Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)
Anteil daran, dass es diese wunderbaren Sorten heute wieder gibt. Das wurde Jahre später sogar unter Gourmetköchen ein Thema. Unser Biobauer entwickelte den Anbau der alten Sorten weiter, es wurde eine ernst zu nehmende Anbaufläche daraus, die es auch heute noch gibt.
Schädelhärte
So kommt man also von der Absetzbewegung vom Mainstream zu einer neuen Richtung, einem neuen Projekt, einer eigenen Haltung, zu einem neuen Standpunkt. Um sich selbst neu zu orientieren, ist ein Stück Kreativität nötig. Der beste Fingerzeig in die richtige Richtung ist der Fingerzeig auf die Qualität. Wer nicht mit der Masse marschieren will, sondern seinen eigenen Weg sucht, wird immer fündig werden, wenn er sich auf die Suche nach Qualität begibt.
Das ist nicht immer einfach. Zum Beispiel wollten auch wir bei Manufactum eines Tages damit beginnen, die Kataloge in Folie einzuschweißen, anstatt sie aufwändig in Umschläge einzutüten. Aber wir steckten in einem Dilemma. Die meisten Versender machten das bereits so, es war aus diversen technischen Gründen die bessere Lösung. Allerdings: ein Manufactum-Katalog in Plastikfolie? Das passt nicht! Das wäre ein Verrat an der Marke und ihren Grundsätzen gewesen.
Also brauchten wir eine eigene Lösung. Wir brauchten … eine Biofolie. Eine kompostierbare, umweltverträgliche Folie. So etwas gab es bereits, sie wurde aus Kartoffelstärke hergestellt, war viel, viel teurer als Plastikfolie, war schwerer zu verarbeiten, und niemand hatte Erfahrung damit. Sie machte eigentlich nur Schwierigkeiten. Die Unternehmen, die wir wegen der Verarbeitung anfragten, hatten aber keine Lust auf Schwierigkeiten und rieten uns ab: Lasst den Blödsinn, das gibt nur Ärger! Und ist viel zu teuer! Ja, den Ärger gab’s, und viel teurer war’s auch, aber Thomas Hoof wollte es durchziehen, und er tat es, mit dem Kopf durch die Wand – ganz im Sinne von Wolfgang Ambros, dem österreichischen Liedermacher, der in einem Interview einmal sagte: »Bisher hat noch immer die Wand nachgegeben …«
Die teure, unbequeme Lösung war in diesem Falle auch die mit der größtmöglichen Qualität. Und damit meine ich einen umfassenden Qualitätsbegriff, der die Herstellung, die Beschaffenheit, das Kundenerlebnis, die Umweltverträglichkeit und alle anderen mit dem Produkt verbundenen Faktoren beinhaltet. Die Folie aus Kartoffelstärke hat sich heute längst etabliert, und Manufactum hat ihr den ersten großen Erfolg ermöglicht. Der eigene Standpunkt abseits des Gewohnten und Üblichen fand sich bei der Suche nach der bestmöglichen Qualität.
Wie gesagt: Die qualitativ höherwertige Lösung muss nicht immer teurer sein als der Standard. Manchmal ist ein schlichter Bleistift, ein einfaches Stück Brot oder eine Bienenwachskerze die qualitativ beste Lösung. Und es geht auch nicht darum, gegen die Mehrheit die Konfrontation zu suchen. Wer stolz und selbstbewusst ist, verfolgt seinen ganz eigenen Weg. Er tut einfach, was er für richtig hält.
Zeit für einen Umbruch
Ein Unternehmen, das sich gut an seine Umwelt anpasst und mit dem Strom schwimmt, kann kurzfristig sehr erfolgreich sein und mittelfristig viel Geld verdienen, es kann kurzfristig viel Geld und Zeit sparen. Wer tut, was der Markt erwartet, wer eine Politik vertritt, die das Wahlvolk goutiert, wer brav ausführt, was der Chef anordnet, wer den gleichen Mist produziert wie die Konkurrenz, der kann in unserer Gesellschaft erstmal ganz schön weit kommen – um den Preis der Nachhaltigkeit. Aber dieser Preis wird fällig. Definitiv. Irgendwann ist die Zeit reif für einen Zusammenbruch, der einen Neuanfang ermöglicht.
Im Lebensmitteleinzelhandel ist die Zeit jetzt reif. Da ist der Mangel an Stolz und folglich der Mangel an Qualität am krassesten sichtbar, insbesondere bei den landwirtschaftlichen Produkten, also Milch, Fleisch etc. Stolz hieße da nämlich, dass der Produzent zu stolz ist, sich in der Qualität runterhandeln zu lassen. Dass der Händler zu stolz ist, sich den Billig-Kunden anzubiedern. Und dass die Kunden zu stolz sind, sich irgendwas verkaufen zu lassen, weil es halt nichts anderes gibt und ja sowieso jeder auch das Gleiche kauft. Ich erwarte nicht, dass der Lebensmittelhandel von Heiligen übernommen wird. Aber ich erwarte, dass die Edekas und Rewes sich klar gegen Discount positionieren und sich klar zur Wert-Orientierung bekennen.
Wie in etwa der Ausbruch aus dem Mainstream aussehen wird, zeigt das Beispiel Whole Foods
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