Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)
Market. Das texanische Unternehmen wurde vor gut dreißig Jahren gegründet, ist heute Marktführer im Verkauf von »Organic«-Lebensmitteln (was in etwa dem deutschen Bio-Siegel entspricht) und bekennt sich klar zu nachhaltiger Landwirtschaft. Und Whole Foods ist keinesfalls eine Hippieklitsche, sondern betreibt mittlerweile über 300 Filialen in den USA, Kanada und Großbritannien und erwirtschaftet über 9 Milliarden Dollar Umsatz.
Ihre Supermärkte bekennen sich klar zu Qualität, und sie definieren ihre Vorstellung von Qualität genau und nachvollziehbar. Wo immer möglich beziehen sie ihre Produkte von regionalen Produzenten. Whole Foods betreibt auch ein Programm, mit dem zinsgünstige Kleinkredite an Produzenten vergeben werden, damit diese Ihre Kapazitäten ausbauen können. Auf der Homepage sind die Lieferanten nach Branchen sortiert in einer Landkarte eingezeichnet. Vom Imker über Obst- und Gemüsefarmen bis hin zu den fleisch- und milcherzeugenden Betrieben, Käsereien und so weiter.
In ihrer »Declaration of Independence« heißt es:
»Whole Foods Market is a dynamic leader in the quality food business. We are a mission-driven company that aims to set the standards of excellence for food retailers. We are building a business in which high standards permeate all aspects of our company. Quality is a state of mind at Whole Foods Market.« 15
Whole Foods wird durchaus kritisiert, zum Beispiel dafür, Bio-Produkte aus China zu kaufen. Auch mich stört, dass bei Whole Foods »Bio« höher bewertet wird als »nah«, dass man also aus der halben Welt Bio-Ware zusammenkauft, Hauptsache Bio.
Aber wie man dazu im Detail auch steht: Entscheidend ist, dass das Geschäftsprinzip hier genau andersherum funktioniert als bei unseren Lebensmittelhändlern. Bei Whole Foods steht nicht der billige Preis im Vordergrund des Handelns und der Kommunikation, sondern ein pragmatisches, ideologiefreies, transparentes, freudiges Bekenntnis zu Qualität, zu Genuss und zum partnerschaftlichen Umgang mit Lieferanten und Mitarbeitern.
Außerdem ist Whole Foods in der Lage, diese Haltung auch
sichtbar
zu machen. Die Lebensmittel werden den Kunden nicht vor die Füße geworfen wie bei Aldi, sondern sie werden zelebriert. Nicht nur die Ware selbst ist von sehr guter Qualität, sondern das ganze Einkaufserlebnis. Und die Kunden sind ganz offensichtlich bereit, dafür gute Preise zu bezahlen. Es soll mir keiner erzählen, es gäbe in Deutschland keinen Markt dafür. Der Sprung in nicht englischsprachige Länder steht unmittelbar bevor. Und diesmal könnte der deutsche Lebensmittelmarkt fällig sein …
Am nächsten dran an das Konzept von Whole Foods kommen in Deutschland vier Unternehmen, die statt des Preises die Qualität der Lebensmittel in den Vordergrund stellen und sich daran messen lassen. Das sind der Größe nach Tegut (ein Mischkonzept zwischen klassischem deutschen Lebensmittelhandel und Whole Foods, das im Wesentlichen nur in Hessen beheimatet ist) mit 1,15 Mrd. Euro Umsatz (davon übrigens 215 Mio. mit Bio-Produkten), Alnatura mit einem Gesamtumsatz (inkl. Großhandel) von 464 Mio., Basic mit rund 100 Mio. und Denn’s Biomarkt mit 69 Mio Umsatz. 16 Wenn ich diese wahrscheinlich noch zu hoch gegriffenen Zahlen summiere, dann sind das zusammen etwa 1783 Mio. Euro, also gerade einmal 1,16 Prozent Marktanteil.
Für ein ähnliches Konzept wie das von Whole Foods sehe ich in Deutschland jedoch einen Marktanteil von mindestens 5 bis 10 Prozent, also locker 7 bis 15 Milliarden Euro Umsatz. Dieser wird hierzulande nur deshalb nicht annähernd erreicht, weil alle genannten Unternehmen als Nischenanbieter auftreten: Tegut gibt es nur regional, und die anderen drei treten nicht in direkten Wettbewerb zu den großen Verbrauchermärkten, sondern sind eher in kleineren Flächen in Innenstädten beheimatet.
Ich wette darauf, dass die Platzhirsche das Potenzial ähnlich einschätzen wie ich. Die Rewes, Edekas und Tengelmanns haben mit Sicherheit allesamt ein entsprechendes auf Qualität und Regionalität zielendes Nachhaltigkeitskonzept in der Schublade. Aber solange sie nicht von irgendwem herausgefordert werden, wird es in der Schublade bleiben. Wozu investieren, wenn man nicht muss? Das ist die ebenso zynische wie feige Haltung verantwortungsloser Handelsgiganten.
»Die Mauser ist –
Hühnerhalter wissen das –
eine Phase,
in der alles Geflügel Federn läßt,
aus der es aber stets gekräftigt
und mit erhöhter
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