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Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Titel: Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli Burchardt
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Haltung des selbstbestimmten Denkens und Handelns ist die Manufactum-Denke entstanden, und die ist meiner Überzeugung nach ein wichtiger Baustein für eine nachhaltige Wirtschaft und eine nachhaltige Gesellschaft.
    Offensiv vertretene Standpunkte oder gelebte Prinzipien werden erfahrungsgemäß akzeptiert. Ein krasses Beispiel ist Helmut Schmidt: Alle Welt ist sich einig, dass Rauchen in der Öffentlichkeit eine Schande sei. Aber bei Helmut Schmidt wird erstaunlicherweise immer eine Ausnahme gemacht. Der Respekt vor ihm ist einfach zu groß. Man könnte fast meinen, dass die stoische Ruhe, mit der er sich bei öffentlichen Auftritten immer wieder aufs Neue eine Zigarette ansteckt, und seine Standhaftigkeit, die ihn auf seinem Recht zu rauchen bestehen lässt, den Respekt noch vermehrt.
    Respekt verschafft man sich nicht mit Anpassung. Aber wer sich nicht anpasst, braucht Stehvermögen.
    Die Kartoffelpiraten

    Mit Stolz setzt man sich vom Mainstream ab. Und dafür wird man Gegenwind und Respekt ernten. Gut. Aber das ist immer noch die Von-weg-Bewegung. Wie finde ich nun heraus, wohin ich stattdessen will? Wo finde ich mein Hin-zu-Motiv?
    Ich finde die für mich richtige Richtung in mir, in meinen eigenen Gedanken, Werten und Prinzipien, aber ich muss sie auch vertreten und durchsetzen können, wenn ich mich nicht zu einem Hanswurst machen will. Und das erfordert ein Quantum Gewitztheit, Kreativität, Geschäftssinn und Unternehmergeist.
    Wenn beispielsweise das Sortenrecht verhindert, dass bestimmte hochwertige und altehrwürdige Kartoffelsorten vermehrt und verkauft werden, weil der Gesetzgeber ihnen die Zulassung verweigert und sie damit für illegal erklärt, dann kann man anderer Meinung sein und über diesen Unsinn den Kopf schütteln. Aber damit ist noch keiner Kartoffelsorte und keinem einzigen Kartoffelliebhaber geholfen. Man muss auch etwas tun.
    Manufactum tat etwas. Zuerst beschafften wir uns seltene, nicht zugelassene, aber wertvolle, schmackhafte und traditionelle Kartoffelsorten. Das Bamberger Hörnchen beispielsweise ist eine weitgehend verdrängte Sorte mit legendärem Geschmack, von dem alte Köche noch heute ins Schwärmen geraten. Wir fanden solche Sorten in einer Genbank und ließen sie auf unsere Kosten vermehren, sodass wir ein paar Tausend Jungpflanzen ziehen konnten. Dann suchten wir einen erfahrenen Kartoffelbauern, der mitmachen wollte, und fanden ihn in der Lüneburger Heide. Er war ganz unserer Meinung, dass die gesetzlich gewollte Verarmung der Sortenvielfalt einfach nur dumm ist.
    Er hatte einen großen Biobauernhof und übernahm den Anbau. Im Treibhaus wurden die Pflänzchen hochgepäppelt, dann im Freiland vermehrt. Die Hälfte des Ertrags des ersten Jahres haben wir als Saatgut weiterverwendet, um den Bestand weiter zu vermehren, die andere Hälfte haben wir im Katalog unseren Kunden zum Kauf angeboten.
    Nur, wie macht man das? Schließlich ist der Verkauf von Sorten, die nicht auf der Sortenliste stehen, illegal. Thomas Hoof tat das, was er kann wie kaum ein anderer: Er schrieb. Und so lautete der mittlerweile legendäre Katalogtext der »verbotenen Kartoffeln«:

»Nur für die Vitrine – Seltene Kartoffeln
Zur Aussaat und Vermehrung bieten wir Ihnen diese seltenen Knollen nicht an (denn dann wären sie Pflanzgut, was sie aber nicht sein dürfen), zur Verspeisung bieten wir sie Ihnen auch nicht an (denn dann wären sie Lebensmittel) …
Lassen Sie sie daher weder in einen Kochtopf noch in ein gut vorbereitetes Kartoffelbeet fallen – letzteres vor allem dann nicht, wenn Sie sie einige Wochen vor dem Legen zwischen den Augen geteilt haben sollten, denn dann wachsen noch viel mehr daraus, und das darf nicht geschehen.«

    Damit gab er das Sortenrecht der Lächerlichkeit preis. Das Angebot: 6 Kartoffeln für 15 D-Mark. Reinsten Gewissens. Am dritten Tag waren wir ausverkauft. Die Kartoffeln waren der Hit. Die Kunden haben die Story geliebt.
    Noch Jahre später bekamen wir Fotos und Briefe, in denen sich unsere Kunden als illegale Kartoffelvermehrer bekannten und einen Heidenspaß an der verschwörerischen Attitüde hatten. Außerdem berichteten sie, wie genial diese oder jene Kartoffel im Kartoffelsalat schmeckte und so weiter. Die Begeisterung war groß.
    Außer dem piratenhaften Spaß an der Aktion, gegen die die Beamten des Sortenamts kein Kraut fanden (denn sie wollten sich schließlich nicht vor Hunderttausenden öffentlich lächerlich machen), hat Manufactum einen großen

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