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Ausgejodelt: Mira Valensky ermittelt in Wien: Ein Mira-Valensky-Krimi

Ausgejodelt: Mira Valensky ermittelt in Wien: Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Ausgejodelt: Mira Valensky ermittelt in Wien: Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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verschwunden.
    Unterbach ist bloß eine halbe Stunde von Wien entfernt. Hinter dem Seiteneingang der Kulturhalle lehnte ein kleiner, dicklicher Mann um die fünfzig. Ich wollte schon an ihm vorbeigehen.
    „Ihren Ausweis. Da kommt niemand ohne Ausweis hinein.“
    Wie eine unüberwindliche Hürde wirkte der Wächter zwar nicht, aber ich hatte ja meine Ausweise und zeigte sie ihm. Er beäugte misstrauisch abwechselnd mich und meine in Folie eingeschweißten, mit Foto versehenen und gestempelten Genehmigungen. „Strenge Sicherheitsvorkehrungen“, sagte er dann wichtig und ließ mich passieren. Der zweite Mensch, der mir in der so genannten Kulturhalle über den Weg lief, war Chefinspektor Müller. Er schien Journalistinnen nicht zu mögen. Da konnte ich ihm auch nicht helfen.
    Joe Platt war irgendwo im Haus. Soviel wussten alle. Aber nicht, wo er war, und nicht, ob ich ihn sprechen konnte. „Unwahrscheinlich“, meinte die Produktionsassistentin. „Wenn Sie sich wirklich für die Show interessieren, kann Ihnen mein Mitarbeiter die Aufbaupläne und die Dekoration erklären. Wir nutzen die Möglichkeiten dieser großen Halle.“
    „Und wer macht diesmal Regie?“
    „Das ist noch nicht klar. Vorläufig führe ich die Geschäfte.“
    Auch ein Mordmotiv. Weg mit Langthaler und Karriere machen. Aber wie passte der Tod Downhill-Sepps in dieses Bild? Vielleicht wollte jemand eine Mordserie konstruieren. War der Mord am Regisseur der einzige Mord?
    Ich musste mit Joe reden. Ich musste ihn finden. Nachdem ich eine halbe Stunde lang Bergkulissen und ähnliches Zeug vorgeführt bekommen hatte, entschuldigte ich mich für einen Moment. Schöne Floskel, alle würden mich auf der Toilette vermuten. Und da ich nicht wusste, wo sie war, konnte ich mich etwas umsehen. Hinter der Bühne waren Garderoben und einige Büros. Das Ambiente war wenig glamourös: schmieriges Linoleum am Boden, abgegriffene weiße Türen, kein Tageslicht im Gang. Irgendwo musste Joe sein. Warum hatte er nicht versucht, mich zu erreichen?
    Ich überraschte einen bebrillten Typen bei einem Schläfchen mit dem Kopf auf seinem Schreibtisch und schloss die Tür mit einer Entschuldigung. Ich kam an den Toiletten vorbei und gelangte zu den Garderoben. Die ersten drei waren offen und leer. Proben mit den Stars der Volksmusik würde es erst ab Mittwoch geben. Überall roch es nach scharfem Putzmittel, ranzigem Fett und Puder.
    Die Türe der vierten Garderobe war zu. Ich klopfte, aber niemand antwortete. Also drückte ich vorsichtig die Schnalle nach unten und trat ein. Joe lag auf einer abgewetzten Couch und starrte zur Decke. Er hatte offenbar keinerlei Interesse daran, wer hereinkam. Für einen Bruchteil einer Sekunde dachte ich, er sei tot. „Joe“, schrie ich.
    Er zuckte zusammen und drehte den Kopf. „Was machst du hier?“
    „Was ich hier mache? Man will dir einen Mord anhängen, und du fragst mich, was ich hier mache? Was glaubst du, was ich mache? Recherchieren.“
    „Gegen mich?“
    „Du bist ja verrückt.“ Ich packte ihn am Unterarm und sah ihm in die Augen. Seine Pupillen waren riesengroß. „Du hast etwas genommen. Sag mir, was du genommen hast!“
    „Ich weiß nicht, was sie mir gegeben haben. Ich bin zusammengeklappt.“
    „Und sie lassen dich einfach allein?“
    „Ich wollte es.“
    „Verdammt, sie müssen dir Drogen gegeben haben. Wer war es?“
    Er stöhnte. „Ich weiß es nicht, ich glaube, Angelika, die Produktionsassistentin. Es sind keine Drogen, nur eines dieser Mittel, die sie alle nehmen.“
    „Du nicht?“
    „Nein. Noch nie. Mein Bruder ist an einer Überdosis gestorben. Seither habe ich vor allem Angst, was irgendwelche psychischen Auswirkungen hat. Wahrscheinlich hat das Mittel deswegen auch so stark gewirkt.“
    „Was ist eigentlich los?“
    „Was?“
    „Joe, du bist ihr Mordverdächtiger. Heute steht es in einer Zeitung, morgen werden alle voll davon sein.“
    „Morgen?“ Er kicherte. „Schon heute, und vergiss nicht auf Radio und Fernsehen! Seit heute in der Früh jagen sie mich.“
    „Warum?“
    „Warum, warum?“
    „Warum hat dich Müller einvernommen?“
    „Mit mir geredet.“
    Mir gingen die Nerven durch. Ich packte ihn an den Schultern und schüttelte ihn. Er setzte sich abrupt auf. „Hör auf!“, schrie er. „Verschwinde!“
    „Ich gehe nicht, bis ich nicht alles weiß.“
    „Mira, die Kriminalreporterin.“
    „Glaubst du das wirklich?“
    Er legte die Hände vors Gesicht und saß ganz ruhig da.

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