterher die Hände zu waschen!« Ich zeige ihnen den Stinkefinger.
»Jetzt?«, fragt Timo. Doch sein Bruder schüttelt den Kopf. Ich setze noch einmal neu an und rufe: »Aber wem sage ich das? Etikette steht bei euch Anzugträgern doch an oberster Stelle!« Das Grienen der Männer steigert sich in glucksendes Lachen.
»Gleich,
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