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Ausgeliefert: Roman (German Edition)

Ausgeliefert: Roman (German Edition)

Titel: Ausgeliefert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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gehe ich nach links. Wenn Sie nicht herschauen, tu ich es auch nicht.«
     
    Nach einer Stunde kamen die drei Männer zum Stall zurück und brachten etwas zu essen. Eine Art Rindereintopf in einem Essensträger aus Metall, für jeden von ihnen einen. Hauptsächlich nicht ganz durchgekochte Brocken aus Rindfleisch und eine Menge harte Karotten. Wer auch immer diese Männer sein mochten, Kochen war jedenfalls nicht ihre starke Seite. In dem Punkt war Reacher sich ziemlich sicher. Sie gaben Holly und ihm je einen Emailbecher mit schwachem Kaffee. Dann stiegen sie in den Lieferwagen. Ließen den Motor an und fuhren ihn rückwärts aus dem Stall. Schalteten die grelle Beleuchtung ab. Reacher erhaschte einen kurzen Blick auf düstere Leere draußen, bevor sie das große Tor zuzogen und es absperrten. Ihre Gefangenen blieben in der Dunkelheit und in der Stille zurück.
    »Tankstelle!«, rief Holly aus sechs Meter Entfernung. »Die tanken für den Rest der Fahrt auf. Das können sie nicht, solange wir im Wagen sind. Die denken, wir würden gegen die Seitenwände schlagen und um Hilfe schreien.«
    Reacher nickte und trank seinen Kaffee aus. Leckte die Gabel, mit der er den Eintopf gegessen hatte, sauber. Bog einen der Zinken so, dass er senkrecht wegstand und drückte mit dem Daumennagel gegen die Spitze. Jetzt bildete der Zinken einen kleinen Haken. Er benutzte den Haken dazu, das Schloss seiner Handschelle aufzubekommen, und brauchte achtzehn Sekunden dafür, von Anfang bis Ende. Er ließ die Handschelle und die Kette ins Stroh fallen und ging zu Holly hinüber. Beugte sich vor und befreite ihr Handgelenk. Zwölf Sekunden. Half ihr beim Aufstehen.
    »Türsteher, was?«, meinte sie.
    »Richtig«, sagte er. »Sehen wir uns mal um.«
    »Ich kann nicht gehen«, sagte sie, »meine Krücke liegt in dem verdammten Lieferwagen.«
    Reacher nickte. Sie blieb in ihrer Box und hielt sich dort an den Stangen fest. Er stöberte in dem großen, leeren Stall herum. Es handelte sich um einen massiven Wellblechbau, der ausschließlich aus demselben fleckigen verzinkten Metall wie die Trennwände zwischen den Boxen bestand. Das große Tor war von außen abgesperrt. Wahrscheinlich eine Eisenstange mit einem Vorhängeschloss. Kein Problem, wenn er an das Vorhängeschloss heran könnte, aber er befand sich im Inneren des Stalls und das Schloss draußen.
    Die Wände hatte man mit massiven Winkeleisen verschraubt, die im Beton des Fundaments verankert waren. Bei den Wänden selbst handelte es sich um vielleicht zwölf Meter lange und einen Meter zwanzig hohe Wellblechelemente, die miteinander verschraubt waren. Jeder Flansch hatte einen etwa fünfzehn Zentimeter breiten Vorsprung. Wie eine riesige Trittleiter, deren Stufen einen Meter zwanzig voneinander entfernt waren.
    Er kletterte an der Wand nach oben, zog sich schnell von Flansch zu Flansch in die Höhe, jedesmal einen Meter zwanzig. Den Weg aus dem Stall heraus fand er ganz oben an der Wand, sieben Platten hoch, achteinhalb Meter vom Boden entfernt. Es gab einen Lüftungsschlitz zwischen der Oberkante der Wand und dem schräg aufgesetzten Metalldach. Man konnte sich waagrecht durch den Spalt schieben, sich außen festhalten und sich dann die sechs Meter auf den Boden hinunterfallen lassen.
    Er könnte das, aber nicht Holly Johnson. Sie würde es nicht einmal bis hinüber zur Wand schaffen. Sie konnte nicht hochklettern und sich ganz sicherlich nicht draußen an der Wand festklammern und mit ihren kaputten Kreuzbändern sechs Meter tief fallen.
    »Los doch!«, rief sie zu ihm hinauf. »Verschwinden Sie hier, schnell!«
    Er ignorierte sie und spähte durch den Spalt in die Finsternis hinaus. Der Dachüberhang begrenzte seinen Horizont. Flaches, leeres Land, so weit sein Auge reichte. Er kletterte wieder hinunter und stieg dann nacheinander an den drei anderen Wänden hinauf. Auf der zweiten Seite bot sich ihm der
Blick auf ebenso leeres Land wie auf der ersten. Von der dritten Wand aus konnte er auf ein Farmgebäude sehen. Weiße Schindeln. Licht hinter zwei Fenstern. Die vierte Seite des Stalls bot den Ausblick auf die Zufahrt zu der Farm. Etwa hundertfünfzig Meter zu einer Straße, die ebenfalls völlig leer wirkte. Und dahinter Leere. In weiter Ferne zwei Scheinwerferbalken. Auf und ab tanzend. Weit auseinanderstehend. Größer werdend. Näher kommend. Der Lieferwagen, er kam zurück.
    »Können Sie sehen, wo wir sind?«, rief Holly zu ihm hinauf.
    »Keine Ahnung!« rief Reacher zurück.

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