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Ausgeloescht

Ausgeloescht

Titel: Ausgeloescht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyen
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sich genommen schon eigenartig, aber besonders erstaunlich ist, dass die anderen Chatter dabei still bleiben. Es gibt keine Zwischenrufe, niemand schneidet dem anderen das Wort ab.«
    Ich schau auf den Bildschirm. Es dauert einen Augenblick, aber ich sehe, wovon er redet. Im Augenblick predigt jemand, der sich KingEnergyl2 nennt.
    Männerhass wird nicht nur psychologisch legitimiert. Er wird zum Gesetz gemacht. Ursprünglich lag den Gesetzen zum Schutz der Frauen, wie schon gesagt wurde, die Absicht zugrunde, den Frauen mehr Rechte zuzubilligen, und nicht, den Männern Rechte zu nehmen. Doch in der Praxis ist es genau dazu gekommen. Wir haben eine Gesellschaft geschaffen, der Glaubensvorstellungen über Männer eingeprägt wurden, die eine Sammlung falscher Behauptungen sind. Beispiele dafür sieht man jeden Tag. Ihr braucht nur den Fernseher einzuschalten. Was für Männer seht ihr da? Schauen wir mal. Da gibt es den dummen Daddy, einen freundlichen Trottel mit besten Absichten, dem leider ein paar Hirnzellen fehlen. Vor den Folgen seiner Dummheit bewahrt ihn seine klügere Frau, die endlose Geduld mit seinen genetisch vorprogrammierten Defiziten an den Tag legt. Dann gibt es den Machomann: Er guckt nur Sportsendungen, furzt und lacht darüber, und sein Leben besteht darin, die Fernbedienung zu umklammern und die Bierchen wegzukippen, Baby! Er hat schon früh alle Methoden gelernt, um Stripper-Glitzer von der Kleidung zu bekommen, und lebt nach der Regel »hinsehen erlaubt, anfassen verboten«, oder »anfassen beim Lapdance erlaubt, ficken verboten«. Seine (auch hier) klügere Frau erträgt ihren Neandertaler, weil sie bei der Heirat schon wusste, was sie bekommt, und außerdem bringt er's im Bett. Andere Glanzlichter schließen den Frauenverprügler ein (guckt jemand Lifetime Movie?) und den Pädophilen.
    Wir werden überschwemmt von Geschichten über den unfähigen Dad, den Ehemann, der seine Frau vergewaltigt, den Stiefvater, der seine Stiefkinder sexuell missbraucht. Frauen hingegen werden überall gefeiert. Die Frau als Boss, die eine Fotze auf Stöckelschuhen ist, wird mit der Behauptung verteidigt, eine anspruchsvolle Frau mit Antrieb werde ein Miststück genannt, während man einen anspruchsvollen Mann mit Antrieb als Beispiel in den Himmel hebe. Na, tut mir leid, meine Damen, aber ein Mistkerl bleibt ein Mistkerl, und ein Miststück bleibt ein Miststück. Niemand mag es, mies behandelt zu werden, und das Geschlecht spielt dabei keine Rolle.
    Ein paar Sekunden vergehen, ohne dass er weiterschreibt.
    »Ich glaube, er ist fertig«, sagte Leo. »Ich werde etwas schreiben.«
    »Überstürz es nicht«, rät Alan.
    Hallo, beginnt Leo. Bin neu hier. Ich habe noch nicht wirklich viel zu sagen, aber ich musste mich kurz melden. Ich lese viel auf dieser Seite und habe diesen Chat beobachtet. Es ist ein merkwürdiges Gefühl. Ich fühle mich einerseits befreit, andererseits schuldig. Trotzdem bin ich froh, hier zu sein. Mehr wollte ich gar nicht sagen.
    Willkommen, Bruder, antwortet KingEnergyi2. Dein Schuldgefühl ist dir anerzogen worden. Männern wird eingetrichtert, sich schlecht zu fühlen, wenn sie sich ihrer Männlichkeit versichern. Wenn wir es tun, werden wir verhöhnt, man nennt uns altmodisch oder Frauenfeinde. Ein Mann, der seine Männlichkeit beansprucht, gilt von vornherein als unfähig für den aufrechten Gang. Aber das ist alles Blendwerk, Bruder. Konditionierung, nicht mehr und nicht weniger, und das lässt mit der Zeit nach.
    Ich will es hoffen, schreibt Leo. Ich könnte es gut gebrauchen, mich selbst mal wieder toll zu finden.
    He, ich habe deine Geschichte gelesen, schreibt ein anderes Mitglied. Du hast sie erst heute gepostet, richtig?
    Ja.
    Wow, Mann. Das war eine tolle Story. Ich fand deine Ehrlichkeit wirklich stark, und ich habe deinen Schmerz mitgefühlt.
    Danke. Es war hart, das alles zu schreiben, aber ich habe mich danach besser gefühlt. Nicht toll, aber besser. Ich muss jetzt aufhören, aber ich wollte noch sagen, dass ich wirklich froh bin, dass es euch gibt, und diese Site, und was ihr zu sagen habt.
    Du kannst jederzeit wiederkommen, Bruder, schreibt KingEnergyi2. Du bist hier willkommen, und niemand wird dich verurteilen.
    Leo verlässt den Chat, ohne zu antworten. »Gut gemacht«, lobt Alan.
    »Nun ja, es ist nicht so, dass ich völlig ahnungslos bin, was Online-Undercoverarbeit angeht«, sagt Leo. »Ich habe schon mal einen Pädophilen gespielt. Das hier ist allerdings

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