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Ausgeliefert: Roman (German Edition)

Ausgeliefert: Roman (German Edition)

Titel: Ausgeliefert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Boden, die Decke. Er neigte sich etwas zur Seite und sah ins Bad. Nickte dann. Drehte sich zu ihr herum und wartete auf ihren Kommentar. Sie ließ sich Zeit, überlegte, was sie sagen und wie sie das tun sollte.
    »Da ist nur ein Bett«, meinte sie schließlich.
    Sie gab sich Mühe, den Worten mehr Bedeutung zu verleihen, in sie so viel wie in eine lange Rede hineinzulegen. Sie wollte, dass sie klangen wie: Okay, im Lieferwagen waren wir einander nahe. Okay, wir haben uns geküsst. Zweimal. Das erste Mal ist es einfach passiert. Das zweite Mal habe ich Sie dazu aufgefordert, weil ich Zuspruch gesucht habe und Schutz. Aber jetzt sind wir ein oder zwei Stunden getrennt gewesen. Lange genug, dass ich mir wegen dem, was wir getan
haben, ein wenig albern vorkomme. Alles das war sie bemüht in jene fünf Worte hineinzulegen; dabei beobachtete sie seine Augen, lauerte auf seine Reaktion.
    »Es gibt da jemand anders, oder?«, fragte er.
    Sie begriff, dass er das als Witz meinte, als eine lockere Bemerkung, um ihr zu zeigen, dass er ihre Meinung teilte, dass er verstanden hatte, dass er all dem die Peinlichkeit nehmen wollte, ohne dabei zu dick aufzutragen. Aber sie lächelte ihn nicht an, sondern ertappte sich dabei, wie sie nickte.
    »Ja, es gibt jemanden«, sagte sie. »Was soll ich sonst sagen? Wenn nicht, würde ich vielleicht teilen wollen.«
    Sie dachte: Er wirkt enttäuscht.
    »Tatsächlich würde ich das wahrscheinlich«, fügte sie hinzu. »Aber es gibt jemanden, und das tut mir Leid. Es wäre keine gute Idee.«
    Man konnte einiges in seinem Gesicht lesen, und sie fand, dass sie mehr sagen musste.
    »Es tut mir Leid«, wiederholte sie sich. »Es ist nicht so, dass ich nicht gern möchte.«
    Sie beobachtete ihn. Er reagierte bloß mit einem Schulterzucken. Offensichtlich dachte er: Davon geht die Welt nicht unter. Und dann dachte er: Es kommt einem nur so vor. Sie wurde rot. Empfand ein geradezu absurdes Gefühl der Befriedigung. Aber jetzt war es Zeit, das Thema zu wechseln.
    »Was geht hier vor?«, fragte sie. »Hat man Ihnen etwas gesagt?«
    »Wer ist der Glückliche?«, fragte Reacher.
    »Einfach irgendjemand«, erwiderte sie. »Was geht hier vor?«
    Sein Blick war umwölkt. Er sah sie scharf an.
    »Ein glücklicher Jemand«, sagte er.
    »Er weiß es nicht einmal«, sagte sie.
    »Dass Sie verschwunden sind?«, fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Dass ich das so empfinde.«
    Er starrte sie an. Sagte nichts. Schweigen legte sich über den Raum. Dann hörten sie wieder Schritte. Eilige Schritte, draußen vor dem Gebäude, jetzt klappernd im Inneren. Die Treppe heraufkommend.
Sie hielten vor der Tür an. Der Schlüssel schob sich ins Schloss. Die Tür öffnete sich. Sechs Wachen stampften in den Raum. Sechs Maschinenpistolen. Holly trat einen schmerzhaften Schritt zurück, doch man ignorierte sie völlig.
    »Der Kommandant hat jetzt Zeit für Sie, Reacher«, sagte der Mann an der Spitze.
    Er bedeutete ihm, sich umzudrehen. Legte ihm hinter dem Rücken Handschellen an. Zog sie straff. Stieß ihn mit dem Lauf seiner Waffe zur Tür und in den Korridor hinaus. Die Tür knallte zu und wurde wieder abgesperrt.
     
    Fowler zog sich die Kopfhörer herunter und hielt das Tonbandgerät an.
    »Etwas Besonderes?«, fragte ihn der Kommandant.
    »Nein«, sagte Fowler. »Sie hat gesagt, dass es nur ein Bett gäbe, und er wirkte sauer, so als ob er ihr an die Wäsche gewollt hätte. Und da hat sie gesagt, sie hätte einen anderen Boyfriend.«
    »Das wusste ich nicht«, sagte der Kommandant. »Hat sie gesagt, wer das ist?«
    Fowler schüttelte den Kopf.
    »Aber es funktioniert?«, fragte der Kommandant.
    »Wie gewünscht«, sagte Fowler.
     
    Reacher wurde die Treppe hinunter und dann hinaus in die Nacht gestoßen. Den Weg zurück, den er gekommen war, eine Meile über einen steinigen Pfad. Der Mann an der Spitze packte ihn am Ellbogen und zerrte ihn mit. Sie hatten es sichtlich eilig, rannten beinahe. Die Läufe ihrer Maschinenpistolen benutzten sie wie spitze Stöcke, wie Viehtreiber, und legten die Strecke in einer Viertelstunde zurück. Sie hasteten mit knirschenden Schritten über die Lichtung zu der kleinen Holzhütte, stießen Reacher unsanft hinein.
    Loder lag immer noch auf dem Boden. Aber an dem schlichten Schreibtisch saß jetzt jemand anders. Der Kommandant. Das war für Reacher eindeutig. Er war eine außergewöhnliche Gestalt. Vielleicht einen Meter achtzig groß und wahrscheinlich hundertachtzig Kilo schwer.

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