Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
zum Schrank und schenkt sich einen Whisky ein.
»Seitdem du hier wohnst, hast du mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt. Wie ihr beide eure Verliebtheit ständig zu Markte getragen habt, war widerlich und unerträglich. Bevor du kamst, war meine Ehe noch in Ordnung. Du hast dafür gesorgt, dass sich meine Frau an meiner Seite nicht mehr wohlfühlt. Sie wollte nun auch alles, was du hattest. Mehr Liebe. Eigene Kinder. Einen Beruf«. Ich verstehe ihn nicht.
»Was hat das mit Tobias Bildern zu tun?« Mit großer Genugtuung blickt er mich an.
»Ich habe dafür gesorgt, dass er endlich abhaut. Du wärst ja nie freiwillig gegangen. Was hatte ich nicht alles versucht, um dich los zu werden. Ich hatte Tobias den Koks gegeben, den er brauchte, um auf seinen langen Beschattungsfahrten nicht vor Müdigkeit einzuschlafen. Ich war es auch, der damals dein Haus verwüstet hat! Aber anstatt von hier weg zu gehen und dich in deine Arbeit zu stürzen, hast du ihn wieder in deine Arme geschlossen. Das reichte dir aber noch nicht. Du wolltest, dass Belle deinen Job ganz übernimmt. Meine Frau war fast nie mehr zu Hause! Sie ließ mich hier ständig allein.« Wir sehen uns alle ungläubig an. Robert wendet sich Tobias zu. »Nach Maries Geburtstag habe ich Pascal gebeten, dir ein Angebot zu machen und dafür gesorgt, dass du es auch annimmst. Ich habe eine hohe Summe für deine lausigen Bilder gezahlt. Oder glaubst du tatsächlich, das wäre Kunst?« Er lacht höhnisch. »Das war rausgeschmissenes Geld. Madame Simon wollte ja nicht nach New York. Sie blieb weiterhin hier und spannte meine Belle immer mehr und mehr ein. Du bist wie eine Katze mit zu vielen Leben. Ich hätte dir einfach die Gurgel zudrücken sollen.«
»Du hast Marie das alles angetan?«, schreit Tobias und geht auf Robert zu. Aber Belle ist schneller bei ihm und schlägt ihn mit flacher Hand ins Gesicht. »Wenn du wüsstest, wie du mich anekelst.«
»Marie, wir müssen«, flüstert Tobi. Die Zeremonie ist kurz. Geduldig warte ich auf den Moment, an dem ich das Symbol unserer Liebe angesteckt bekomme. Tobias hat die Ringe ausgesucht und sich geweigert, sie mir vorher zu zeigen. Er wählte breite Weißgoldringe aus. Edel, schlicht und schön. Sie gefallen mir, so wie mir alles gefällt, was er macht. Gilbert, der Sänger aus dem Restaurant wartet mit seiner Kamera vor dem Standesamt und macht Fotos von uns. Er verspricht, die schönsten Abzüge am Abend mit zu René zu bringen. Als glückliches Hochzeitspaar fahren wir nach Hause. Wir trinken Champagner und füttern uns mit Torte.
»Willst du, dass dein Kleid ganz bleibt?«, fragt er mit einem listigen Blick, »dann ziehe es schnell aus, bevor es zerfetzt wird, wenn ich es dir vom Leib reiße!«
»Finger weg, das ist ein Unikat«, rufe ich und verliere das Kleid auf dem Weg ins Schlafzimmer schon auf in der Diele. Gegen neun Uhr abends machen wir uns auf den Weg ins Restaurant. Als Gilbert die Fotos bringt, erzählen wir unseren Freunden von unserer Trauung und geben jedem von ihnen einen Abzug. Nane setzt sich erst kurz nach elf Uhr dazu. Sie hatte bis dahin in der Küche zu tun. Sie gratuliert mir herzlich, gibt sich Tobias gegenüber aber distanziert. Gern hätte sie über ihren großen Coup gesprochen, aber die Freunde am Tisch sind mehr an unserer Geschichte interessiert. Sie kennen uns lange und gut. Unsere Berg und Talfahrten erlebten sie schließlich hautnah mit. Auf eine Versöhnung hofften alle. Nur geglaubt, hatte niemand mehr daran. Um Mitternacht gehen alle Gäste auf die Straße und bestaunen das Feuerwerk. Mir wird schnell kalt und ich verziehe mich als Erste zurück ins Warme. Auf dem Weg zur Toilette werfe ich einen Blick in die Küche und sehe, wie René eine junge Schöne vernascht. Unbemerkt gehe ich in den Waschraum und warte darauf, dass die Musik wieder spielt. Lautes Geschrei und das Zerschlagen von Porzellan lässt bei mir die Vermutung zu, dass Nane den Liebesakt in der Küche entdeckt und unterbrochen hat.
»Was willst du?«, schreit René, »du bist meine Köchin und nicht meine Frau!« Nane wirft ihre Schürze auf den Boden und greift nach einer Kasserolle vom Herd. Der kleine Stiltopf mit heißer Orangensoße trifft zielsicher seine Genitalien. Noch bevor er sie lautstark beschimpfen kann, rennt sie aus dem Lokal. Ich folge ihr. Doch sie will keinen Trost.
»Ich gehe nach Hause. Mit diesem Kerl bin ich fertig. Feiert noch schön. Ich rufe dich
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