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Ausgelöscht

Ausgelöscht

Titel: Ausgelöscht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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augenscheinlich von einer Vitamintablette stammt – irgendwas namens Materna.«
    Clevenger sank der Mut. »Das ist ein Schwangerschaftsvitamin«, sagte er leise.
    Coady antwortete nicht gleich. »Die Ultraschalluntersuchung zeigt, dass sie, ähm … Sie war im dritten Monat schwanger. Vielleicht etwas mehr.«
    »Im dritten Monat«, wiederholte Clevenger.
    »Also, nun ja, ich weiß nicht, vielleicht ist ja doch was dran an dem, was Sie gesagt haben. Ich bin kein Psychiater, aber ich glaube einfach nicht, dass eine Frau eine von diesen Tabletten schluckt, bevor sie sich umbringt. Und ich kenne die Statistiken nicht, aber ich würde nicht denken, dass überhaupt allzu viele Schwangere Selbstmord begehen.«
    »Nein. Nein, tun sie nicht.«
    »Weil sie sich auf die Geburt freuen und so. Stimmt’s? Es geht nicht mehr allein um ihr Leben.«
    Clevenger glaubte, Coadys Stimme zum Ende des Satzes hin brechen zu hören. Er wollte ihm Gelegenheit geben zu sagen, was er fühlte. »Ich glaube nicht, dass ich mich je an diese Arbeit gewöhnen werde«, sagte er.
    Coady machte keinen Gebrauch von dem Angebot. »Anderseits gibt es einen Abschiedsbrief.«
    »Ich würde gern eine Kopie davon haben.«
    »Ich besorge Ihnen eine.« Er räusperte sich. »Ich habe keine handfesten Beweise, die George Reese mit dem Tod seiner Frau in Verbindung bringen«, erklärte er. »Und ich halte es noch immer für ziemlich weit hergeholt, ihm gleich einen Doppelmord innerhalb von zwölf Stunden zur Last zu legen. Das wäre ein unglaublich dummer Plan, und er ist kein Dummkopf. Für mich war Snow weiterhin allein in jener Gasse.«
    Clevenger wollte jetzt nicht darüber streiten. »George Reese ist nicht der Einzige, der über die Affäre erzürnt gewesen sein könnte«, gab er zu bedenken. »Ich habe noch mit niemandem von Snows Familie gesprochen.«
    »Wann werden Sie das machen?«
    »Wenn es nach mir geht, morgen.«
    »Ich werde es arrangieren. Reese kann ich jederzeit zur Befragung herholen. Aber je mehr wir aus anderen Quellen über die Beziehung seiner Frau mit John Snow erfahren, desto besser.«
    »Klingt, als wären wir da auf der gleichen Wellenlänge«, bemerkte Clevenger.
    Coady nahm auch dieses Versöhnungsangebot nicht an. »Eine Sache noch«, sagte er. »Nachdem Sie gegangen waren, hat Reese eine Drohung ausgesprochen.«
    »Was für eine Drohung?«
    »Er hat gesagt, dass Sie derjenige sein sollten, den man ins Leichenschauhaus bringt, nicht seine Frau.«
    »Danke für die Warnung.«
    »Ich kann Ihnen auf Grundlage dieser Drohung Polizeischutz anbieten«, sagte Coady. »Er ist ein Mann, der über Mittel und Wege verfügt.«
    »Nein, vielen Dank«, erwiderte Clevenger.
    »Ich hatte auch nicht erwartet, dass Sie mein Angebot annehmen.« Er verstummte kurz gedankenverloren. »Mit drei, dreieinhalb Monaten kann man ein Baby nicht retten, stimmt’s? Selbst mit vier nicht.«
    Clevenger schloss die Augen. Er begriff, dass Coady sich fragte, ob er Graces Baby hätte retten können. Es war ein irrationaler Gedanke – er hatte zu dem Zeitpunkt noch nicht einmal gewusst, dass sie schwanger war –, aber es waren gerade die irrationalen Gedanken, die die Macht hatten, einem Löcher in die Seele zu brennen. »Nein«, versicherte Clevenger. »Das Baby hätte nicht überleben können.« Er wusste, dass Coady etwas noch Nachdrücklicheres brauchen würde als Rüstzeug, wenn die Zweifel tief in der Nacht zurückkehrten – vielleicht nicht in dieser Nacht, vielleicht in sechs Wochen oder sechs Jahren. »Keine Chance«, erklärte er. »Absolut null.«
    »Natürlich nicht«, sagte Coady, und es schwang Erleichterung in seiner Stimme mit. Er räusperte sich. »Wir reden morgen weiter.«

8

    13. Januar 2005
    Clevenger erhielt kurz nach 7 Uhr früh einen Anruf von Mike Coady, der ihm mitteilte, dass er um 10 Uhr einen Termin mit der Snow-Familie bei ihnen zu Hause in der Brattle Street, in Cambridge, habe. Bevor er sich auf den Weg dorthin machte, legte Clevenger einen Zwischenstopp am Polizeipräsidium ein und holte den Umschlag ab, den Coady für ihn hinterlegt hatte. Darin waren eine Kopie von Snows Tagebuch sowie fünf Floppydisks mit den Dateien, die auf Snows Laptop gefunden worden waren.
    Er erreichte den Harvard Square um 9 Uhr 35 und parkte in der Massachusetts Avenue, eine halbe Meile von Snows Haus entfernt. Er öffnete den Umschlag und holte die gut hundert Seiten heraus. Das Erste, was ihm ins Auge fiel, war die Überschrift auf der ersten Seite:

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