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Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi

Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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»Er muss wiederkommen, und ich lauere ihm auf. Ich übernachte im Wirtshaus. Das hab ich früher oft getan. Man kann auch Fotos machen. Dann ist alles klar. So macht man das.«
    »Ich will nicht, dass Sie im Lokal übernachten«, antwortet die Wirtin sofort und mit einer Stimme, die keinen Widerspruch zulässt. »Wir tauschen die Schlösser aus, die Sache ist erledigt.« Sie springt wieder auf, um Gäste zu verabschieden. Onkel Franz schüttelt den Kopf. »Sie hat noch nicht so viel Erfahrung wie ich, meine Chefin.«
    Seine Chefin bleibt die nächste halbe Stunde verschollen. Natürlich, nur weil wir uns etwas ausführlicher unterhalten haben, besteht kein Grund, den Abend an unserem Tisch zu verbringen. Es ist längst nach Mitternacht. Mir wird kühl. Oskar gähnt, er müsse morgen früh raus, meint er. Wir verlangen die Rechnung. Die Flasche Wein geht auf das Haus, sagt Hans-Peter. Als Dank für detektivische Unterstützung. Ich will mich von der Chefin des Hauses verabschieden.
    In der Küche wird geputzt. Billy Winter wischt energisch die Edelstahlflächen einiger Schubfächer. Der Mann, der neben ihr steht, muss Mahmet sein.
    »So geht das!«, sagt sie. »Man darf es nicht vergessen. Nicht noch einmal.«
    Mahmet nickt unbewegt. Er ist um die vierzig, einen Kopf größer als sie. Der Koch hockt neben der Fritteuse, ohne jedes Gluckern rinnt das Öl über einen Filter in eine Edelstahlwanne. Billy Winter öffnet eine flache, lang gezogene Lade hinter dem Koch. Mehl, versprudeltes Ei, Brösel in drei Behältern nebeneinander. So wird also in einer Profiküche paniert. »Was ist mit dem Ei? Wirst du das auch noch kühl stellen?« Ihr Ton ist wenig freundlich. Der tschechische Koch Peppi murmelt, dass er das ohnehin vorgehabt hätte. Sie scheint ihm nicht zu glauben. Dicke Luft. Die Praktikantin poliert Besteck und sieht drein, als wäre sie anderswo.
    Ob es sich die beiden Männer auf Dauer gefallen lassen, von ihrer jungen Chefin so behandelt zu werden? Klar bin ich grundsätzlich der Meinung, dass es nicht vom Alter und schon gar nicht vom Geschlecht abhängen kann, wer der Chef ist. Aber gelernt haben wir es alle nun einmal anders. Nun kommt es mir immer wahrscheinlicher vor, dass einer von ihnen hinter den Streichen steckt.
    Eine Minute später ändere ich meine Meinung wieder. Billy Winter hat mich gesehen, fährt sich mit der Hand über die Stirn, murmelt: »Man muss immer dahinter sein, sonst dauert alles endlos. Das kann ich mir nicht leisten.« Mit einem ganz anderen Blick: »Sie wollen doch nicht schon aufbrechen? Jetzt gleich hätte ich mich zu Ihnen gesetzt.«
    Ich beginne gerade zu erklären, warum es heute bei uns nicht noch später werden sollte, als das Seitenfenster birst, ein Knall, Glassplitter, ein riesiges Ding kommt geflogen. Instinktiv gehe ich hinter dem Herd in Deckung, Billy Winter wird getroffen und zu Boden geschleudert. Sekundenbruchteile später eine zweite Explosion, dann Stille. Mahmet, der Koch und die Praktikantin kommen langsam näher. Ich rapple mich auf. Die linke Hand brennt. Ein Glassplitter hat mich erwischt, mehr nicht. Billy Winter liegt wie eine zierliche zerbrochene Puppe da. Keiner sagt ein Wort. Sie hebt den Kopf, sieht sich um, setzt sich langsam auf, hält sich die rechte Schulter. Nun erst sehe ich die Melone, die durchs Fenster geflogen ist, eine große Wassermelone, sicher sieben, acht Kilo schwer. Sie liegt am Küchenfußboden, geborsten, innen gefährlich rot. Ich werde in der nächsten Zeit rote Speisen meiden.
    Zuerst meine Tomaten, jetzt die Melone: eine Sache harmlos, selbst verschuldet. Die zweite Sache – ein neuer Anschlag. Hätte die Melone Billy Winter voll getroffen … Der Koch steht am zerstörten Fenster und sagt: »Es ist niemand da.«
    Ich renne zu Oskar, er kommt mir schon besorgt entgegen, nein, ihm ist nichts aufgefallen. Ja, Autos sind vorbeigefahren. Welche? Keine Ahnung, wer achtet auf so etwas? Keine besonderen, Durchschnittswagen. »Du musst dir die Hand verbinden«, sagt er besorgt.
    Ich hetze zurück in die Küche. Billy Winter lehnt inzwischen an der Arbeitsfläche. Sie ist bleich im Gesicht.
    »Alles in Ordnung?«, frage ich und komme mir dumm vor.
    Sie nickt. »Das Ding hat mich nur am Oberarm gestreift, ein blauer Fleck, nicht mehr.«
    Ich sehe, dass sie am Bein blutet. Sie bemerkt es selbst erst jetzt, voll Überraschung. Glassplitter. Wir verbinden meinen Ritzer und ihre tiefere Wunde. Onkel Franz steht händeringend dabei und

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