Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi
ärgsten Schreckschrauben bedauern?
Gerade als Zuckerbrot die Suche als ergebnislos abbrechen will, läutet sein Mobiltelefon.
Er hört lange zu, dann erst sagt er: »Also können wir aufhören. Okay, ich mache hier fertig und komm zu euch. Du weißt ja, was du zu tun hast.«
Er sieht mich an. »Wir haben die Leiche ohne rechte Hand gefunden.«
»Weiß man, um wen es sich handelt?«
»Ja, in diesem Fall war die Identifikation nicht schwierig. Alle haben ihn gekannt. Vom Fernsehen. Es ist dieser Fernsehkoch. Udo Baumann.«
Mir muss der Mund offen geblieben sein. Wieder einmal setzt mein Hirn aus. Ich bin für Aufregungen wie diese einfach nicht gebaut.
Zuckerbrot ruft seine Männer zusammen, klärt sie kurz auf. Wir gehen zurück zum Apfelbaum. Zum Feuerwehrkommandanten, der immer noch vor seinem Haus steht, sagt Zuckerbrot: »Wir haben die Leiche gefunden. In Wien. Bitte sagen Sie allen, dass kein Grund zur Besorgnis mehr besteht. Aber: Wenn jemandem etwas Besonderes aufgefallen ist, dann soll er sich melden. Alles kann wichtig sein.«
Der Feuerwehrmann nickt und steht stramm. Das sieht in Jeans und T-Shirt besonders seltsam aus.
»Haben Sie ihn gekannt?«, fragt mich der Chef der Mordkommission. Unter den Augen hat er tiefe, graue Ringe. Auch er ist müde.
»Flüchtig. Ich habe ihn vor einiger Zeit im Rosa Flieder gesehen.«
»Nach dem Mord an Bachmayer?«
»Ja.«
»Hat er irgendeine Verbindung zu Frau Winter?«
»Nicht, dass ich wüsste. Sie haben einander sicher gekannt, wie man sich in der Kochszene eben kennt. So groß ist sie nicht in Wien.«
»Damit haben wir nun endgültig alle Medien am Hals.«
»Ja.«
»Tut mir Leid, Sie sind ja auch vom Fach. Haben Sie übrigens Fotos von den Fingern gemacht?«
Ich sehe ihn so empört an, dass er sich entschuldigt. In diesem Fall habe ich nicht einmal überlegen müssen, ob so etwas ethisch vertretbar wäre. Ich habe einfach nicht daran gedacht. Vielleicht bin ich eben doch ungeeignet als Kriminalberichterstatterin. Ich wette, das »Magazin« hätte die Fotos gedruckt und auch noch irgendeine weitschweifige Erklärung gefunden, warum das so sein müsse.
Jedenfalls habe ich jetzt nicht nur die öde Modereportage zu überarbeiten, sondern auch eine große Story über den Tod Baumanns zu schreiben.
Billy schüttelt nur stumm den Kopf, als sie erfährt, wem die Hand gehört hat. Zuckerbrot fragt sie und Daniel Capriati nach Verbindungen aus.
Billy hat ihn, wie ich vermutet habe, oberflächlich gekannt. Daniel ist ihm häufiger begegnet, aber intensiv sei der Kontakt nie gewesen.
»Ich weiß nicht, ob er viele Freunde gehabt hat«, füge ich langsam hinzu. »Er war nett, aber beinahe schon zu nett. So auf eine seltsam unpersönliche Art. Es war, als hätte er den Lieblingsschwiegersohn auch abseits der Fernsehkameras gespielt.«
»War er schwul?«, will Zuckerbrot wissen.
Ich zucke mit den Schultern. So gut kannte ich ihn nun wirklich nicht.
»Er war verheiratet und hatte zwei Kinder«, antwortet Daniel.
»Das soll vorkommen.«
Daniel schüttelt den Kopf. »Ich kann es mir nicht vorstellen, in dieser Branche reisen Gerüchte besonders schnell, aber darüber ist nie geredet worden.«
»Und in dieser Branche wird alles, was mit Sex zu tun hat, mit besonderer Freude durchgehechelt«, ergänzt Billy.
Bachmayer. Baumann. Daniel Capriati. Billy Winter. Der verschwundene Koch Peppi. In meinem Kopf beginnt es zu dröhnen. Was haben sie alle gemeinsam? Was verbindet sie? Sie sind – oder waren – erfolgreich. Bis auf Peppi-Josef Dvorak, der war nur ein unbekannter Koch. Bachmayer hat Kritiken geschrieben. Allerdings über Daniel eine gute und über Billy eine schlechte. Hat er auch etwas über Baumann geschrieben? Ich werde es morgen, das heißt heute, herausfinden. Wieder keine Zeit, mich auszuschlafen.
Bachmayer und Baumann sind tot. Bei Peppi weiß man nichts Genaues. Billy und Daniel leben. Noch. Vielleicht ermordet da jemand nach Alphabet Typen aus der Kochbranche. Bachmayer, Baumann. Der Nächste könnte Capriati sein.
Daniel erzählt unterdessen, dass er sich vor zwei Jahren breitschlagen hat lassen, zum Casting für die Kochsendung anzutreten.
»Damals war das Offen ganz neu, und ich habe Angst gehabt, ich könnte nicht genug Gäste bekommen. Mit der Hilfe des Fernsehens geht vieles leichter. Baumann war damals gerade aus Deutschland zurückgekommen. Er hatte bei einem der großen Privatsender seit Jahren eine Kochshow gehabt. Und er hat
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