Ausgejodelt: Mira Valensky ermittelt in Wien: Ein Mira-Valensky-Krimi
obenauf. Ein Kameramann hob grüßend die Hand. Ich riss mich zusammen und lächelte. Okay, Mira, los! Ich ergriff die Untertasse und trug den Tee zu ihm hinüber. „Pause?“, fragte ich.
„Ist das eine journalistische Frage?“
„Klar, meine nächste Story heißt: Aufgedeckt – die Pausen der Kameraleute.“
„Schön wäre es. In fünf Minuten geht es wieder weiter. Wir müssen Engelchens Talfahrt proben.“
„Die kleine Sommer?“
„Bei uns heißt sie Engelchen. Aber nur wegen ihrer goldblonden Zöpfe. Dieses Kind weiß, wo es lang geht. Haben Sie mitbekommen, wie sie gestern mit ihrem Vater umgesprungen ist?“
Ich nickte. „Es muss nicht ganz einfach sein für sie. Superstar, eine Menge Arbeit. Trotzdem noch ein Kind. Bewundert und herumgestoßen. Langthaler hat sie ganz schön terrorisiert.“
„Das hat er mit allen gemacht, und sie kann ein ganz schönes Scheusal sein.“
„Ein Kind.“
„Ein Teenager, der ein Kind spielt.“
„Umso schlimmer für sie.“
„Ich weiß nicht. Unsere beiden Produktionsassistentinnen sind jedenfalls auf Engelchen nicht gerade gut zu sprechen. Vor allem Liz Korinek.“
„Warum?“
„Hören Sie, ich sollte Ihnen eigentlich nichts erzählen. Mit den Medien dürfen bei uns nur die Chefs reden und die Stars, aber denen können wir ohnehin nichts verbieten.“
„Wird ja auch nicht so wichtig sein. Mir jedenfalls tut die Kleine Leid. Keine Kindheit, wie man sie sich wünschen würde.“ Meine Kindheit war auch nicht so gewesen, wie ich sie mir gewünscht hätte. Bei wem war die Kindheit schon nach Wunsch verlaufen?
„Wissen Sie, was Engelchen gemacht hat? Sie hat der Polizei erzählt, dass sie bei Liz Korinek ein Bild von Downhill-Sepp mit der Widmung ‚Für immer Dein‘ gesehen hat.“
„Hat sie?“ Das war das Motiv: Downhill-Sepp und die Produktionsassistentin. Und irgendetwas mit ihrer Beziehung war gründlich schief gelaufen.
„Ja, aber es war eine glatte Lüge, die der armen Liz eine Menge Probleme gemacht hat. Der Chefinspektor hat das Bild wirklich in ihrer Schublade gefunden. Liz hat immer wieder beteuert, dass sie nicht weiß, wie das Bild dahingekommen ist. Aber dann …“
„Ja?“
„Die Kleine ist gesehen worden. Einer unserer Tonassistenten hat beobachtet, wie sie das Bild in die Lade gelegt hat. Es war offenbar ein Foto aus Downhill-Sepps Garderobe, mit einer Widmung für seine Frau, wahrscheinlich.“
„Aber wer hat Fotos von sich selbst in der Garderobe?“
„Noch keine Bekanntschaft mit der Eitelkeit unserer Superstars gemacht? Downhill-Sepp war nicht gerade frei davon. Und die kleine Sommer schleicht überall herum.“
„Und sie hat es gestanden?“
„Aber nein! Sie hat gesagt, dass sie sich das Bild bloß angesehen hat. Weil er jetzt ja tot ist. Und dass ihr das Leid tut.“
„Das könnte doch wahr sein.“
„Nein, ich glaube Liz. Ich kenne die Beteiligten.“
Wusste Susi Sommer etwas? Ich musste dringend mit ihr reden. In ein paar Minuten sollte ihre Schaukelfahrt geprobt werden. Wenn sie die Wahrheit gesagt hatte, konnte sie, statt vom Himmel zu schweben, in den Himmel der Volksmusik auffahren. „Nur eins noch“, fragte ich. „Wer hatte die Idee, Susi Sommer in die Schaukel zu setzen? Eine prächtige Idee.“ Ich hoffte, dass mich meine Stimme nicht verriet.
„Lassen Sie mich nachdenken! Liz Korinek hat mich angerufen, um zu fragen, ob es kameratechnisch ein Problem geben könnte. Sie hat mich während der Produktionssitzung angerufen. Aber wer die Idee gehabt hat …“
Ich hatte genug gehört.
Joe stand mit einigen Produktionsleuten am Rand der Bühne. Ich konnte keinen günstigeren Zeitpunkt abwarten. Ich winkte ihm möglichst unauffällig. Er winkte möglichst unauffällig zurück. Meine Güte, wie konnte er nur so begriffstutzig sein! Ich wollte ihm nicht einfach winken, sondern mit ihm sprechen. Gleich begann die Probe. Die Korinek hatte allen Grund, die Kleine nicht zu mögen. Und die Kleine sollte nun vom Himmel herabsegeln. Fragte sich bloß, in welchem Tempo. Ich blieb stehen. Jetzt schien Joe meinen Wunsch begriffen zu haben. Er kam aber nicht auf mich zu, sondern wandte sich zum Seitenausgang. Kluger Joe. Er ging in sein Zimmer. Ich nahm den anderen Ausgang und hastete den Flur entlang.
„Die Produktionsassistentin war …“, begann Joe
„Später! Wir müssen unbedingt die Schaukel überprüfen lassen. Sofort. Die Kleine darf nicht hinauf.“ Ich erklärte ihm alles. Wir rannten zur
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