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Ausgelöscht

Ausgelöscht

Titel: Ausgelöscht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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der Trennung?«
    »Klar.«
    Das stellte auch schon das Höchstmaß an Zugang zu Billys Gefühlsleben dar, den Clevenger in letzter Zeit erhielt. »Hatte die Trennung von ihr irgendetwas damit zu tun, dass du weiter auf den Jungen eingedroschen hast, nachdem Donovan den Kampf beendet hatte?«
    Billy zuckte mit den Achseln. »Ich hab ihn nicht gehört.«
    Clevenger sah ihn an.
    »Echt nicht«, sagte er und sah kurz zu Clevenger. »Ich weiß, was du denkst: dass ich meine Frustration über Casey auf Nick übertragen habe. Aber ich habe nicht die Absicht, die Schuld an meinem Verhalten auf irgendeine unbewusste Dynamik zu schieben.« Er wandte sich zu Clevenger um und schenkte ihm sein gewinnendstes Lächeln. »Mit anderen Worten, ich hätte besser hinhören sollen und übernehme die volle Verantwortung. Bist du damit zufrieden, Doc?«
    Billy hatte so eine Art, seine Probleme als einen Witz hinzustellen. Aber Clevenger konnte sie nicht auf die leichte Schulter nehmen. »Wenn du dich noch einmal taub stellst, wenn Donovan was sagt, dann kannst du das Training den Sommer über abschreiben, Freundchen«, sagte Clevenger. »Wenn du den Sport respektierst, gut. Wenn es nur Ausrede für eine Schlägerei ist, dann ist Schluss.«
    »Schon kapiert«, sagte Billy. Er wandte sich wieder ab und starrte durch die Windschutzscheibe. Einen Moment lang herrschte Schweigen. »Geben sie dir den Fall von dem Typen in der Gasse hinter dem Mass General? Inzwischen sagen sie, dass er sich vielleicht doch nicht selbst das Lebenslicht ausgeblasen hat.«
    »Wer sagt das?«
    »Irgendein Reporter im Radio. Ich hab’s zufällig gehört, als ich mich aufgewärmt hab.«
    Clevenger hatte den Versuch aufgegeben, Billy von seiner forensischen Arbeit fern zu halten. Er fand nicht, dass es besonders heilsam für ihn war, sich mit Gewalt zu beschäftigen, aber er fand ebenso wenig, dass es besonders heilsam für Billy wäre, mit einem Vater aufzuwachsen, der ein Geheimnis aus seinem Beruf macht. Und vielleicht würde Billy, wenn er Clevenger mit der Polizei zusammenarbeiten sah, geneigter sein, das Gesetz zu achten. »Die Bostoner Polizei hat mich heute angeheuert. Ich soll ihnen helfen, herauszufinden, ob Snow Selbstmord begangen hat oder nicht.«
    »Irre«, begeisterte sich Billy. »Was ist deine Meinung?«
    »Es ist noch zu früh, um eine Meinung zu haben.«
    Billy nickte nachdenklich. »Den Typ wollten sie doch am Gehirn operieren, stimmt’s?«
    »Stimmt.«
    »Hätte er dabei sterben können?«
    »Die Möglichkeit besteht bei einem neurochirurgischen Eingriff immer.«
    »Dann hat er sich auf keinen Fall selbst kaltgemacht.«
    Clevenger warf einen Blick zu ihm. »Warum nicht?«
    »Weil, wie es so schön heißt, Freiheit bedeutet, dass man nichts mehr zu verlieren hat. Umbringen kannst du dich
immer
, Mann. Wenn du denkst, dass du vielleicht sowieso den Löffel abgibst, warum es dann nicht drauf ankommen lassen? Vielleicht wachst du ja nicht wieder auf. Oder vielleicht wachst du auf und fühlst dich besser – wie ein neuer Mensch.« Er stockte kurz. »Das hab ich mir früher immer gewünscht. Du nicht?«
    »Als neuer Mensch aufzuwachen oder überhaupt nicht wieder aufzuwachen?«
    »Beides. Entweder, oder. Wie immer es sich ergab.«
    Clevenger sah Billy an, der zum ersten Mal, seit er in den Wagen eingestiegen war, wirklichen Blickkontakt mit ihm aufnahm. Er hatte so eine Art, einem ganz unvermittelt sehr nah zu kommen. Es war ein großartiges Gefühl, wenn es passierte, aber es passierte nicht oft, und es schien nie lange anzudauern. »Ja«, gestand er. »Beides.«
    »Und hast du mir nicht mal erzählt, dass sich Depressive am Morgen am beschissensten fühlen?«, fragte er.
    »Viele von ihnen.«
    »Das ist, weil sie aufstehen und noch immer genau derselbe Mensch sind, der sie am Abend zuvor waren. Aber dieser Typ wollte sich am
Gehirn
herumschnippeln lassen. Alles Mögliche hätte passieren können.«
    Was Billy sagte, besaß bestechende Schlichtheit und ebenso bestechende Logik. Snow wollte sich befreien, sein Leben hinter sich lassen und einen Neuanfang machen. Wo Selbstmord eine Möglichkeit war, die ihm immer offen stand, hätte er da nicht wenigstens abgewartet, um zu sehen, wie die Operation ausging? Wäre die Vorstellung, sich neu zu erschaffen, nicht gerade für ihn als Erfinder berauschend gewesen? »Das ist eine sehr interessante Sichtweise«, sagte Clevenger. »Du könntest Recht haben.« Sein Bauchgefühl sagte ihm, dass er das Thema

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