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Ausgeliefert: Roman (German Edition)

Ausgeliefert: Roman (German Edition)

Titel: Ausgeliefert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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geschehen, die die Welt verändern. Pläne werden ausgeführt, und die entsprechenden Operationen sind im Gang. Deshalb muss ich meine natürliche Vorsicht noch ein gutes Stück erhöhen. Mein alter Freund Loder ist einer historischen Macht zum Opfer gefallen. Und Sie, fürchte ich, sind das ebenfalls.«
    Reacher sagte nichts. Er senkte den Blick und sah Loder an. Er war bewusstlos. Sein Atem ging keuchend, und das Blut lief ihm aus der Nase.
    »Sind Sie als Geisel für mich etwas wert?«, fragte Borken.
    Reacher dachte darüber nach. Gab keine Antwort. Borken musterte sein Gesicht und lächelte. Seine roten Lippen öffneten sich über kleinen weißen Zähnen.
    »Ich denke nicht«, sagte er dann. »Was soll ich also mit jemandem machen, der als Geisel für mich wertlos ist? In einem Augenblick großer historischer Spannung?«
    Reacher blieb stumm. Beobachtete bloß. Verlagerte sein Gewicht ganz vorsichtig nach vorn, machte sich bereit.
    »Sie denken wohl, Sie sollen jetzt auch mit Fußtritten traktiert werden?«, fragte Borken.
    Reacher spannte die Beinmuskeln an und war bereit, aufzuspringen.
    »Ganz ruhig«, sagte Borken. »Wenn die Zeit kommt, kriegen Sie eine Kugel durch den Kopf. Von hinten. Ich bin nicht dumm, wissen Sie. Ich habe Augen im Kopf und ein Gehirn. Wie groß sind Sie? Ungefähr eins neunzig? Etwa hundert Kilo? Ganz offensichtlich fit und stark. Und man braucht Sie ja bloß anzusehen, angespannte Schenkelmuskeln, bereit, aufzuspringen. Ganz offensichtlich irgendwie ausgebildet. Aber Sie sind kein Boxer. Weil Ihre Nase nämlich nie gebrochen wurde. Ein Schwergewicht wie Sie, mit einer ungebrochenen Nase, müsste ein phänomenales Talent sein, und da hätten wir ganz sicherlich Ihr Bild in den Zeitungen gesehen. Also sind Sie einfach ein Raufbold, wahrscheinlich beim Militär gewesen, stimmt’s? Also werde ich mit Ihnen vorsichtig sein. Keine Fußtritte, bloß eine Kugel.«
    Die Wachen griffen das Stichwort auf. Sechs Maschinenpistolen senkten sich, richteten sich auf ihn, und sechs Finger legten sich um sechs Abzüge.
    »Haben Sie ein Strafregister?«, fragte Borken.
    Reacher zuckte die Schultern und redete jetzt zum erstenmal.
    »Nein«, sagte er.
    »Anständiger Bürger?«, fragte Borken.
    Reacher zuckte erneut die Schultern.
    »Schätze schon«, erwiderte er.
    Borken nickte.
    »Ich werde also darüber nachdenken«, sagte er. »Ob Leben oder Tod. Ich sage Ihnen Bescheid, gleich morgen früh. Okay?«
    Er hob seinen mächtigen Arm und schnippte mit den Fingern. Fünf von den sechs Wachen bewegten sich. Zwei gingen zur Tür und öffneten sie. Ein dritter ging zwischen den beiden hinaus. Die beiden anderen warteten. Borken stand für einen Mann seines Umfangs überraschend gelenkig auf und kam hinter dem Schreibtisch hervor. Die Bodenbretter ächzten unter
seinem Gewicht. Die vier wartenden Wachen bauten sich hinter ihm auf, und dann ging er, ohne sich noch einmal umzusehen, in die Nacht hinaus.
    Er ging quer über die Lichtung und betrat dort eine andere Hütte. Fowler wartete mit den Kopfhörern in der Hand auf ihn.
    »Ich glaube, dass jemand hineingegangen ist«, sagte er.
    »Sie glauben?«, fragte Borken.
    »Die Dusche lief«, sagte Fowler. »Jemand ist hineingegangen, der über die Mikrophone Bescheid weiß. Sie brauchte doch nicht noch einmal zu duschen, oder? Jemand ist hineingegangen und hat die Dusche eingeschaltet, damit man nicht hören konnte, was geredet wurde.«
    »Wer?«, fragte Borken.
    Fowler schüttelte den Kopf.
    »Ich weiß nicht, wer es war«, sagte er. »Aber ich kann versuchen, das herauszufinden.«
    Borken nickte.
    »Ja, das können Sie«, sagte er. »Sie können versuchen, das herauszufinden.«
     
    In den Unterkunftshütten waren Männer und Frauen im Halbdunkel damit beschäftigt, ihre Karabiner zu reinigen. Das mit Loder hatte sich schnell herumgesprochen. Alle wussten von dem Tribunal. Alle wussten, wie es wahrscheinlich ausgehen würde. Beliebige sechs von ihnen konnten für das Erschießungskommando ausgewählt werden. Falls es ein Erschießungskommando geben würde. Die meisten hielten das für höchst wahrscheinlich. Bei einem Offizier wie Loder konnte es sein, dass der Kommandant sich mit einem Erschießungskommando begnügte. Wahrscheinlich würde es zu nichts Schlimmerem kommen. Also reinigten sie alle ihre Karabiner und stellten sie dann gesichert und geladen neben ihre Betten.
    Diejenigen von ihnen, die über eine genügend große Zahl von Minuspunkten verfügten,

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