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Ausgeloescht

Ausgeloescht

Titel: Ausgeloescht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyen
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schließen Sie keine Tür, die Sie später vielleicht wieder öffnen müssen, okay?«
    »Ja«, sagt er. »Danke.« Er hebt den Blick, und ich sehe Dankbarkeit in seinen Augen. Doch wer kann sagen, ob sie aufrichtig ist oder nur Berechnung?
    »Keine Ursache. Reden wir über diesen Mann, diesen Dali. Sind Sie dazu bereit?«
    »Wieso nicht? Seinetwegen bin ich hier.« »Genau«, sage ich. »Sie schulden ihm gar nichts.«
    Diese Vorstellung scheint ihm Mut zu machen. Er setzt sich gerade hin und nickt. »Ja. Scheiß auf ihn. Was wollen Sie wissen?«
    »Als Sie miteinander gesprochen haben, hat er da je gesagt, was sein Name bedeutet?« »Dali?« »Ja.«
    »Danach habe ich ihn nie gefragt. Er war nicht der Mann, dem man viele Fragen stellt.«
    »Was können Sie mir über ihn sagen?«
    Hollister runzelt nachdenklich die Stirn. »Er war sehr vorsichtig mit Details. Ich bin ihm nie persönlich begegnet, habe nur über Handy und E-Mail Kontakt zu ihm gehabt. Die Nummer und die Adressen hat er regelmäßig geändert. Der Kontakt ging immer von ihm aus. Ich selbst hatte keine Möglichkeit, ihn zu erreichen.«
    »Was ist mit seiner Stimme? War daran etwas Auffälliges? War sie hoch, tief, rau, glatt?«
    »Tut mir leid. Er hat so einen Sprachverzerrer benutzt. Dadurch klang er wie ein Roboter.«
    Ich beiße mir auf die Lippe. »Wie lange hatten Sie schon auf dieser Website gepostet und gechattet, ehe er sich zum ersten Mal mit Ihnen in Verbindung gesetzt hat?«
    »Auf Beamanagain.com?« »Ja.«
    Er überlegt. »Nicht lange. Anderthalb Wochen vielleicht. Ja, so ungefähr.« »Was haben Sie denn geschrieben, bevor er Sie kontaktiert hat?« Hollister taxiert mich. Ich sehe, wie seine Gerissenheit zurückkehrt. »Wieso?« »Ich versuche nur, ein vollständiges Bild zu bekommen.«
    Ein leises, höhnisches Lächeln huscht über seine Lippen. Der niedergeschlagene Hollister war mir lieber als der Mann, den ich nun zurückkehren sehe. Manchmal verrutscht die Maske eben ein wenig. »Bevor er mich kontaktiert hat, hatte ich sinngemäß geschrieben: >Ich wollte, ich hätte den Mumm, meine Alte einfach verschwinden zu lassen.<«
    »Das haben Sie offen gesagt?«
    »Klar. Ich war ja nur einer von vielen Typen, die ihrer Wut Luft gemacht haben. Ich hatte nicht den Eindruck, dass ich dabei irgendwas riskiere.« »Und dann hat er Sie zum Privatchat aufgefordert?« »Richtig.«
    Das ergibt Sinn. Wozu wie die Katze um den heißen Brei herumschleichen? Wenn man mit Entführung, Folter und Mord handelt, muss man aggressiv vorgehen: Dali hält nach Anzeichen einer Wut Ausschau, die über bloße Unzufriedenheit hinausgeht, und dann spricht er es unverhohlen an. Aber ich gehe jede Wette ein, dass er in den meisten Fällen abgewiesen wird. Es ist eine Sache, zu seiner Frau zu sagen: »Ich wollte, du wärst tot«, doch es ist etwas völlig anderes, ihr mit einer Axt den Schädel zu spalten und ihre Leiche in einem See zu versenken. Für den Uneingeweihten bedeutet dieser Schritt vielleicht nur einen Katzensprung, aber in Wirklichkeit ist er so weit wie der Abstand von hier zur Sonne.
    »Und was ist dann passiert?«
    »Genau das, was ich gesagt habe, als der Schwarze mich vernommen hat. Dali sagte mir, er könnte mein Problem verschwinden lassen. Er lieferte einen Beweis und drohte mir, Avery und Dylan zu töten, wenn ich auch nur ein Wort ausplauderte.«
    »Warum haben Sie eingewilligt? Was hat Sie dazu bewogen?« Ich stelle die Frage, ohne wirklich darüber nachzudenken. Sie rührt von dem verbreiteten Bedürfnis her, das tief aus dem Bauch kommt: dem Wunsch, das Warum zu verstehen. Wir müssen es kennen, dann schlafen wir nachts besser. Doch allzu oft gibt es kein Warum, weil einfach nur Wahnsinn dahintersteckt.
    Hollister scheint selbst das Bedürfnis zu haben, es zu begreifen, oder vielleicht auch, es mir begreiflich zu machen. Er lehnt sich zurück und denkt über meine Frage nach. Stille senkt sich über den Verhörraum. Ich beobachte Hollister, wie er sich bemüht, seinen eigenen Gedankengang zu entwirren.
    »Ich habe einfach keinen anderen Ausweg gesehen«, sagt er schließlich. »Bei einer Scheidung hätte sie mein Haus und meine Söhne und für Gott weiß wie lange die Hälfte meines Geldes erhalten. Ich aber wollte das Glück, das ich verdient hatte, für mich haben.« Er tippt sich auf die Brust. Seine Miene ist verletzt, bestürzt, bockig. »Ich habe es schließlich verdient, glücklich zu sein!«
    Ich glaube, seinesgleichen verabscheue ich

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