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Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Titel: Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli Burchardt
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noch ganz unerprobten, jungen Geschäftsbeziehung. Diese Kuh habe ich nur noch ganz mühsam vom Eis bekommen. Es dauerte mehrere Telefonate und forderte mein Sprachzentrum bis zum Äußersten. Natürlich musste er am Ende nichts unterschreiben. Er kriegte sich wieder ein. Und von da an wurde unsere Beziehung Schritt für Schritt immer besser.
    Früh im Jahr trafen wir uns immer, um zu besprechen, was wir in den folgenden Monaten zusammen machen wollten. Wir legten alles offen auf den Tisch. Wie ging es ihm, wie ging es uns, wie ist es zuletzt gelaufen, was brauchen wir voneinander in der nächsten Zeit.
    Wenn es mal Probleme gab – und die gibt es ständig, wenn man ernsthaft miteinander arbeitet –, dann riefen wir uns kurzerhand an, gingen miteinander essen und lösten das Problem gemeinsam. Das hat immer geklappt. Auf der gewachsenen Vertrauensbasis war jedes Problem schnell lösbar. Und auf dieser Basis waren wir in der Lage, das beste Staudensortiment anzubieten, das wir uns überhaupt vorstellen konnten.
    Welten dazwischen

    Wenn das Vertrauen größer ist als die Rechtsabteilung, dann läuft die Zusammenarbeit schnell, einfach und unbürokratisch. Und vor allem: stabil. Beide Partner verlassen sich aufeinander und können ihre Energie anstatt in die Verteidigungsanlagen in das produktive Geschäft stecken. In das, was sie am liebsten tun und am besten können. Und beide verdienen Geld.
    Mit den guten alten Kaufmannstugenden, mit gegenseitiger Wertschätzung kommt man im Geschäftsleben weiter als mit Anwälten. Das ist meine Erfahrung. Das heißt nicht, dass jeder Geschäftspartner gleich der beste Freund werden muss. Das geht auch ganz kühl und hanseatisch. Aber es geht nur mit gegenseitigem Respekt.
    Dabei kommt es auf die zwischenmenschlichen Kleinigkeiten an. Die aber sind im Controlling, im margengetriebenen Einkauf und in der Rechtsabteilung nicht abbildbar. Sie sind das erste, was gekillt wird, wenn die Investoren ihre Renditeziele hochschrauben.
    Wird aber anstelle einer richtig verstandenen Professionalität, die Ehre, Tugenden, Anstand und Respekt voraussetzt, bloß auf eine kurzfristige Gewinnmaximierer-Professionalität gesetzt, die nur mit Paragraphen, Kleingedrucktem, Machtspielen und Drohungen funktioniert, dann ist vieles nicht mehr möglich: Dann sind auf Dauer keine außergewöhnlich guten Ergebnisse für den Kunden mehr möglich. Dann ist die besondere Innovationsfähigkeit, die nur aus Gemeinsamkeit entspringt, nicht mehr möglich. Dann ist eine dauerhafte Zusammenarbeit von großen und kleinen Firmen nicht mehr möglich.
    Ich hatte es einmal mit einem globalen Glaskonzern zu tun. Einer meiner Einkäufer wollte für das Hartwarensortiment bei Manufactum ein bestimmtes Trinkglas, nämlich den sogenannten Willybecher kaufen. Jeder kennt das, das war lange das deutsche Standardglas, halber Liter, in vielen Wirtschaften wird das Bier darin ausgeschenkt. Es hat eine Zylinderform mit so einem leicht gewölbten Bauch in der Mitte, und unten einen recht massiven Boden.
    Dieses einfache Glas hat sich millionenfach bewährt, ein echter Klassiker. Seit 1954 wurde es jahrzehntelang unverändert hergestellt, seinen Namen hat es nach seinem Erfinder, dem damaligen Vertriebsleiter der Glaswerke Ruhrglas in Essen-Karnap, Willy Steinmeier. Bei der Recherche fand der Einkäufer dann heraus, dass die Rechte an dem Glas bei irgendeinem internationalen Riesenkonzern gelandet sind. Mist. Er bestellte Muster, bat um ein Angebot für soundso viel tausend Stück und legte unsere Einkaufsbedingungen bei. Auch Manufactum ist ja ein bisschen bürokratisch. Zumindest damals musste, wer liefern wollte, diese Einkaufsbedingungen anerkennen.
    Der Einkäufer erhielt die Muster des Glases und einen Packen Papier. Jetzt kam ich ins Spiel: Denn mit dem Packen Papier stand er in meinem Büro und bat um Hilfe. Es war ein Dokument von vielleicht 50 Seiten, eng bedruckt, voll mit juristischen Termini – die
Verkaufsbedingungen
des Konzerns. Ausreichend Stoff für eine juristische Dissertation. Ein Blick, und es war klar: Da geht etwas ganz und gar nicht zusammen. Ich würde das niemals unterschreiben. Falls nämlich doch, dann würden sich bei der erstbesten Schwierigkeit in irgendwelchen repräsentativ eingerichteten Kanzleien ganze Horden von Anwälten die Hände reiben und beginnen, sich mit Schriftsätzen zu bewerfen. Wir würden beiderseits Tausende von Euros verbrennen, bis klar würde, wer mehr juristisch legitimierte

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