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Ausgeloescht

Ausgeloescht

Titel: Ausgeloescht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyen
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bemerkt es und kommt hinter der Theke hervor. Er geht zu Bonnie, baut sich vor ihr auf und blickt auf sie hinunter. Jazz ist kein großer Mann, aber er ist die personifizierte Einschüchterung. Eine stille Kälte umgibt ihn. Bonnie ist sichtlich eingeschüchtert, als sie in seine toten Fischaugen blickt.
    »Mach das noch einmal, und du bekommst eine Menge Ärger«, sagt er. »Kapiert?«
    Sie schluckt heftig. »Ja«, bringt sie hervor.
    »Ja, was?«, fragt er.
    »Ja, Sir.«
    Jazz nickt. »Gut.« Er schlendert hinter die Theke zurück. »Jetzt geht in den Schießstand und lasst mich in Ruhe.«
    Bonnie und ich setzen die Schutzbrillen auf und gehen zur Doppeltür, die zur Schießhalle führt.
    »Setz die Ohrenschützer auf«, sage ich, ehe ich die erste Tür öffne.
    »Der Typ ist gruselig.« Sie wirft einen Blick auf Jazz, der irgendetwas auf einen Stapel Quittungen schreibt. »Er hat Menschen getötet, nicht wahr? Das merkt man ihm an.« Sie setzt die Ohrenschützer auf und schaut mich an, ehe mir eine Erwiderung einfällt. »Können wir jetzt schießen gehen?« In der Dunkelheit, die in Los Angeles nie wirklich echt ist, fahren wir nach Hause. Für echte Dunkelheit gibt es zu viel Streulicht von den vielen Megawatt, mit denen die Stadt um sich wirft. Die Dunkelheit existiert hier in kleinen Inseln aus Schwärze, in denen sich die Monster verstecken und wo alles Schlimme geschieht. Frauen werden an Stellen vergewaltigt, die das Licht der Straßenlaternen nicht erreicht; ihre Leichen werden in den tiefen Schatten der Bäume zurückgelassen, und nur ein nackter Fuß ragt hervor, vielleicht vom Mondlicht versilbert.
    Bonnie ist kein Naturtalent, aber sie hat sich wacker geschlagen. Zuerst war sie überrascht, wie laut das Schussgeräusch einer Pistole ist, aber das ist bei den meisten Anfängern so. Sie riss die Augen auf und hätte die Waffe beinahe fallen lassen. Hundert Schuss später hatte sie sich eingewöhnt. Ihre Finger sind noch nicht kräftig genug, um ein Magazin zu laden, aber das kommt mit der Zeit. Ihre Treffergenauigkeit war ganz ordentlich.
    Sie bat mich, auch einmal zu schießen, bevor wir gingen. Ich hatte meine Glock dabei und nahm sie aus dem Koffer. Bonnie beobachtete, wie die Zielscheibe ans Ende der Schießbahn fuhr, und fragte mich verwundert: »Kannst du auf so große Entfernung treffen?«
    »Ja. Pass auf.«
    Ich stellte mich auf, das Gesicht zur Zielscheibe. Die Finger meiner Rechten tanzten, machten sich bereit. Dann zog ich die Waffe und feuerte im Schnellfeuer.
    »Ein Schuss pro Sekunde im Schießstand, bitte«, sagte Jazz über den Lautsprecher.
    Ich zwinkerte Bonnie zu und grinste. Dann drückte ich den Knopf, der die Zielscheibe nach vorn holte, und war zufrieden, wie dicht die Einschüsse zusammenlagen.
    »Wow!«, rief Bonnie mit großen Augen. »Glaubst du, ich werde jemals so gut?« »Möglich. Aber dann musst du sehr viel üben.«
    Nun sagt Bonnie zu mir: »Danke, dass du mich mitgenommen hast, wo du gerade so viel zu tun hast.«
    »Wenn ich Zeit habe, gehört sie immer dir. Auch wenn das Baby kommt.« »Da mache ich mir keine Sorgen.«
    »Du darfst nie glauben, dass du nur zweite Geige spielst, Bonnie, hörst du?« »Ich freue mich auf das Baby. Ich wollte immer einen kleinen Bruder oder eine kleine Schwester.«
    »Was wäre dir denn lieber?«
    »Ein Bruder«, antwortet sie, ohne zu zögern.
    »Mir auch.« Ich lache. »Ich weiß selbst nicht, warum.«
    »Weil kleine Jungen süß sind.«
    »Hoffen wir's.«
    Sie zupft an der Unterlippe und denkt nach. »Jetzt werden wir eine richtige Familie, oder? Du und Tommy seid verheiratet, und ein Baby ist unterwegs. Wow.«
    Allerdings - wow. Ich halte es für an der Zeit, ihr meine andere Überraschung zu präsentieren. »Tommy hat mich gebeten, dich etwas zu fragen.«
    »Was denn?«
    »Er möchte dich gerne formell adoptieren, nach Recht und Gesetz. Er denkt schon länger darüber nach, aber zuerst mussten wir heiraten.« Sie blickt mich an, blinzelt. »Er will mein Vater sein?« »Ja. Aber nur, wenn es dir recht ist.«
    »Wenn es mir recht ist? Macht er Witze? Das wäre fantastisch! Ich hatte nie einen Dad.«
     
    Bonnies Vater war ein Versager, der Annie im Stich gelassen hatte. Er kam bei einem Autounfall ums Leben.
    »Dann sag es Tommy, wenn wir nach Hause kommen. Das wird ihn sehr glücklich machen.«
    »Meinst du wirklich?«
    Ich strecke die Hand aus und streichle ihr über die Wange. »Na klar.«
     

Kapitel 26
    »Ich habe ein Programm

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