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Ausgeliefert: Roman (German Edition)

Ausgeliefert: Roman (German Edition)

Titel: Ausgeliefert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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jedes Mal nein gesagt, fünf Montage hintereinander. Bei ihren dienstlichen Sachen durfte ich ihr helfen, aber sie wollte nicht, dass ich wegen ihren Reinigungssachen herumlief. Sie ist eine sehr unabhängige Frau.«
    »Aber sie ist zu Fuß dorthin gegangen, stimmt das?«, fragte McGrath.
    »Ja, das stimmt«, nickte Milosevic. »Sie ist immer zu Fuß gegangen. Mit acht oder neun Sachen auf Kleiderbügeln. Also dürfen wir wohl annehmen, dass der Laden ziemlich in der Nähe ist.«
    Brogan nickte. Lächelte. Das war wenigstens ein kleiner Hinweis. Er zog das Branchenbuch zu sich heran und klappte es beim Buchstaben R auf.
    »Welchen Radius wollen wir denn ansetzen?«, fragte er.
    McGrath zuckte die Schultern.
    »Zwanzig Minuten hin, zwanzig Minuten zurück«, sagte er. »Das wäre wohl das Maximum, oder? Ich kann mir nicht vorstellen, wie sie in zwanzig Minuten mit dieser Gehhilfe mehr als eine Viertelmeile schaffen sollte. Also ein Quadrat mit einer Seitenlänge von einer halben Meile und diesem Gebäude in der Mitte. Was liefert uns das?«
    Brogan benutzte den Stadtplan vom AAA Automobil-Club. Er machte mit Daumen und Zeigefinger eine Art Zirkel. Stellte ihn nach der Maßstabsangabe am Rand auf eine halbe Meile ein. Zog ein Quadrat über das Dickicht aus Straßen. Dann wechselte er zwischen der Karte und den Gelben Seiten hin und her. Hakte mit dem Bleistift Namen ab. Zählte.
    »Einundzwanzig Geschäfte«, sagte er.
    McGrath starrte ihn an.
    »Einundzwanzig?«, sagte er. »Sind Sie da auch sicher?«
    Brogan nickte. Schob das Telefonbuch über die polierte Tischplatte.
    »Einundzwanzig«, sagte er. »Anscheinend legen die Leute in dieser Stadt großen Wert auf saubere Kleidung.«
    »Okay«, sagte McGrath. »Einundzwanzig Läden. Auf geht’s, Jungs.«
    Brogan nahm zehn Adressen, Milosevic elf. McGrath gab beiden Vergrößerungen in Farbe von Holly Johnsons Foto aus der Kartei mit. Dann nickte er ihnen zu und wartete in seinem Sessel am Kopfende des Konferenztisches neben den Telefonen, sackte in sich zusammen, starrte ins Leere, rauchte und trommelte mit dem stumpfen Ende seines Bleistifts einen besorgten Rhythmus auf die Tischplatte.
     
    Er hörte die schwachen Geräusche viel früher, als er das erwartet hatte. Zwar hatte er keine Uhr und keine Fenster, aber er war sich trotzdem sicher, dass es noch nicht Morgen war. Bestimmt hatte er noch eine Stunde. Vielleicht zwei. Dann
konnte er jedoch Geräusche hören. Leute, die sich draußen auf der Straße bewegten. Er hielt den Atem an und lauschte. Drei oder vier Leute vielleicht. Wieder ging er im Raum auf und ab, vor Unschlüssigkeit handlungsunfähig. Er sollte mit Fäusten und Füßen auf die neuen Fichtenbretter losgehen. Das wusste er. Aber das tat er nicht. Weil er wusste, dass es hoffnungslos war, und weil er tief im Innersten wusste, dass es besser wäre, leise zu sein. Davon war er inzwischen fest überzeugt. Wenn er still blieb, würden sie ihn vielleicht in Ruhe lassen. Vielleicht würden sie vergessen, dass er da drinnen war.
     
    Es war Milosevic, der den richtigen Laden fand, den siebten von den elf auf seiner Liste. Er öffnete gerade, es war sieben Uhr vierzig morgens. Bloß eine schmale Ladenfassade, aber elegant, ein Geschäft, das es nicht auf die billigen Klamotten der typischen Vorortsbewohner abgesehen hatte. Im Fenster wurden alle möglichen speziellen Prozeduren und Sonderbehandlungen angepriesen. Der Laden wurde von einer Koreanerin geführt. Milosevic zeigte ihr seine FBI-Plakette und legte Hollys Karteifoto vor ihr auf die Theke.
    »Haben Sie diese Frau je gesehen?«, fragte er sie.
    Die Koreanerin sah das Bild höflich und konzentriert an, die Hände hinter dem Rücken verschränkt.
    »Sicher«, sagte sie. »Das ist Miss Johnson, sie kommt jeden Montag rein.«
    Milosevic trat näher an die Theke. Er beugte sich vor und stand jetzt ganz dicht bei der Frau.
    »War sie gestern hier?«
    Die Frau überlegte und nickte dann.
    »Ja, sicher«, sagte sie. »Ich habe Ihnen ja gesagt, dass sie jeden Montag kommt.«
    »Um welche Zeit etwa?«, fragte er.
    »Um die Mittagszeit«, sagte die Frau. »Immer um die Mittagszeit.«
    »Gegen zwölf?«, fragte er. »Halb eins, so etwa?«
    »Sicher«, sagte die Frau. »Immer um die Mittagszeit am Montag.«
    »Okay, gestern«, sagte Milosevic. »Was ist geschehen?«
    Die Frau zuckte die Schultern.
    »Nichts«, sagte sie. »Sie ist hereingekommen, hat ihre Sachen genommen, hat bezahlt und ein paar andere Sachen zum

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