Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi
erwähnt, auch die Pilzvergiftungen sind zum Glück Schnee von gestern. Wenn Zuckerbrot ermittelt, so weiß ich nicht, wo und gegen wen. Droch hat sich geweigert, ihn beim gemeinsamen Mittagessen auszuhorchen. Aber das macht er immer, und dann gibt es hin und wieder doch interessante Informationen. Zuckerbrot ist nicht dumm, selbst wenn er so tut, als wolle er keinesfalls mit mir zusammenarbeiten, er weiß, dass es ab und zu auch für ihn sinnvoll ist.
Zu Mittag feiert eine Familie aus dem Ort bei uns den Geburtstag der Großmutter. Acht Personen. Billy gibt sich besondere Mühe, für die betagte Frau, die nicht mehr alles essen und noch weniger beißen kann, etwas zusammenzustellen, das einem Sternerestaurant gerecht wird. Immer mehr komme ich dahinter, dass im Dorf nur Einzelne dem neuen Apfelbaum ablehnend gegenüberstehen. Die meisten anderen sind es einfach nicht gewohnt, öfter als drei-, viermal im Jahr essen zu gehen.
Erst in der Nachmittagspause fällt mir ein, dass ich Billy noch gar nicht von Daniel Capriati erzählt habe.
Sie reagiert überrascht darauf, dass Capriati sie von einem Praktikum im Royal Grand kennt. »Klar, wir haben immer wieder Praktikanten gehabt, aber an jemanden, der ihm ähnlich sehen würde, kann ich mich nicht erinnern.«
»So einen wie ihn merkt man sich«, ergänze ich.
»Warum?«, fragt Billy zurück.
»Hübsch ist er schon, leider für mich zu jung.«
»Hübsch? Na ja.«
Ich weiß nicht, wo Billy hingesehen hat. Außerdem ist er sympathisch. Ich freue mich, dass er heute gegen Abend kommen wird. Oskar braucht nicht eifersüchtig zu sein, er ist – etwas ganz anderes für mich. Außerdem weiß ich um meine Grenzen. Hoffentlich.
Daniel fährt einen offenen blauen Mazda Sportwagen, und Billy rümpft schon die Nase, als er einparkt.
»Ein Angeber, das habe ich befürchtet«, sagt sie.
»Ist er nicht. Außerdem: Wer kann schon was gegen ein Cabrio im Sommer sagen? Ist ohnehin eines von den billigeren.«
»Und wo will er seine Einkäufe unterbringen? Aber wahrscheinlich geht er selbst gar nicht einkaufen.«
Woher sie bloß die Vorurteile gegen Capriati hat? Hoffentlich wird das Gespräch nicht mühsamer als gedacht.
Er sieht sich suchend im Garten um, kommt dann langsam in Richtung Eingangstür. Wir verschwinden rechtzeitig vom Fenster.
Ich gebe ihm die Hand, Capriati lächelt mich schüchtern an.
Billy schaut etwas reserviert und gibt ihm dann auch die Hand.
»Sie erkennen mich nicht mehr, oder?«, meint Capriati.
»Ich kenne Sie natürlich. Ein Restaurant mit zwei Sternen …«
»Nein, ich meine von früher. Das ist aber auch kein Wunder. Ich war damals neunzehn und Sie die jüngste Souschefin. Das hat mich sehr beeindruckt. Ausgesehen hab ich auch anders. Ich war ziemlich dick und entsetzlich unbeholfen. Demetz war ein Bekannter meiner Eltern, damals war er noch großartig, meine Eltern haben oft im Royal Grand gegessen, ich hab meinen Praktikumsplatz nur durch Protektion bekommen. Aber ich wollte unbedingt Koch werden und nicht wie meine Mitschüler am Gastronomie- und Tourismus-Gymnasium später ins Management gehen.«
Jetzt lächelt auch Billy. »Nein, ich gebe es zu, ich kann mich nicht mehr erinnern.«
Wir setzen uns auf die Terrasse, Onkel Franz bringt Kaffee.
Ich versuche die beiden miteinander ins Gespräch zu bringen, und nach einigen Anläufen gelingt mir das auch. Sie erzählen einander von ihren Ideen und von den Rückschlägen der letzten Zeit. Im Nachhinein hört sich das eine oder andere tatsächlich an wie ein mehr oder weniger harmloser Streich.
Daniel Capriati kann sich nicht vorstellen, dass zwischen den Vorfällen ein Zusammenhang besteht. Immerhin habe man sich ewig lang nicht gesehen und auch sonst kaum etwas miteinander zu tun gehabt.
»Gemeinsame Feinde?«, frage ich nach.
Wir kommen auf niemanden. Selbst ihr Zugang zu Bachmayer ist unterschiedlich. Capriati und sein Offen wurden von ihm bejubelt, Billy zeigt ihm die miese Kritik über den Apfelbaum. Capriati schüttelt den Kopf.
»Zum Glück sind die wenigsten Gastronomiejournalisten so, wie er war. Sicher sind solche Bewertungen immer eine sehr subjektive Sache, aber er …«
»Haben Sie eigentlich Inserate geschaltet?«, frage ich.
Capriati rührt verlegen in seinem Kaffee. »Nein, ich nicht. Ich meine, erstens hab ich gar kein so großes Budget, unsere Ausgaben sind ziemlich hoch. Zweitens … So möchte ich nicht bekannt werden.«
»Aber?«, hake ich nach.
»Dumm war
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