Ausgelacht
blöde Frau Helfrich denn alles erzählt?», fragte Britt wütend. Sie spürte, dass ihr die Felle davonschwammen.
«Genug», sagte Nora. «Und nun sieh zu, wie du zurechtkommst. Ich muss mich hier um wichtigere Dinge als um dein Auto kümmern. Das ist nämlich gerade mal mein geringstes Problem.»
Aufgelegt.
Wie durch Watte ging Britt weiter.
Dann blieb sie stehen.
Also gut. Dann halt ohne die Eltern, ohne Julian, ohne Nana, ohne irgendwen.
Nur mit dem Harald.
Gut. Dann war das eben so.
Sie hatte genug Freunde. Mehr als genug. Wenn sie allein an Facebook dachte. Da waren es mehr als 300 .
Sie würde sich jetzt mit dem iPhone bei Facebook einloggen und auf die Pinnwand schreiben, dass sie alle liebhätte oder so. Bestimmt würden dann 98 % antworten, dass sie sie auch liebhätten. Und schon war alles wieder gut.
[zur Inhaltsübersicht]
zweiundzwanzig
Was war das denn? Von den über 300 Freunden waren gerade mal 50 übrig geblieben und, was fast noch schlimmer war, Britt musste feststellen, dass sie diese Leute persönlich überhaupt nicht kannte. Um ganz ehrlich zu sein, kannte sie viele von denen, die jetzt nicht mehr ihre Freunde waren, auch nicht persönlich. Aber doch viele. Sehr viele.
Warum hatten die sie entfreundet?
Auf ihrer Pinnwand bekam sie die Antworten. Nana musste irgendwas gefingert haben und wahrscheinlich auch dieser Christof aus dem «Prinzen» und Julian und der Harald und die Moni. Gleich würde Britt sich übergeben. Man ließ sich über sie aus, und das nicht gerade nett: Unangenehmes wie «Boah, das ist ja der Hammer, was da erzählt wurde» und «Habe im Netz gegoogelt und den Artikel in der Zeitung gefunden. Hammer. Mir war schon immer klar, dass du ne Zicke bist, aber sooo!» Und so ging es weiter und weiter. Sie würde ihre Pinnwand sperren.
Aber erst musste sie sich setzen.
Was war hier eigentlich los? Wäre sie doch nie im Leben nach Bad Nauheim gefahren. Dann wäre jetzt mit Sicherheit alles anders.
Der Harald ignorierte sie den ganzen Abend lang und pusselte bei den Viechern herum, die Britt ebenfalls ignorierten, soweit das möglich war. Britt war alles egal. Sie bearbeitete ihren Facebook-Account, versuchte mehrfach, ihre Mutter und ihren Vater anzurufen, die nicht einmal abnahmen, nachdem sie die Rufnummernunterdrückung aktiviert hatte, dann hockte sie sich vor den Fernseher, um sich geistlosen Schwachsinn über einen Schreiner im Sauerland anzuschauen, der Futtertröge zimmerte.
Dann ging sie ins Bett. Morgen war ein neuer Tag.
Ups. Ein neuer Tag ohne Geld. Aber Tante Dora hatte ihr ein bisschen was dagelassen. Allerdings war das eigentlich für Tierfutter bestimmt, denn Britt hatte selbstverständlich kein Geld für die drei Monate verlangt.
Sie hatte ja genug. Gehabt.
***
Die Sonne schien in Tante Doras Schlafzimmer, als Britt aufwachte. Sie hatte einen Albtraum nach dem anderen gehabt, war nachts zweimal aus dem Bett gefallen, was ihr, seitdem sie fünf Jahre alt war, nicht mehr passiert war, und nun musste sie überlegen, wie es weitergehen sollte.
Sie schlurfte in die Küche, wo der Harald schon emsig herumwirtschaftete.
«Guten Morgen.» Britt nahm sich eine Tasse und goss Kaffee ein. Ihr Kopf platzte gleich.
Die Handwerker waren schon da und schlugen Kacheln ab oder stemmten etwas auf oder was auch immer. Jedenfalls war es grauenhaft. Duschen konnte sie immer noch nicht. Vielleicht würde sie nachher einfach ins Schwimmbad gehen und da duschen. Bei Helfrichs zu klingeln und zu fragen traute sie sich nicht. Herr Helfrich würde sie garantiert die Treppe runterschmeißen, und sie würde sich wie Tom und Rosel die Beine brechen; dann würden sie zu dritt in diesem Krankenhaus liegen. Jedenfalls würde dann jemand für Britt sorgen.
Mittlerweile war Britt froh, dass der Harald da war. Die Vorstellung, die ganzen Tiere an der Backe zu haben, machte sie wahnsinnig.
«Gibt es frische Brötchen?», fragte sie einigermaßen höflich.
«Nein», sagte der Harald und legte das Handtuch hin. «Die gibt es nicht. Von mir gibt es gar nichts mehr. Ich gehe jetzt.»
«Gehen Sie einkaufen?»
«Nein, ich verlasse dieses Haus.»
«Das können Sie doch nicht machen», rief Britt verzweifelt. «Was wird dann aus mir? Und wer kümmert sich um die Tiere?»
«Keine Ahnung», sagte der Harald gleichgültig. «Sie wollten doch sowieso, dass ich gehe. Jetzt gehe ich. So einfach ist das.»
«Aber wo wollen Sie denn hin? Was ist mit den Erektionsproblemen?»
«Die
Weitere Kostenlose Bücher