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Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi

Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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Faschierten, stellt sie wieder hin. Ich nehme das feuchte Tuch von meinem Kopf, wische mir den Mund ab, beginne am Küchenboden herumzuwischen. Irgendetwas tun, ohne zu wissen, was. Ich stehe auf, fülle einen Eimer mit Wasser, beseitige mein Erbrochenes. Daniel und Billy halten einander umschlungen, als wäre es ihr letzter Augenblick. Die Titanic. Ein schrecklich kitschiger Film war das, aber genau wie das Liebespaar sehen die beiden jetzt aus. Endzeit. Gleich ist alles vorbei. Nur, dass es eben in der Realität doch weitergeht. Kein scharfer Schnitt, kein Schriftzug mit »Ende«, kein Nachspann, keine Filmmusik. Und schon gar nicht kann man danach heimgehen, zurück ins normale Leben.
    Es ist erst einige Wochen her, dass ich mich über Routine, Alltag und Langeweile beklagt habe.
    Irgendwann raffe ich mich auf, suche nach der Nummer von Zuckerbrot und rufe an. Er meldet sich nicht. Ich spreche auf seine Mailbox, es klingt ruhig, beinahe schon trocken, was ich ihm zu sagen habe.
    »Mira Valensky. Aus dem Apfelbaum. Es ist jetzt ein Uhr fünfzehn. Wir haben vor einer Viertelstunde in der Faschiermaschine zwei Finger einer menschlichen Hand gefunden. Der Rest der Hand dürfte faschiert worden sein. Wir bleiben hier und warten. Ich rufe außerdem den Journaldienst an.«
    Das tue ich danach auch. Ich brauche lange, um dem Beamten in der Sicherheitszentrale klar zu machen, worum es geht. Zuerst hält er alles für den schlechten Scherz von ein paar Betrunkenen. Mag sein, dass ich heute Abend schon ein paar Gläser geleert habe, aber jetzt fühle ich mich nüchtern wie noch selten zuvor. Der Beamte fragt, ob denn der »Rest des Körpers, der zu der Hand gehört«, auch irgendwo herumliege. Wir haben danach nicht einmal gesucht. Er verspricht, einen Streifenwagen vorbeizuschicken.
    Meine Telefonate haben Billy und Daniel aus ihrer Trance gerissen, gemeinsam gehen wir Raum für Raum ab. In den Gastzimmern hängt noch der Geruch von gutem Essen und vielen Menschen. Die Leiche bleibt verschwunden.
    Ein Polizeiwagen kommt mit Sirene und Blaulicht die Hauptstraße herunter. Als ob es hier noch etwas zu retten gäbe. Im Ort weiß man jetzt jedenfalls, dass im Wirtshaus schon wieder etwas passiert ist.
    Billy nimmt ein Küchentuch und legt die abgetrennten Finger neben die Tasse mit dem Faschierten. »Manninger hat so ähnliche Hände gehabt«, sagt sie langsam.
    Kann man jemanden an Zeige- und Mittelfinger erkennen?
    Sie geht und sperrt die Vordertüre auf. Die Beamten sind jung, die Pistole klopft ihnen bei jedem Schritt an den Oberschenkel.
    »Nehmen Sie die Hand fest«, will ich schon sagen, ich bin wirklich total drüber und kichere hysterisch in mich hinein.
    Dann werden auch die beiden bleich, sie starren entsetzt auf die Finger und das Faschierte.
    »Wir sind nur vom Wachzimmer«, klären sie uns auf. »Die in der Zentrale haben gemeint, das ist eh nur falscher Alarm, vielleicht irgendjemand, der sonst weiße Mäuse sieht.«
    Nein, nur fliegende Melonen.
    »Keine Ahnung, was wir damit tun sollen«, meint der Größere der beiden.
    Billy wird wieder professionell: »Jedenfalls muss man sie kühl stellen, wenn keine Bakterien dazukommen sollen. Aber ich weiß nicht, ob die Gerichtsmedizin das will.«
    »Ich habe die Telefonnummern von Zuckerbrot, dem Chef der Mordkommission 1. Er ist für einen Mordfall zuständig, der auch mit der Gastronomie zu tun hat. Und er hat hier schon ermittelt. Aber er hat sich nicht gemeldet. Vielleicht haben Sie eine andere Möglichkeit, ihn zu erreichen?«
    Die beiden atmen erleichtert auf. »Ja, das könnten wir vielleicht.« Dann sehen sie mir genauer ins Gesicht. »Sie sind verletzt. Hat es einen Kampf gegeben?«
    Ja, zwischen einer toten Hand und mir. Ich schüttle den Kopf. »Ich bin bloß gestürzt.«
    Der eine will wissen: »Ist hier schon einmal – etwas vorgefallen?«
    Dafür, dass er aus dem nächsten Wachzimmer ist, ist er erstaunlich uninformiert. Aber es gibt wohl keine dienstliche Verpflichtung, Zeitungen zu lesen, und üblicherweise ist er wohl eher für Geschwindigkeitsübertretungen oder Nachbarschaftsstreitigkeiten zuständig. Die Nachbarschaft … Wahrscheinlich sollte man im Umkreis des Wirtshauses nach einer Leiche suchen.
    Die Streifenpolizisten verziehen sich zum Telefonieren geheimnistuerisch nach draußen.
    Wir lehnen an der Arbeitsfläche und sagen kein Wort. Daniel hält Billys Hand. Die beiden Kochstars, jeder von ihnen zäh genug, um einen ganzen Tag auf den

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