Ausgefressen
völlig schleierhaft, woran Menschen ihr Herz hängen und warum sie es tun. Womit wir wieder beim Thema wären.
»Hättest du denn gerne Kinder?«, frage ich.
»Das hab ich dir doch eben schon gesagt. Hat sich bislang einfach nicht ergeben«, erwidert Phil. Das Thema scheint ihm unangenehm zu sein. »Außerdem ist das bei Menschen alles ein bisschen komplizierter als bei Erdmännchen«, fügt er hinzu.
Ich muss lachen. »Wenn du wüsstest.«
Phil zuckt mit den Schultern, geht wieder zum Tresen und greift nach seinem Glas.
»Sieht deine Auftraggeberin eigentlich gut aus?« Ich mache mich gemächlich auf den Weg über den Küchentresen zu meinem Drink.
»Constanze?«, fragt Phil möglichst beiläufig. »Doch. Schon.« Er überlegt und fügt dann hinzu: »Bild dir doch einfach selbst eine Meinung, wenn du sie gleich siehst.«
»Hattet ihr schon Sex?«
»Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass du zu viele Fragen stellst?«
Ich passe den Moment ab, in dem die defekte Kaffeemaschine gerade keinen kochend heißen Dampf absondert, und husche rasch daran vorbei. »Wie soll ich mir denn eine Meinung bilden, wenn ich nicht weiß, ob ihr es schon mal getrieben habt?«
»Und warum musst du das wissen?«
»In meiner Welt ist wichtig, dass man sich gut riechen kann und dass die Begattung klappt.«
Phil nickt. »Deshalb hab ich eben gesagt, dass es bei uns etwas komplizierter ist.«
»Ist sie etwa nachtaktiv?«
»Was?«
»Wenn du tagaktiv bist und sie nachtaktiv oder umgekehrt, dann kann das zu Problemen führen. Muss aber kein Hindernis sein, wenn der Sex stimmt und ihr euch gut riechen könnt.«
Schweigen. Phil dreht seinen Drink im Glas. Dann seufzt er. »Wie dem auch sei, Ray. Sie ist meine Auftraggeberin.«
»Und das heißt?«
»Das heißt, wir haben noch nicht miteinander geschlafen.«
»Aha!«, rufe ich aus.
»Was? Aha?«, fragt Phil.
Ich schlendere zu meinen Drink. »Nichts. Ich wollte das nur festhalten.«
Phil verdreht die Augen.
Ich nippe an meinem Scotch und habe augenblicklich das Gefühl, die Kaffeemaschine würde mir ihren siedend heißen Dampf geradewegs in den Rachen pusten. Im selben Moment fühlt sich mein ganzer Körper schwerelos an, während meine Gedanken sich in eine zähfließende Masse verwandeln.
»Langsam. Wenn man das Zeug nicht gewöhnt ist, dann kann es einen ganz schön umhauen«, höre ich Phil sagen. Im nächsten Moment wird eine kleine Tasse neben mir abgestellt. »Nimm einen Kaffee. Der bringt dich wieder auf die Beine.«
Bei dem Versuch, einen Schluck Kaffee zu trinken, plumpst mein ganzer Kopf in die Tasse. Als ich ihn wieder herausziehe, brennt der heiße Kaffee zwar ein wenig auf meinem Fell, aber ich fühle mich so frisch wie nie zuvor. Wo waren wir gerade? Genau. Bei Phils Bettgeschichten.
»Und weiß sie, dass du scharf auf sie bist?«
Phil zuckt mit den Schultern. »Bei Frauen weiß man nie, was sie wissen.«
Ich muss einen Moment überlegen, um den Sinn dieses Satzes zu ergründen. »Deshalb willst du auch den Fall an den Nagel hängen«, mutmaße ich.
Da ist es wieder. Dieses beneidenswerte Augenbrauenhochziehen. »Wo ist denn da der Zusammenhang?«, will Phil wissen.
»Na, wenn sie nicht mehr deine Auftraggeberin ist, dann wirst du erfahren, ob sie dich auch privat treffen will.«
Phil sieht mich regungslos an. Dann schüttelt er den Kopf und gießt sich ebenfalls Kaffee ein. »Ist es wirklich so weit gekommen, dass ich mir Beziehungstipps von einem Erdmännchen geben lassen muss?«
»Von einem Erdmännchen, das Kaffee getrunken hat«, ergänze ich voller Energie und vor Selbstvertrauen strotzend. »Kann ich noch einen haben?«
Phil gießt mir erneut ein. Er will noch etwas sagen, wird aber von der Türklingel unterbrochen. Rasch räumt er unsere Gläser und meine Tasse zur Seite. Dann trägt er mich zu einem mannshohen Aktenschrank und setzt mich zwischen zwei alten Schuhschachteln und einem Werkzeugkasten ab. Ich bin dort oben praktisch unsichtbar, kann aber trotzdem fast den kompletten Raum überblicken. Sehr gut.
Ein Murmeln an der Tür, dann kommt Phil mit den Worten »… jedenfalls schön, dass du es einrichten konntest« zurück in mein Blickfeld. Er zieht den Duft eines schweren Parfüms hinter sich her. Ich rieche Bergamotte, Eichenmoos und Schokolade, auch einen Hauch Mandel. Zugleich ist das Klackern von Stilettos auf dem Holzfußboden zu hören.
Und dann sehe ich sie. Constanze. Eine mondäne Blondine in einem cremefarbenen Kostüm mit
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