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Ausgeliehen

Ausgeliehen

Titel: Ausgeliehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Makkai
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sagen? Ich werde es ihr zeigen, okay?« Dann schnappte Ian das Buch, stellte es ins Regal zurück und ging demonstrativ zum Regal mit den Sachbüchern.
    An diesem Samstag im November kam er mit Sonja, aber ohne das fünfjährige Mädchen, und setzte sich sofort neben der Theke an den Computer – etwas, was er nie machte, auch nicht, um ein Buch zu suchen. Er sagte: »He, Sonja, ich werde online Noahs Mission spielen. Magst du zuschauen?«
    »Deine Mutter hat gesagt: keine Videospiele in der Bibliothek.«
    Ians Stimme wurde so schrill, dass ich wusste, sie musste allem zustimmen, was er sagte, nur damit er aufhörte. Es war eine Stimme wie Pfefferspray. »Das ist das einzige Spiel, das ich immer spielen darf! Und du hast zu Hause gesehen , dass ich es gespielt habe! Es ist das Spiel mit Noah! Du kannst sie fragen! Du kannst es ihr gleich sagen und sie fragen , aber sie wird sauer sein, wenn du sie mitten in ihrem Meeting anrufst, aber du kannst es trotzdem tun!«
    Sonja sagte: »Okay, okay, okay«, und setzte sich auf den Stuhl neben ihm.
    Es war das hirnverbrannteste und langsamste Computerspiel, das ich je gesehen hatte, mit Graphiken aus dem Jahr 1988. Noah musste durch die Gegend hetzen, um von jedem Tier jeweils zwei Exemplare zu ergattern. Er trug sie auf dem Kopf in die Arche. Währenddessen fielen Kokosnüsse auf seinen Kopf, und Adler stürzten sich herab, um ihm seine Beute abzujagen. Ich musste husten, um nicht in lautes Lachen auszubrechen, als Noah starb und vom Bildschirm rutschte, während der Computer sich in einer plötzlichen Molltonart verabschiedete. Normalerweise machte es mich wahnsinnig, wenn Kinder nur zum Spielen kamen, aber dieses Spiel war auf eine perverse Art amüsant, wenn auch nur deshalb, weil es so schrecklich war, und es freute mich insgeheim, als ich feststellte, dass Noah noch weitere neun Leben zur Verfügung stehen würden. Sonja musste es auch gesehen haben, denn nun sagte sie, sie gehe nach oben, um Zeitschriften zu lesen.
    Ian starrte angestrengt auf den Bildschirm, balancierte eine Ziege auf Noahs Kopf, bis Sonja um die Ecke verschwunden war. Dann sprang er auf und rannte zur Theke. »Auftrag ausgeführt! War das nicht großartig? Ich habe sie zu Tode gelangweilt.« Er nahm den leeren Rucksack, den er, wie mir jetzt erst auffiel, die ganze Zeit getragen hatte, vom Rücken und öffnete den Reißverschluss. »Los, füllen wir ihn.«
    Ich fühlte mich wie bei dieser alten Gameshow, in der man drei Minuten hat, um im Supermarkt herumzurennen und alle Produkte zu finden, die auf einer Liste standen. Ich rannte fast einen herumwackelnden Winzling um, nur um Die Zeitfalte zu holen, dann schnappte ich Das Westing-Spiel und Harun und das Meer der Geschichten und Fünf Kinder und Es. Ian folgte mir und hielt mir den offenen Rucksack hin, während ich die Bücher hineinstopfte. Er sah schon ziemlich voll aus, und ich wollte nicht, dass Sonja misstrauisch wurde, konnte aber nicht widerstehen und legte auch noch Die Brautprinzessin hinein. Ich hatte keine Ahnung, wie lange diese Ladung reichen musste. Ian zog den Reißverschluss zu und rannte zurück zum PC . Auf dem Bildschirm stand Noah noch immer stumm da, eine Ziege auf dem Kopf, noch unbehelligt von Kokosnüssen oder Adlern. Ich ging zurück zu meinem Computer, um alle Bücher manuell auf meiner Karte einzutragen. Ich konnte nicht sicher sein, ob Loraine (oder Sarah-Ann oder Irene) seiner Mutter nicht mit Freuden die Liste der ausgeliehenen Bücher geben würden.
    Sonja kam eine Minute später zurück, den neuesten Roman von John Grisham unter dem Arm.
    »Flutet Gott inzwischen die Welt?«
    »Nein, dieses Spiel ist dumm. Komm, gehen wir.«
    »Magst du keine Bücher mitnehmen?«
    »Lesen interessiert mich nicht mehr so.«

    (In einer Bücherei in Missouri, bedeckt mit Wein,
    lebten Bücher um Bücher, es mussten Tausende sein.
    Ein Junge kam pünktlich um halb zehn herein,
    Jeden Samstag, bei Regen oder Sonnenschein.
    Seine Auswahl von Büchern war sehr geheim. )

5
    Wohltätigkeit
    Ich sah Janet Drake eher wieder, als es mir lieb war, obwohl sie mich (Gott sei für die Unsichtbarkeit von Bibliothekarinnen gedankt) nicht wahrnahm. Einmal im Jahr zwangen sich alle Bibliothekarinnen des Landkreises in Stöckelschuhe, versuchten mit Tesafilm die Katzenhaare von ihren Pullovern zu entfernen und malten sich die Lippen mit einem entsetzlich tomatenroten, schon ranzig gewordenen Stift an, und das alles, um Spender im Großraum Hannibal

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