Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
die nächsten Tage mal an.« Nun ist sie doch Gesprächsthema Nummer eins am Stammtisch. Ich will mich an den Lästereien nicht beteiligen und bitte Gilbert, zu singen. Mit meinem Ehemann tanze ich bis in den frühen Morgen.
»Madame Martin«, ruft der Taxifahrer in die Runde.
»Der meint dich«, lacht Tobias. An meinen neuen Namen werde ich mich erst gewöhnen müssen. Wir verabschieden uns und steigen ins Taxi.
»Wohin?«, fragt der Fahrer. Als Tobias ihm die Adresse nennt, sagt unser Chauffeur: »Das wird schwierig. Die Brücke ist noch gesperrt. In der Rue Colomies hat es heute Nacht gebrannt. Die Feuerwehr löscht noch.« Wir müssen einen Umweg von 9 km durch die Berge fahren. Das neue Jahr ist schon sechs Stunden alt, als wir ins Bett gehen.
»Ausschlafen bitte!«, wünscht sich Frau Martin. Tobias stellt die Mobiltelefone aus und den Klingelton vom Festanschluss leise. Er befürchtet, dass uns die Gratulanten früh stören könnten. Bis mittags um zwölf wollen wir schlafen, danach kommt Clara wieder, die die Nacht bei der Familie ihres Spielfreundes verbracht hat. Wir liegen noch keine drei Stunden im Bett, als wir durch Sturmläuten der Haustürklingel geweckt werden. Schlaftrunken schaut Tobias auf den Monitor und fragt durch die Sprechanlage, wer sich traut, zu stören. Es ist Clement, der darum bittet, das Tor zu öffnen. Tobias ist verärgert und wünscht ihm, er möge einen wichtigen Grund haben, uns am Neujahrstag so früh herauszuklingeln. Er schließt die Tür zum Schlafzimmer, um mich in Ruhe weiterschlafen zu lassen. Aber ich bin schon wach und ziehe meinen Morgenmantel über und gehe auch ins Wohnzimmer.
»Gestern Nacht ist Ihr Appartement ausgebrannt. Die Feuerwehr geht davon aus, dass Raketen durch das geöffnete Fenster eingedrungen sind und so den Brand ausgelöst haben«, sagt Clement.
»Ist jemand zu Schaden gekommen?«
»Ihre Freundin Nane liegt mit schweren Verbrennungen im Krankenhaus.«
»Wie schwer ist sie verletzt?« Clement weiß noch nichts Genaues.
Ich darf Nane erst nach sieben Wochen das erste Mal besuchen. Nachdem sie die Intensivstation verlassen konnte, telefonierten wir jedoch täglich miteinander. Sie vertraute mir an, dass sie sich aus Ärger über René mit Wein und Schnaps betrank. Die Feuerwerkskörper, die durch das Fenster eindrangen, hatte sie nicht bemerkt. Sie wachte erst auf, als ihr Nachbar sie aus der Wohnung trug. Er hatte die Flammen bemerkt, als er gegen drei Uhr nachts nach Hause kam. Weil sie auf sein Klingeln nicht öffnete, trat er die Tür ein. Gott sei Dank, hatte sie auf dem Bauch geschlafen. Deshalb blieb ihr Gesicht vor Verbrennungen weitestgehend verschont. An Nacken, Schulter und Unterschenkeln hatte es sie allerdings schwer erwischt. Ich bin auf das Schlimmste gefasst. Aber auf den ersten Blick ist Nane nichts anzusehen. Ihr Hals ist mit einem Mullverband verdeckt und ihre Beine versteckt sie unter der Decke.
»Jetzt bin ich eine stinkreiche Frau und liege hier seit Wochen einsam und entstellt im Bett.« Nane will die Klinik gern verlassen und sich ambulant weiterbehandeln lassen.
»Nur, wo soll ich wohnen?« Tobis Appartement ist noch immer unbewohnbar. Eine Rückreise nach Hamburg in ihre Villa schließt sie kategorisch aus.
»Würdest du mir für die nächsten Wochen ein Haus zu Miete suchen? Geld spielt keine Rolle. Es sollte ein Schlafzimmer im Erdgeschoss haben, damit ich keine Treppen steigen muss. Sobald ich hier draußen bin, suche ich mir eine geeignete Immobilie im Ort«. Natürlich verspreche ich, ihr zu helfen.
»Sehr exklusiv ist es ja nicht eingerichtet«, meckert Nane beim Eintreffen in ihr Übergangshaus. Sie schnuppert durch die Räume und schimpft: »Das ist doch kein tierfreies Haus. Es stinkt hier furchtbar nach Hund und Katze. Der Pool ist ja wohl ein Witz.« Ich entschuldige mich damit, dass die meisten exklusiven Villen in der Nebensaison von den Eigentümern selbst genutzt werden.
»Wollen wir zusammen zu Mittag essen?« Nane lehnt ab. Sie will sich zunächst neue Garderobe kaufen. Die Kleidung, die ich ihr besorgt habe, ist nach ihren Aussagen ihrem Status nicht mehr angemessen. Ich wundere mich, halte aber meine Meinung zurück. Während sich Nane vom Limousinen Service nach Monaco fahren lässt, treffe ich meinen Mann zum Mittagessen bei René. Ich berichtete von den Allüren meiner neureichen Freundin.
»Geld verdirbt den Charakter«, sagt
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