Ausgelacht
dich sofort wieder hin.» Er griff Britt unter die Schultern und half ihr, sich aufzurichten.
Langsam begann sie, sich zu recken und zu gähnen, und nachdem er ihr ein Kissen in den Rücken gestopft hatte, saß sie bequem da, und es schien ganz so, als ob sie nun die Augen länger aufhalten konnte.
‹Ach, du liebe Zeit›, dachte Britt. ‹Das ist doch der Typ, der mich mit der Torte im Gesicht gesehen hat. Und dem die bekloppte Moni die Nacktfotos von mir gezeigt hat. Ist das furchtbar, ist das schrecklich, ist das alles entsetzlich. Wie heißt der denn nur? Ach, Brahmkamp heißt der, Julius Brahmkamp. Nein, Julian. Ist ja auch egal.›
Sie versuchte, einfach ganz normal auszusehen und zu grinsen.
«Was ist denn überhaupt passiert?» Das Sprechen ging im Sitzen auch viel besser als im Liegen.
«Keine Ahnung. Otto hat mir die Tür aufgemacht, und du hast im Flur gelegen.»
«Der Hund? Er kann Türen öffnen?»
«Offenbar. Eigentlich wollte ich nur sagen, dass Emil morgen nach Hause kann.»
«Was hast du denn mit dem Flusspferd zu tun?»
«Na, ich arbeite bei Doktor Rosenberg», antwortete Julian freundlich. «Ich bin auch Tierarzt.»
Langsam bekam Britt wieder alles zusammen.
«Ich bin gestolpert und gegen den Telefontisch geknallt», sagte sie zu sich selbst. «Deswegen war ich kurz weg.» Sie sah Julian an. «Und wieso bist du schon Tierarzt? So ein Studium dauert doch.»
«Sieben Jahre», nickte er. «Wenn man wie ich mit 17 Abi macht und dann gleich anfängt, ist man mit 24 fertig.»
«Also bist du jetzt 24 .»
«Ja», sagte er. «Ich wusste genau, was ich will und habe das alles sehr schnell und sehr konsequent durchgezogen.»
«Kann es sein, dass mein Vater dich auf mich angesetzt hat?», fragte Britt, deren Stimme schon wieder schnippisch klang.
Julian wirkte ein wenig verwundert. «Äh, nein. Wieso?»
«Nur so. Ich bekomme dauernd vorgeworfen, dass ich irgendwie nichts mache und auf der faulen Haut liege und so weiter und so fort.»
«Und?»
«Was und?»
«Stimmt’s?», fragte Julian.
«Nein, es stimmt nicht. Kann ich bitte noch einen Schluck Wasser haben?»
«Klar.» Er reichte ihr das Glas, und sie trank.
«Dann erzähl doch mal. Was machst du denn so, wenn du nicht bei Frau Grebe aufs Haus und auf die Viecher aufpasst?»
«Ich studiere», sagte Britt trotzig.
Julian lehnte sich zurück. «Tatsächlich. Was denn?»
«Medizin.»
«Dann sind wir ja Kollegen.»
«Ja», sagte Britt einsilbig.
«Wie lange studierst du schon und wo?», wollte er wissen.
«Das weiß ich nicht.» Sie reichte ihm das Glas und wurde rot. «Ich meinte: Das geht dich gar nichts an.»
«Natürlich geht es mich nichts an, aber fragen werde ich wohl dürfen. Immerhin habe ich dir das Leben gerettet.»
«Vielen Dank. Ich wäre auch von alleine wieder zu mir gekommen, ohne deine wertvolle Unterstützung.»
«Klar. Otto hätte dir bestimmt aufgeholfen, dich ins Bett gelegt, dich ausgezogen und dir später noch ein Hühnersüppchen gekocht.»
Britt erstarrte. Was hatte Julian da eben gesagt? Sie griff unter die Decke und tastete sich ab. Nackt war sie jedenfalls nicht. Was hatte sie denn da an? Sie schaute an sich runter und sah Rüschen und Spitzen und ganz viel weißen Stoff.
«Was hast du mir denn angezogen?»
«Eins von den Nachthemden deiner Tante.» Julian nickte. «Die Jeans musste ich ausziehen, damit du richtig Luft bekamst. Sie war wirklich viel zu eng. Das macht man so.»
«Tatsächlich?», fauchte Britt. «Woher willst du das denn wissen? Du bist doch gar kein richtiger Arzt, sondern lediglich ein Wald-und-Wiesen-Doktor für Kühe und Ziegen. Was es hier in Bad Nauheim halt so gibt! Ich glaube nicht, dass du beurteilen kannst, was für einen Menschen gut oder schlecht ist. Und meine Jeans ist nicht zu eng, dass das mal klar ist.»
«Sie war zu eng. Möglicherweise hast du zugenommen», sagte Julian und machte damit den Fehler seines Lebens.
Britt schleuderte die Decke zur Seite und sprang aus dem Bett. Erst hatte dieser Julian sie ausgezogen und in dieses altmodische Nachthemd gesteckt und dann auch noch in Tante Doras Bett. Hatte er ihr vielleicht auch noch die Haare grau gefärbt, damit auch ja alles zusammenpasste? Das Nachthemd war ihr viel zu groß und vor allen Dingen viel zu lang, und um ein Haar wäre sie wieder gestolpert, weil sie sich mit den Füßen in dem gestärkten Leinenstoff verhedderte.
«Soll ich dir vielleicht helfen?», fragte Julian höflich.
«Nein!», fuhr Britt
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