Ausgeloescht
voller Zärtlichkeit. »Das ist eine wundervolle Neuigkeit.«
Tommy, der Mann der wenigen Worte. Manchmal ist kürzer nicht nur einfach besser. Manchmal ist es das Beste überhaupt. »Hör mir gut zu, Schatz«, sage ich zu Bonnie. »Was ich jetzt sage, ist wichtig.«
»Okay.«
»Als Erstes musst du eines wissen: Sobald du mir nicht mehr richtig zuhörst, sobald du die Ohren auf Automatik stellst oder dich aufführst, als wüsstest du schon alles, packen wir zusammen und fahren. Hast du verstanden?«
»Ja.«
Bonnie und ich sind am Schießstand, wie ich es ihr versprochen hatte. Raymond der Bestatter, Kirbys Freund, sitzt draußen auf dem Parkplatz, wacht und wartet. Mich erinnert er an einen Frosch. Er hockt da, still und harmlos, bis eine Fliege vorbeisummt, und im nächsten Augenblick ist die Fliege in seinem Maul, und die stille Harmlosigkeit geht weiter.
Wir sind über unsere Tränen und unsere Freude hinausgekommen. Nun ja, über die Freude vielleicht nicht, aber wenigstens über den Freudentaumel. Tommy ist zu Hause geblieben und sucht im Internet nach Büchern über Schwangerschaft. Ich habe überlegt, ihn davon abzubringen, ließ es aber bleiben, weil es mir im Grunde gefällt. Diesmal wird es nicht der Spaziergang wie damals, als ich noch Mitte zwanzig war. Der Gedanke, dass Tommy sich in das Thema einliest, macht mir Mut.
Bonnie und ich hatten bereits verabredet, dass wir am Abend zum Schießstand fahren, und ich wollte, dass es dabei bleibt. An diesem Schießstand im Valley übe ich, solange ich zurückdenken kann. Sein Besitzer, Jazz, war früher Scharfschütze beim Marine Corps. Er muss mir zwar nicht erlauben, Bonnie mit hierherzubringen, aber er hat keine Einwände gemacht. Ich nehme an, er hält es für richtig, dass sie mal eine Waffe in die Hände bekommt.
Bonnie hat für ihr Alter kräftige Hände. Deshalb habe ich beschlossen, mit einer Neunmillimeter anzufangen. Jazz vermietet Waffen an seinem Schießstand, und ich entscheide mich für die SIG Sauer P226, die ich immer als leicht und bequem empfunden habe, und es ist eine präzise Waffe. Ich ziehe die Glock vor, aber hauptsächlich deshalb, weil diese Waffe mir so vertraut ist - eine Weggefährtin, sozusagen. Jazz hat uns ein Zehnschussmagazin gegeben, einhundert Patronen, mehrere Papierzielscheiben und unsere Schutzbrillen sowie Ohrenschützer.
»Die Ohrenschützer legen wir an, ehe wir den Schießstand betreten«, sage ich. »Solange wir im Schießstand sind, nehmen wir sie keine Sekunde ab, sonst kann man taub werden. Auch die Schutzbrille lässt du auf, solange du im Stand bist, okay?«
Bonnie nickt. Ich nehme die Pistole in die Hand.
»Das ist eine Double-Action-Waffe. Das heißt, du brauchst sie nicht zu spannen, ehe du schießt. Du brauchst nur den Abzug zu drücken. Deshalb darfst du die Waffe, sobald sie geladen ist, nur in die Schießbahn richten. Hast du verstanden?«
»Ja.«
»Du musst das Magazin rausnehmen und die Waffe jedes Mal ablegen, wenn du mit dem Schießen fertig bist.«
»Wie setze ich das Magazin ein, und wie nehme ich es raus?«
Ich bitte Jazz um Erlaubnis, indem ich ihn ansehe und die Brauen hochziehe. Eigentlich gilt die unumstößliche Regel, dass man niemals den Schießstand mit einem Magazin in der Waffe verlässt. Ich habe einmal miterlebt, wie jemand diese Regel vergessen hat, und gesehen, wie Jazz eine .357 auf ihn richtete und ihn aufforderte, sich auf den Boden zu legen. Niemand wurde dabei angeschossen, aber es hat einen nachhaltigen Eindruck auf mich gemacht.
»Nur zu«, sagt er nun und beobachtet alles mit passivem Interesse.
Ich zeige Bonnie, wie es geht, indem ich das leere Magazin in den Griff schiebe und es dann wieder herausgleiten lasse.
»Und jetzt du«, fordere ich sie auf.
Sie braucht einen Augenblick, weil sie es langsam macht und sorgfältig auf jeden Handgriff achtet.
»Gut. Jetzt nimmst du den Daumen und drückst den Verschlussfanghebel. Hier«, sage ich und zeige ihn ihr.
Sie gehorcht, und der Verschluss schnellt in die verriegelte Stellung vor. »So?«
»Genau. Wenn das Magazin voll wäre, dann wäre deine Pistole jetzt durchgeladen und schussbereit.«
Bonnie drückt den Abzug. Ich höre das Klicken, mit dem der Schlaghebel auftrifft, und entreiße ihr die Pistole.
»Du feuerst niemals eine Waffe außerhalb des Schießstands ab, ob sie geladen ist oder nicht!«, fahre ich sie an.
Sie ist erstaunt über meinen Zorn, aber nicht so zerknirscht, wie ich es mir wünsche. Jazz
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