Ausgejodelt: Mira Valensky ermittelt in Wien: Ein Mira-Valensky-Krimi
Handy schrillte in den Tiefen meiner Handtasche. Warum war ich nie imstande, es auszupacken und auf den Schreibtisch zu legen? Fluchend kramte ich danach.
„Ja?“
„Hallo, hier spricht Heinrich. Ich habe Informationen für Sie.“
„Dass mit der volkstümelnden Musik die wahre Volksmusik verraten wird?“
„Ich rede von brandheißen Informationen.“
„Schießen Sie los!“ Ich hatte beschlossen, Siegbert Heinrichs Ausflug aus dem Sendesaal in meiner Story nicht zu erwähnen. Vielleicht würde ich meine Meinung wieder ändern.
„Zwischen den Plattenfirmen und Managern tobt ein regelrechter Kampf. Ein paar Manager haben sich zusammengeschlossen, um gemeinsam gegen schlechte Verträge mit Plattenfirmen vorzugehen. Der Manager von Downhill-Sepp – wirklich ein idiotischer Name – hat nicht mitgetan. Mehr noch: Er dürfte Downhill-Sepp dazu gebracht haben, bei den anderen zu spionieren und Material für einen Prozess zu sammeln. Er hat eine kleine Beteiligung an einem der Plattenlabel, wird jedenfalls vermutet. Was sagen Sie jetzt?“
„Und warum sollte dann jemand Langthaler umbringen?“
„Vielleicht hat er etwas gewusst. Oder etwas mitbekommen. Womöglich wollte er jemanden erpressen.“
„Woher wissen Sie von der ganzen Sache?“
„Von einer der Plattenfirmen, die auch echte Volksmusik herausbringen und …“
„Dass Sie sich in solche Gesellschaft begeben!“
Er stockte. „Ich erzähle es Ihnen … wir können zusammenarbeiten.“
„Was hat Müller eigentlich zu Ihren Geheimrecherchen im Fernsehsender gesagt?“
„Warum haben Sie mich verraten?“
„Verraten? Wenn Sie nichts anderes getan haben, als sich etwas umzuschauen, werden Sie keine Probleme bekommen.“
„Aber ich habe nichts gesehen.“
„Vielleicht besser für Sie – wenn es wahr ist.“
„Was hätte ich für ein Interesse?“
„Rache für die echte Volksmusik.“
Er lachte. „Meine Güte, ich muss schön langsam wirklich wie ein Idiot klingen. Aber es ist so ärgerlich, was in diesem Umfeld passiert, und wenn man wirklich Volksmusik …“
„Ist schon okay, aber warum haben Sie sich dann selbst einmal beworben?“
„Was?“
„Für einen Auftritt bei irgend so einer Volksmusiksendung.“
„Woher wissen Sie …“ Das klang alles andere als fröhlich.
„Warum?“
„Ich wollte recherchieren. Von innen aufdecken, was da läuft. Immerhin bin ich ein Kollege.“
„Sie moderieren eine Volksmusiksendung im Radio.“
„Lassen Sie mich aus dem Spiel! Wenn Sie etwas über mich schreiben, bekommen Sie ein ernsthaftes Problem.“
Ich legte auf. Ich hatte nach wie vor keine Lust, darüber zu schreiben. Das Ganze schien mir zu weit hergeholt. Aber er konnte ruhig etwas zappeln. Die Sache mit dem Streit der Plattenfirmen und Manager konnte ich nicht mehr nachrecherchieren. Aber ich konnte sie erwähnen und über die finanziellen Interessen Andeutungen machen. Dem Vernehmen nach wollten einige Stars der Volksmusik Plattenfirmen finanziell unter Druck setzen … ja, das passte. Danke, Siegbert Heinrich. Und vielleicht doch noch einen Hinweis auf ihn, ganz harmlos. „Der schärfste Kritiker der volkstümlichen Musik stellt fest: ‚Da werden die Menschen für dumm verkauft, es geht nur ums Geschäft.‘ Allerdings: Bei der letzten Show der Super-Sommer-Hitparade wurde auch er im Publikum gesehen. Er scheint den Sendesaal aber schon einige Zeit vor dem Ende der Übertragung verlassen zu haben.“ Okay, fertig. Das war gerade das bisschen Fleisch gewesen, dass ich noch gebraucht hatte.
Um halb zwölf war die Story im Kasten. Der Chefredakteur war zum Glück bei einer Tagung in Köln, der Chef vom Dienst faul. Er vertraue mir, hatte er mich wissen lassen, ich solle den Text gleich zur Korrektur geben. Herzlichen Dank. Monika, die Korrektorin, war froh, dass ich ihr die Story schon eine halbe Stunde vor Abgabeschluss ins Computersystem stellen konnte. „Jetzt kann ich eine halbe Stunde früher heim, danke Mira! Du hast etwas gut bei mir“, meinte sie am Telefon. Monika hatte noch zwei Jahre bis zur Pension. Ich stand auf und fühlte mich schon jetzt pensionsreif.
Nun wäre es besonders nett gewesen, Joe zu sehen. Wenig zu reden, gemeinsam die letzten Tage zu vergessen. Was war es? Ich winkte dem Portier zu. Was war es? War es Sex? Er war zärtlich und einfühlsam und hatte nichts von diesen gönnerhaften Männern mit dem
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