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Ausgefressen

Ausgefressen

Titel: Ausgefressen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Matthies
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Wange.
    Dann wird die Tür ins Schloss gezogen. Sekunden später erscheint Phil. Er geht zu einer Kommode am anderen Ende des Raumes.
    »Alter Schwede!«, rufe ich ihm hinterher. »Da bist du aber an ein ganz schön ausgebufftes Luder geraten.«
    Phil antwortet nicht. Stattdessen kramt er in einer Schublade herum.
    »Phil! Hast du mir zugehört?«, will ich wissen. »Du solltest mir dankbar sein. Ich habe dich gerade vor einer großen Dummheit bewahrt.«
    Er zieht schweigend einen Revolver aus der Schublade, legt ihn neben sich und lässt dann eine Handvoll Patronen auf das Holz prasseln.
    »Phil, ich rede mit dir.«
    Als er sich zu mir umdreht und gemächlich damit beginnt, die Waffe zu laden, bin ich doch etwas verunsichert. Nicht der Waffe wegen, sondern weil sein Gesicht diesen entschlossenen, verbitterten, aber leider auch leicht wahnsinnigen Ausdruck angenommen hat.
    »Was hast du vor?«, frage ich und versuche sachlich, aber entspannt zu wirken.
    »Du willst doch unbedingt sterben«, sagt Phil mit ruhiger Stimme und starrem Blick. »Ich denke, diesen Wunsch kann ich dir erfüllen.« Er lässt die Trommel einrasten.
    »Mo… Mo… Moment, Partner«, stottere ich. Aber da blicke ich bereits in die Mündung einer . 38 er.

Kapitel 14
    Die erste Kugel säbelt mir einen Streifen meines Bauchfells weg. Ich kann das Kribbeln des Luftzugs spüren, dann treffen mich kleine Mörtelstückchen, die die Kugel beim Einschlag in der Wand hinter mir herausgebrochen hat.
    Starr vor Schreck sehe ich, wie sich der Abzugshahn der Waffe ein weiteres Mal senkt.
    Die zweite Kugel saust haarscharf unterhalb meiner Eier in einen Schuhkarton. Dort verschwindet sie auf Nimmerwiedersehen. Vielleicht ist das Ding voller Bücher, die die Kugel abgefangen haben, denke ich noch und will mich gerade darüber freuen, dass nicht auch meine Eier jetzt in der Schachtel liegen, da senkt sich schon wieder der Abzugshahn. Keine Zeit für Überlegungen. Ich muss runter von diesem verdammten Schrank.
    Mit einem kühnen Hechtsprung versuche ich, einen Sessel zu erreichen. Er hat die gleiche Farbe wie das Sofa. Möglich, dass er eine ähnliche Katapultwirkung hat, denke ich noch, als das Möbelstück mich bereits quer durch den Raum schießt. Im Flug sehe ich, dass die nächste Kugel ein Loch in den Bezug des Sessels reißt. Dann zerfetzt ein weiteres Geschoss die Lampe über mir, und Tausende Splitter regnen herab. Zum Glück habe ich ordentlich Tempo drauf und werde nicht von den umherfliegen Scherben in Stücke geschnitten.
    Ich pralle auf die Armlehne des Sofas, was mir die Luft nimmt. Schlaff sacke ich zu Boden und sehe, wie Phil erneut auf mich anlegt. Der Abzugshahn senkt sich, aber statt eines Schusses ist nur ein metallisches Klicken zu hören. Die Waffe hat eine Ladehemmung. Geistesgegenwärtig rolle ich mich zur Seite und gelange so hinter das Sofa, wo ich wenigstens in Deckung bin.
    Mein Herz trommelt wie eine ganze Sambatruppe, und ich schnappe nach Luft wie ein Tapir beim Orgasmus – zumindest machen das die Tapire so, die ich kenne. Überflüssig zu erwähnen, dass ich bereits während des Fluges meine Blase nicht mehr kontrollieren konnte. Ich muss ausgesehen haben wie ein sehr seltsames Düngemittelflugzeug.
    Als sich mein Herzschlag und mein Atem ein wenig beruhigt haben, fällt mir auf, dass kein weiterer Schuss gefallen ist. Was jetzt? Soll ich hier warten? Oder soll ich versuchen, den Ausgang zu erreichen?
    »Ray?«, höre ich Phil nach einer gefühlten Ewigkeit sagen. »Ray! Bist du in Ordnung?« Pause. »Ray! Hörst du mich?« Er klingt, als wäre er gerade einen Marathon gelaufen.
    Ist das eine Falle? Will er, dass ich mein Versteck verlasse, damit er mir endgültig eine Kugel in den Pelz jagen kann?
    »Ray? Sag doch was.« Seine Stimme hat einen besorgten Ton, aber das muss ja nichts heißen. Wenn er wirklich wahnsinnig geworden ist, dann dürfte ihm jedes Mittel recht sein, mich aus der Deckung zu locken. Ich habe kürzlich einen Western gesehen, der in unserem neuen Digitalkino lief. Das kommt mir jetzt zugute.
    »Schieb deine Knarre zu mir rüber«, rufe ich.
    Einen Moment lang geschieht nichts, dann rutscht Phils Revolver an mir vorbei und bleibt an der Wand hinter mir liegen.
    Vorsichtig luge ich um die Ecke. Phil sitzt auf dem Boden und hat sich gegen die Kommode gelehnt. Er ist blass, wirkt verwirrt und atmet immer noch schwer.
    »Ich will deine Hände sehen!«, rufe ich.
    Phil hebt anstandslos seine Hände hoch und

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