Ausgefressen
schüttele den Kopf und spüre ein Prickeln am ganzen Körper, denn sie schmiegt sich deutlich enger an mich, als es aus Platzgründen nötig wäre.
»Kann ich sonst noch was für dich tun, Sweetheart?« Es klingt genauso anzüglich, wie es wahrscheinlich auch gemeint ist.
Keine Ahnung, wie ich zu diesem Flirt komme, aber wenn auf dieser Party so lockere Sitten herrschen, dann werde ich nicht lange darüber nachdenken, sondern das Beste aus der Situation machen.
»Vielleicht können wir später noch irgendwo einen Kaffee trinken?«, schlage ich vor und versuche, gewinnend zu lächeln.
Sie sieht mich an und schürzt ihre knallroten Lippen. »Baby, ich will mit dir keine Familie gründen. Ich will ein bisschen Spaß.«
Ich ahne zwar, dass die Zigarettenmaus mir gerade ein eindeutiges Angebot macht, will mich aber rückversichern, dass ich hier nichts falsch verstehe. Wer weiß? Ich kenne bislang nur Roxanes Annäherungsversuche, und im Vergleich zu dieser Zigarettendame wirkt meine Schwester wie ein schüchternes Mauerblümchen.
»Und … ein bisschen Spaß … das soll heißen …?«, taste ich mich vor.
»Ein Quickie in der Wäschekammer«, erwidert sie prompt und ohne mit der Wimper zu zucken. »Du folgst einem der Kellner Richtung Küche und gehst im hinteren Teil durch eine grüne Tür. Das ist die Wäschekammer, und da warte ich auf dich. Von jetzt an genau fünf Minuten. Aber keine Sekunde länger.«
Keine Ahnung, wie lange fünf Minuten sind, aber es klingt nach einer eher kurzen Zeit. Nachdem die Zigarettenmaus, deren Namen ich nicht einmal kenne, wieder im Getümmel verschwunden ist, muss ich mich kurz sammeln. Die Aussicht darauf, gleich Sex mit einer verlotterten Wüstenspringmaus zu haben, ist einerseits aufregend, andererseits frage ich mich, ob mein Interesse für exotische Frauen nicht doch bedenklich ist. Vielleicht hat Rufus recht, und ich bin in dieser Hinsicht etwas aus der Art geschlagen. Andererseits, was interessiert mich das, solange mir süße, kleine Wüstenspringmäuse unmoralische Angebote machen?
Während ich die Tür zur Wäschekammer öffne, durchzuckt mich der Gedanke, dass hier irgendetwas nicht stimmt. Keine Ahnung, wie ich darauf komme, aber ich spüre ein mulmiges Gefühl in der Magengegend. Da ich jedoch das Zigarettenmädchen erblicke, schiebe ich meine Bedenken beiseite. Sie räkelt sich lasziv auf einer Dose Heringshappen und begrüßt mich mit einem breiten Lächeln und den Worten: »Du hast dir Zeit gelassen, Cowboy.«
»Wenn du möchtest, kann ich mich ja jetzt beeilen«, erwidere ich so lässig, wie es mir unter den gegebenen Umständen möglich ist. Eigentlich bin ich nämlich ziemlich nervös, weil ich noch nie in einer fremden Gegend auf einer fremden Party mit einem fremden Zigarettenmädchen Sex hatte.
Ich höre die Tür ins Schloss fallen und stutze, weil sie sich ohne mein Zutun geschlossen hat. Im gleichen Moment lese ich in den Augen des Zigarettenmädchens, dass meine Befürchtung von eben völlig richtig war. Hier stimmt etwas nicht. Genauer gesagt: Das hier ist eine Falle, und ich Idiot bin hineingetappt, obwohl ich den Braten gerochen habe. Ich kann also meinen Instinkten vertrauen. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte lautet: Wenn ich mich zwischen meinen Instinkten und meinem Schniedel entscheiden muss, gewinnt mein Schniedel. Mit einer solchen Veranlagung kann man vielleicht Pornodarsteller werden, aber sicher kein erstklassiger Detektiv.
Ich wirbele herum und schaue in die Schlägervisagen von drei Frettchen, die bis an die Zähne bewaffnet sind. Entschlossen hebe ich meine messerscharfen Krallen und gehe in Angriffsstellung. Mag sein, dass meine Chancen gering sind, aber ich werde mich nicht kampflos ergeben. Ich warte auf den Angriff, doch nichts geschieht.
Es dauert einen Moment, bis ich begreife, dass es keine gute Idee war, dem Zigarettenmädchen den Rücken zuzuwenden. Als ich mich nach ihr umdrehe, ist es zu spät. Ich sehe einen riesengroßen Holzkochlöffel auf mich zurasen und habe leider nicht die geringste Chance, ihm auszuweichen. Dann spüre ich einen brennenden Schmerz auf der Stirn, und um mich herum wird es schlagartig tiefe Nacht.
Ich erwache in einem Käfig, der nach Katze riecht. Er steht mit anderen Käfigen in einem winzigen, fensterlosen Raum. Dem Geruch des Raumes nach zu urteilen befinde ich mich nicht mehr in der Wohnung von Holly.
Meine Birne fühlt sich an wie Kompott. Nur langsam kann ich mich erinnern.
Weitere Kostenlose Bücher