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Ausgelöscht

Ausgelöscht

Titel: Ausgelöscht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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selbst umgebracht. Doch es gab noch andere Möglichkeiten. Er wollte mit eigenen Augen sehen, wo Grace gestorben war, wollte sich einen Eindruck von dem Ort verschaffen, wollte sehen, ob es Anzeichen für einen Kampf gab.
    »Übrigens: Sie haben auf dem Nachttisch auch einen Zettel mit deinem Namen und deiner Telefonnummer gefunden, sowie mit dem Termin für morgen. Ich schätze, der Ehemann weiß, dass sie heute bei dir gewesen ist. Er sucht nach einem Sündenbock.«
    »Nach mir wird er nicht lange suchen müssen. Ich bin in einer Viertelstunde in der Beacon Street.«
    »Bis gleich dann.«
    Clevenger hinterließ eine Nachricht für Billy, dann fuhr er los. Er wusste, dass Psychiater manchmal Patienten verlieren, wie andere Ärzte auch, wusste, dass manche psychiatrischen Erkrankungen tödlich sind. Und er wusste, dass er alles zu hören bekommen hatte, was er dem Gesetz nach von Grace Baxter hören musste – ihr Versprechen, weder sich selbst noch anderen etwas anzutun. Doch in seinem Kopf spielte er immer wieder die knapp vierzig Minuten durch, die sie zusammen verbracht hatten, kehrte immer wieder zu dem Moment zurück, als er sie gefragt hatte, ob sie die Absicht habe, ihrem Mann ein Leid zuzufügen. Warum hatte er nicht die wirkliche Gefahr erkannt – dass sie sich selbst umbringen würde? Warum hatte ihn sein Instinkt nicht vor diesem Risiko gewarnt?
    Er fand eine Parklücke in der Beacon Street und joggte die drei Blocks bis Nummer 214, einem imposanten Patrizierhaus aus zweihundert Jahre altem Backstein, mit breiten Granitstufen, die zu einer glänzend scharlachroten Tür führten, die von zwei schwarzen schmiedeeisernen Laternen flankiert wurde. Zwei Polizisten standen vor dem Aufgang. Drei Streifenwagen und North Andersons schwarzer Porsche Carrera parkten davor.
    Die Polizisten erkannten Clevenger und traten beiseite.
    Noch während er die Stufen hinaufging, öffnete sich die Haustür. Anderson kam heraus und schloss die Tür hinter sich.
    Clevenger sah die Beacon Street hinunter. »An diese Möglichkeit hatte ich nicht gedacht.«
    »Wenn du nicht daran gedacht hast, hätte jemand anders schon gar nicht daran denken können.«
    Clevenger sah ihn an. »Da bin ich mir nicht so sicher.«
    Diesmal war es Anderson, der den Blick abwandte. »Den Ehemann hat das Ganze mehr mitgenommen, als Coady hat durchblicken lassen. Vielleicht ist es besser, wir warten, bis sie im Leichenschauhaus ist. Du kannst alles Nötige von Wolfe erfahren.«
    Clevenger schüttelte den Kopf. »Wo ist sie?«
    »Es reicht doch, wenn ich mir das hier ansehe.«
    Clevenger wollte sich an ihm vorbeidrängen.
    Anderson hielt ihn am Arm zurück. »Oben, im Schlafzimmer. Coady ist auch dort. Ihr Mann ist im Wohnzimmer, rechts von der Diele.«
    Clevenger öffnete die Tür und ging ins Haus.
    George Reese, Grace Baxters Ehemann, erhob sich aus einem burgunderfarbenen ledernen Ohrensessel, legte den Kopf zur Seite und starrte Clevenger mit gewittergrauen blutunterlaufenen Augen an. Er war schlank, etwa einsachtzig groß und sah jünger aus als seine zweiundfünfzig Jahre. Sein weißes Smokinghemd war blutgetränkt. Die pechschwarzen, mit Haaröl zurückgekämmten Haare fielen ihm in die Stirn.
    Clevenger ging auf ihn zu. Seine Handflächen und eine seiner Wangen waren ebenfalls blutverschmiert. »Mein Beileid …«, setzte er an.
    Rote Flecken leuchteten an Reeses Hals. »Sie haben vielleicht Nerven, in mein Haus zu kommen«, entgegnete der und hatte dabei sichtlich Mühe, nicht zu schreien.
    Anderson baute sich neben Clevenger auf.
    Reese blitzte Clevenger wütend an. »Sie hat mir erzählt, dass sie Sie heute fünfmal angerufen hat. Und Sie haben nicht zurückgerufen. Was war Ihnen wichtiger als das Leben meiner Frau?«
    Reeses Atem roch nach Alkohol. Clevenger ließ den Blick durch das Wohnzimmer schweifen und sah eine offene Flasche Scotch auf dem Couchtisch. »Sie hat angerufen, um sich einen Termin geben zu lassen«, sagte Clevenger. »Sie hat einen für morgen um acht Uhr früh bekommen.« Er war sich bewusst, dass das keine sonderlich überzeugende Antwort war.
    »Sie hat es nicht bis morgen früh geschafft«, wütete Reese.
    »Ich wünschte, ich hätte mehr tun können«, sagte Clevenger.
    Reese machte einen Schritt auf ihn zu. Anderson machte Anstalten, dazwischen zu gehen, doch Clevenger gab ihm ein Zeichen, sich herauszuhalten.
    »Fünf Anrufe«, sagte Reese. »Rufen viele Ihrer Patienten Sie ein halbes Dutzend Mal binnen weniger

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