Ausgeliefert: Roman (German Edition)
Informationen. Sie sagen den anderen Wachen, dass einer ihrer Kameraden tot ist.
Also wandelte Garber seinen Plan leicht ab. Er nahm die M-16 des Toten und arbeitete sich weiter nach vorn, als er das eigentlich vorgehabt hatte. Er kam bis auf zwanzig Meter an die Stelle heran, wo die Bäume in größeren Abständen standen. Er sah prüfend nach beiden Seiten, bis er vielleicht zehn Meter vom Waldrand entfernt einen Felsvorsprung entdeckte. An diesem Punkt würde er die Verteidigungslinie des Gegners durchdringen. Er huschte hinter einen Baum und kauerte sich nieder. Zerlegte den Karabiner und vergewisserte sich, dass er in gutem Zustand war. Baute ihn wieder zusammen und wartete.
Harland Webster ließ das Videoband zum vierten Mal zurücklaufen und sah sich das Geschehen erneut an. Die rosa Nebelwolke, die zu Boden gehende Wache, die zweite Wache, wie sie weglief, der ruckartige Zoom der Kamera, bis das Bild
die ganze Lichtung erfasste, die zweite Wache, wie sie lautlos zu Boden ging. Dann eine lange Pause. Dann Reachers verrückter Sprint. Reacher, der Leichen beiseite stieß, Seile durchschnitt und McGrath in Sicherheit schleppte.
»Wir haben uns in dem Mann getäuscht«, sagte Webster.
General Johnson nickte.
»Ich wünschte, Garber wäre noch hier«, sagte er. »Ich muss mich bei ihm entschuldigen.«
»Den Flugzeugen wird der Treibstoff knapp«, sagte der Adjutant in das Schweigen hinein.
Johnson nickte erneut.
»Schicken Sie eines zurück«, sagte er. »Wir brauchen jetzt nicht mehr beide dort oben. Die sollen sich gegenseitig ablösen.«
Der Adjutant rief in Peterson an, und binnen einer halben Minute wurden drei der sechs Bildschirme in dem Fahrzeug schwarz, als das äußere Flugzeug seine Kreisbahn verließ und in südlicher Richtung davonflog. Das innere Flugzeug weitete seinen Radius etwas aus und veränderte den Aufnahmewinkel so, dass jetzt das ganze Gelände erfasst wurde. Die Nahaufnahme der Lichtung schrumpfte auf die Größe eines Vierteldollars zusammen, und das große weiße Gerichtsgebäude tauchte in der rechten unteren Bildschirmecke auf. Drei identische Ansichten auf drei Bildschirmen, einer für jeden von ihnen. Sie beugten sich auf ihren Stühlen vor und starrten auf die Monitore. Das Funkgerät in Websters Tasche fing zu knistern an.
»Webster?«, konnte man Borkens Stimme hören. »Sind Sie da?«
»Ich bin hier«, erwiderte Webster.
»Was ist mit dem Flugzeug?«, wollte Borken wissen. »Nicht mehr interessiert oder was?«
Einen Augenblick lang fragte sich Webster, woher Borken das wusste. Dann erinnerte er sich an die Kondensstreifen. Sie waren wie ein Diagramm hoch oben am Himmel.
»Wer war es?«, fragte er. »Brogan oder Milosevic?«
»Was ist mit dem Flugzeug?«, wiederholte Borken seine Frage.
»Treibstoff geht zu Ende«, erklärte Webster knapp. »Es kommt wieder.«
Eine kurze Pause trat ein. Dann war wieder Borkens Stimme zu hören.
»Okay«, sagte er.
»Also, wer war es?«, fragte Webster erneut. »Brogan oder Milosevic?«
Aber aus dem Funkgerät kam kein Laut mehr. Er knipste es aus und merkte, wie Johnson ihn ansah. Johnsons Gesichtsausdruck sagte: Jetzt hat sich gezeigt, dass der Mann vom Militär in Ordnung war und der vom Büro ein Verräter. Webster zuckte die Schultern. Versuchte so etwas wie Bedauern in die Geste hineinzulegen. Versuchte zum Ausdruck zu bringen: Wir haben beide Fehler gemacht. Aber Johnsons Gesichtsausdruck sagte: Sie hätten das wissen müssen.
»Könnte ein Problem sein, oder?«, sagte der Adjutant. »Brogan und Milosevic? Welcher auch immer von den beiden in Ordnung ist – er hält Reacher immer noch für seinen Feind. Und der andere weiß, dass Reacher sein Feind ist.«
Webster wandte sich ab. Wandte seine Aufmerksamkeit wieder den Fernsehschirmen zu.
Borken steckte das Funkgerät wieder in die Tasche seiner schwarzen Uniform. Trommelte mit den Fingern auf die Richterbank. Sah die Leute an, deren Blicke ihm zugewandt waren.
»Eine Kamera reicht«, sagte er.
»Aber sicher«, nickte Milosevic. »Eine ist ebenso gut wie zwei.«
»Wir können jetzt keine Störung brauchen«, erklärte Borken. »Und deshalb sollten wir Reacher erledigen, ehe wir etwas anderes unternehmen.«
Milosevic blickte nervös in die Runde.
»Sehen Sie mich nicht an«, sagte er. »Ich bleibe hier drinnen. Ich will bloß mein Geld.«
Borken sah ihn an. Dachte immer noch nach.
»Wissen Sie, wie man einen Tiger fängt?«, fragte er. »Oder einen
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