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Ausgeliefert: Roman (German Edition)

Ausgeliefert: Roman (German Edition)

Titel: Ausgeliefert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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und auf seiner Oberlippe verkrustete. Nach einer Meile kam er in der Lichtung heraus, an die er sich von den Überwachungsbildern erinnerte. Hier wirkte sie wesentlich größer. Aus sieben Meilen Höhe hatte sie wie ein kleines Loch zwischen den Bäumen mit einem Kreis von Gebäuden außen herum ausgesehen. Aus seiner jetzigen Perspektive wirkte sie so groß wie ein Stadion. Grobes, lockeres Schiefergestein auf dem Boden, große Holzhütten, die fachmännisch auf massiven Betonfundamenten standen.
    »Warten Sie hier«, sagte Borken.
    Er ging weg, und die beiden Posten bauten sich links und rechts von McGrath auf, während der sich umblickte. Er sah die Kommunikationshütte mit der Telefonleitung und der Peitschenantenne. Roch den Kantinengeruch, der aus dem größeren davon drang. Sah die etwas abseits stehende Hütte dahinter. Das muss ihr Waffenlager sein, dachte er.
    Er blickte nach oben und sah die Kondensstreifen am Himmel. Eine weiße Schrift auf blauem Grund, die anzeigte, wie prekär die Lage inzwischen geworden war. Die Flugzeuge hatten ihren unschuldigen Ost-West-Kurs aufgegeben, und die Kondensstreifen bildeten jetzt zusammenhängende Kreise, einen größeren und einen kleineren. Sie flogen im Kreis, hingen sieben Meilen über ihm in der Luft. Er starrte zu ihnen hinauf, und sein Mund formte ein lautloses: Hilfe! Er fragte sich, ob die Objektive ihrer Kameras gut genug waren, um das erkennen zu können. Fragte sich, ob vielleicht Webster oder Johnson oder Garber Lippen lesen konnten.
     
    Reacher war zwischen den Bäumen, hundert Meter nordwestlich vom Gerichtsgebäude versteckt. Blickte auf sechs Wachen hinunter, die in einem weiten Bogen im Süden und
im Osten des großen weißen Gebäudes verteilt waren. Reachers Gewehr war auf den ersten der Männer gerichtet. Aber er würde nicht auf ihn schießen. Weil die sechs Männer nämlich, wenn er das tat, zurückschießen würden.
    Reacher hatte mit einer M-16 und einer Distanz von hundert Metern kein Problem. Mit dieser Waffe und auf diese Entfernung konnte er dafür garantieren, dass er treffen würde. Das hatte er auch schon viele Male getan. Und normalerweise war er umso zufriedener gewesen, je schlechtere Schützen seine Gegner gewesen waren. Aber nicht in dieser Situation.
    Für das M-16 verwendete man Kugeln, die als M855 bezeichnet wurden. Normale NATO-Munition, Kaliber 5,56 Millimeter. Ziemlich schwer für ihre Größe, weil es sich um eine Art Sandwich aus Blei und Stahl in einem Kupfermantel handelt. Munition, die auf Durchschlagskraft hin konstruiert ist. Fehlschüsse von seinen Gegnern, die das dahinterstehende Gerichtsgebäude trafen, würden mit dreitausend Stundenkilometer auf die Verkleidung treffen. Sie würden das alte Holz durchschlagen, als ob es überhaupt nicht da wäre. Sie würden durch das instabile Dynamit schmettern wie ein Zugunglück. Und ihr Aufprall würde besser als jede Zündkapsel wirken, die jemals eine Bergwerksgesellschaft eingesetzt hatte. Genau dafür waren diese Kugeln bestimmt. Irgendein Ausschuss hatte Munition verlangt, die im Stande war, die Wände von Munitionslastwagen zu durchdringen. Und die hatte man ihnen geliefert.
    Also schoss Reacher nicht. Drei Wachen – das hätte er riskieren können. Er vermutete, dass er drei gezielte Schüsse in vielleicht drei Sekunden abfeuern konnte. Zu schnell für irgendeine Reaktion. Aber sechs waren zuviel. Dazu standen die Männer zu weit voneinander entfernt. Das erforderte zu viel Bewegung zwischen den Schüssen. Die späteren Ziele würden Zeit zum Reagieren haben. Nicht viel Zeit. Ganz sicher nicht genug, um zu treffen. Das war das Problem.
    Und wenn er den Standort wechselte, würde das auch nichts helfen. Er könnte sich nach Süden vorarbeiten. Er würde vielleicht zwanzig Minuten brauchen, um sich zwischen den Bäumen durchzuschleichen und sie dann aus der
entgegengesetzten Richtung anzugreifen. Aber was dann? Er würde seine Ziele dann über sich haben. Das Gerichtsgebäude würde unmittelbar hinter ihnen sein. Er konnte jeden von ihnen mit einem Kopfschuss erledigen, das war überhaupt kein Problem. Aber er konnte von den Kugeln nicht erwarten, dass sie dann einfach mitten in der Luft anhielten. Er konnte nicht verhindern, dass eines dieser Hochenergie-Kupfermantel-Geschosse hinten aus jenen Schädeln herausplatzte und auf seiner Flugbahn bergauf weiterflog, gerade auf die Wände im ersten Stock des Gerichtsgebäudes zu. Er schüttelte den Kopf und ließ seinen

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