Ausgeliebt
an. »Was hast du denn? Du hörst dich an wie meine Mutter.«
»Ich will nicht, dass du so dünn wirst, dann sehe ich so breit neben dir aus. Und dem hübschen Kellner tut die dicke Frau
neben der schönen dann leid. Und Mitleid kann ich nicht gut ertragen.«
Luise lachte und schüttelte den Kopf. »Du bist albern.«
Sie aß weiter, während ich ihre Liste überflog. Bett, Badezimmerspiegel, Lampen, Mülleimer, Fußmatte.
Ich sah hoch, dachte an die Labels und Preise in diesem Haus und gab Luise die Liste zurück.
»Dir ist schon klar, dass du das alles auch bei Ikea und im Baumarkt kaufen kannst und dann einen Bruchteil von dem bezahlst,
was du hier ausgibst?«
Sie steckte die Liste in die Tasche zurück.
»Das weiß ich, das habe ich sonst auch gemacht. Ich habe aber ein Sparbuch, für schlechte Zeiten.« Sie schluckte.
»Und ich finde, das sind jetzt keine besonders guten Zeiten. Ich richte eine Single-Wohnung ein, das mache ich für mich und
es soll schön werden. Keine Vernunft mehr, wenigstens nicht heute.«
Ich dachte an mein neues Sofa und die übrigen neuen Dinge. |126| Und an das befreiende Gefühle, damit das alte Leben zu ersetzen.
»Ich habe auch viel neu gekauft. Wobei ich nur für das Sofa viel Geld ausgegeben habe. Der Rest war vernünftig. Es heilt nicht
unbedingt die Schmerzen, aber es klebt Pflaster auf die Seele, man sieht die Wunden dann nicht mehr sofort. Und das tut schon
gut.«
Luise drückte ihre Zigarette aus und winkte dem hübschen Kellner zu.
»Christine, wir sind heute nicht vernünftig und ich will keine traurigen Gefühle mehr. Komm, wir verpflastern jetzt unsere
Seelen.«
Wir begannen den Rundgang in einem Geschäft für Badezimmerzubehör. Es war der Laden, den ich schon kannte. Bäder aus Holz,
Chrom und Porzellan, runde und eckige Badewannen, verrückte Waschbecken und wilde Armaturen. Zwischendurch Dekorationen, deren
Preisschilder mich schlucken ließen.
Nach 20 Minuten hatte Luise sich einen Badezimmerspiegel ausgesucht und zurücklegen lassen. 1,50 Meter breit, 50 Zentimeter hoch mit schwerem Silberrahmen. Luise sah hochzufrieden aus. Der Mann an der Kasse auch.
Ich bezahlte für eine Seifenschale aus blauem Porzellan, drei Dosen aus Chrom, einen flachen schwarzen Korb und einen Duschvorhang
320,– Euro. Ich empfand das als Schnäppchen.
Die elegante Tüte und mein Hochgefühl bestätigten mich in meinem beginnenden Leichtsinn.
Danach kam ein Stoffladen. Wir fassten jeden Ballen, jede Falte an, fanden die Farben toll.
Ich sah Luise an. »Ich kann überhaupt nicht nähen.«
Sie zuckte bedauernd die Schultern. »Ich eigentlich auch nicht.«
»Wirklich schade.«
Wir verließen das Geschäft, ohne Tüte.
Es folgte ein Büroeinrichter. Wir setzten uns auf mindestens |127| zwanzig Bürostühle, strichen über Schreibtische, knipsten Lampen an und aus.
Ich bezahlte eine Wanduhr, drei Ablagekästen, ein Behältnis für Büroklammern, eine Schreibtischlampe und eine Pinnwand aus
Metall. 340,– Euro.
Luise nahm Prospekte mit.
Dann kam ein Küchenladen. Luise stapelte Tassen in ihren Einkaufskorb, ich suchte mir Kerzenständer und Servietten aus.
Vor den Gläsern blieben wir länger stehen. Luise nahm bewundernd ein Rotweinglas in die Hand, schlicht, groß, schön.
»Guck mal, Christine, das kostet fast zehnmal so viel wie meine Gläser von Ikea.«
Sie legte einen Karton mit sechs Gläsern in den Korb.
Mittlerweile stand ich vor den Espressomaschinen. Das war für mich seit Jahren der Inbegriff der Luxusküche. Bernd mochte
keinen Espresso, ich liebte Espresso, ich bekam von Ines eine kleine Kanne für den Herd, eine Maschine war Illusion.
Luise stand neben mir. »Welche nimmst du?«
Charlotte flüsterte:
»Immer noch über 10 000 Euro.«
Meine anerzogene Vernunft war schneller als Edith.
»Ach, das lohnt doch nicht. Für die paar Tassen Espresso oder Milchkaffee. Außerdem kostet keine unter 800 Euro.«
Luise stupste mich an und lachte. Ich sah sie an.
»Meinst du echt?«
»Christine, die ist für dich, natürlich lohnt sich das.«
Ich sah mich im Bademantel und mit dicken Socken morgens vor einem dieser wunderbaren Chromteile stehen, sah mich einen Knopf
drücken, hörte das Geräusch des Mahlwerks und roch den Kaffee.
Letzteres war real, eine Mitarbeiterin stand plötzlich neben uns und balancierte zwei kleine rote Espressotassen.
»Darf ich Ihnen einen Espresso anbieten und Ihnen dabei die Geräte
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