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Ausgelacht

Ausgelacht

Titel: Ausgelacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi von Wolff
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habe ich im Griff, machen Sie sich darüber mal keine Sorgen. Schöne Grüße an Ihre Tante, wenn sie wieder da ist. Sie hat meine Nummer und kann sich gern bei mir melden. Auf Wiedersehen. Ach, und übrigens: Vielen Dank, dass ich hier übernachten durfte. Auf ein Dankeschön fürs Versorgen der Tiere kann ich von Ihnen wohl lange warten.»
    Der Harald ging, und Britt saß allein in der Küche. Nur der Hund kam an und schaute irgendwie vorwurfsvoll. Vielleicht hatte er aber auch einfach nur Hunger.
    «Fick die Henne», rief der Papagei von irgendwoher.
    Den hatte Britt total vergessen.
    Sie stützte den Kopf in beide Hände und dachte über eine Lösung für alles nach.
    Aber ihr fiel nichts ein.
    Zum ersten Mal in ihrem Leben musste sie ernsthaft über ein Problem nachdenken.
    Sie hätte so gern jemanden angerufen und um Rat gefragt, aber sie musste feststellen, dass es niemanden gab. Tom und Julian und Nana hatten ihr die Freundschaft gekündigt, ihre Eltern hatten sie grausam verstoßen und sonst … hatte sie nur lose Bekanntschaften, bei denen sie sich nur meldete, wenn es ums Feiern ging.
    Und jetzt war auch noch der Harald weg. Er hatte recht. Sie hätte sich bei ihm bedanken müssen. Aber sie hatte das als selbstverständlich angesehen. Er hatte ihr ja wegen der Tiere genützt.
    Scheiße.
    Was sollte sie denn jetzt bloß tun.
    Da klingelte das Telefon.
    «Ja.»
    «Britt. Tante Dora hier. Na, ist alles in Ordnung? Hast du wieder alles im Griff?»
    «Ich hatte nie nichts im Griff, Tante Dora.»
    «Da habe ich aber anderes gehört. Rosel hat …»
    «Rosel hat total übertrieben», sagte Britt. «Hör jetzt bitte mit Rosel auf.»
    «Na gut», sagte die Tante und kicherte. «Wilfried, lass doch. Ich telefoniere doch gerade. Hihihi.»
    «Wer ist Wilfried? Und wo bist du?», wollte Britt alarmiert wissen. Nach Gefängnis hörte sich das jetzt nicht an.
    «Ich bin in Hannover», sagte Tante Dora stolz. «Du, hier gab es mal Goldsucher. Und überall ist Wasser. Wunderschön ist das.»
    «In Hannover gibt es doch keine Goldminen», sagte Britt verwirrt. Vielleicht war ja was an ihr vorbeigegangen.
    «Doch, natürlich. Und die Berge! Unglaublich! Einer ist über tausend Meter hoch. Hier gab es auch mal Indianer! Ist das nicht toll? Erinnerst du dich noch an die Winnetou-Filme? So ähnlich fühle ich mich gerade!»
    Jetzt war Britt völlig durcheinander. «In Hannover gab es keine Indianer. Die gab es nur in …» Ihr fiel ein, dass sie das nicht wusste. Aber sie wusste, dass es in Hannover ganz sicher keine Indianer gab. Die gab es in Bad Segeberg. Ach nein, da waren die Winnetou-Festspiele.
    «Bist du dir wirklich sicher, dass du in Hannover bist?»
    «Aber ja. Ich bin ja mit Wilfried hier. Wilfried findet es auch schön. Wir werden gleich an einen See fahren.»
    «Wer ist Wilfried?»
    «Stell dir vor, Wilfried ist meine erste große Liebe gewesen. Als ich siebzehn war, habe ich ihn kennengelernt.» Tante Dora machte eine Pause, um Britt die Möglichkeit zu geben, diese Nachricht zu verdauen. «Was sagst du dazu?», fragte sie nach ein paar Sekunden, in denen Britt nicht geantwortet hatte.
    «So außergewöhnlich ist das nicht, dass man mit siebzehn Jahren jemanden kennenlernt», sagte Britt.
    «Bei uns schon. Wir haben uns auf einem Tanzvergnügen getroffen und dann aus den Augen verloren, weil mein Vater kam und mich von dort weggezerrt hatte. Wir hatten keine Möglichkeit, unsere Namen und Adressen auszutauschen. Ich konnte Wilfried nur noch mein spitzenbesetztes Taschentuch mit Monogramm geben, und schon war ich weg. Tragisch.»
    «Ja», sagte Britt.
    «Und dann treffe ich ihn wieder. In, in, in, wie hieß das denn noch, ich komme nicht auf den Namen. Er hat mir das Taschentuch gezeigt. Erkannt habe ich ihn trotzdem gleich, er hat sich kaum verändert.»
    ‹Da bin ich mir nicht so sicher›, dachte Britt.
    «Wir werden heiraten!», schrie Tante Dora. «Und ich werde hier in Hannover bleiben!»
    «Wie bitte? Du bist doch viel zu alt, um zu heiraten», echauffierte sich Britt.
    «Ich werde achtzig. Mit achtzig steht man in der Mitte des Lebens.» Tante Dora war nun verletzt. «Wilfried hat seinen Achtzigsten schon hinter sich. Er ist mopsfidel und fühlt sich wohl wie ein Fisch im Wasser. Er läuft jeden Tag zehn Kilometer und macht Yoga. Dieser Sport mit dem Om. Damit fange ich jetzt auch an. Es soll so gut sein. Aber nun mal was anderes, Britt. Hör mir jetzt gut zu. Es ist wichtig.»
    Britt bekam Herzrasen.

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