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Ausgeloescht

Ausgeloescht

Titel: Ausgeloescht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyen
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verzweifelt meine Stimme geklungen hat. Ich fragte sie, ob es jemand anderen gab, und sie versicherte mir, dass dem nicht so sei. Ich fragte sie, wieso und was ich getan hätte, und ich erinnere mich genau, was sie sagte, weil ich ihr anmerkte, dass sie es so meinte, wie sie es sagte. Ich wusste es, obwohl sie gerade zu einer Fremden geworden war, obwohl sie mich hintergangen hatte.
    »Eines Tages wachte ich auf, und was ich für dich empfunden hatte, war schal geworden. Ich wartete darauf, dass es sich wieder ändert.« Sie zuckte mit den Schultern. »Es änderte sich aber nicht. Mir wurde klar, dass es sich nie wieder ändern würde. Ich kann nicht den Rest meines Lebens mit diesem Gefühl verbringen, und du solltest es auch nicht tun.«
    Auf den Knien habe ich sie angefleht, mit mir zur Eheberatung zu gehen. Sie hat sich geweigert. Nichts, was ich sagte oder was ich tat, drang zu ihr durch. Sie hatte sich von mir abgeschottet. Ich schätze, das ist es, worauf alles hinausläuft und weshalb es uns allen so wehtut: Wenn eine Frau sich uns vollkommen gibt, wenn sie uns in sich hineinlässt, dann bringt es uns zum Leben wie sonst nichts. Aber wenn uns das weggenommen wird, sind wir einsamer als je zuvor.
    Ich bin auf diese Seite gekommen, weil ich ein Wrack bin. Ich schlafe schlecht. Bei mir wechselt es sich ab, dass ich sie vermisse und dass ich mir wünsche, sie wäre tot. Ich habe Wutanfälle, die mir Angst machen. Richtig oder falsch, ist mir egal. Ich bin noch nicht so weit, dass ich sie ein Dreckstück nennen könnte, aber ich bin auf dem Weg dahin.
    Das wär's. Tut mir leid, wenn es so lang geworden ist, aber ich fühle mich hier sicher, und ich musste das alles mal loswerden.
    Ich lehne mich auf dem Stuhl zurück. »Wow«, sage ich. »Ich bin beeindruckt. Das wird Wellen schlagen.«
    »Wir haben viel Zeit darauf verwendet, das alles auszuarbeiten«, sagt Leo. »Es ist ein bisschen lang, aber wir wollten etwas, in dem die Männer auf dieser Site sich wiederfinden und das Aufmerksamkeit erregt. Jetzt wird darüber diskutiert.«
    »Wo?«
    »Unter jeder Geschichte können die Mitglieder ihre Kommentare posten. Lade die Seite neu, und du siehst, was bis jetzt gepostet wurde.«
    Ich klicke wieder auf Refresh und sehe vier Kommentare.
    Tolle erste Story, lautet der oberste. Du hast mich damit wirklich angesprochen, mein Freund. Wirklich und ehrlich. Ich habe meine Frau auch geliebt, bevor sie mir in die Eier trat. Von einem Fremden verletzt zu werden, ist immer leichter zu ertragen. Lass dich nicht unterkriegen. Es wird wieder besser.
    Dann:
    Lass dich von niemandem dazu verleiten, das Wort »Dreckstück« zu benutzen, ehe du so weit bist, Kumpel. Es geht um dich, nicht um andere. Du kämpfst dich da durch, wie es für dich am besten ist. Punkt.
    Der nächste Eintrag:
    Guter erster Post. Stark.
    Und schließlich:
    Du willst es nicht sagen, also sage ich es für dich, Bruder. Sie ist ein Dreckstück. Eine miese Fotze. Tut mir leid, wenn dich das beleidigt. Das ist nicht meine Absicht. Aber noch mehr tut mir leid, dass du das durchmachen musstest. Ständig heißt es, Männer hätten Bindungsprobleme, das wäre typisch für Männer. Blödsinn. Frauen können genauso verkorkst sein wie wir. Das ist nichts »typisch Männliches«. Das ist etwas typisch Menschliches. Einen Mann, der einer Frau angetan hat, was deine Frau dir angetan hat, würde man einen Dreckskerl nennen, einen Scheißkerl. Also sage ich es noch einmal: Sie ist ein Dreckstück. Eine kaltblütige miese Nutte.
    »Ich denke, wir haben Eindruck gemacht«, stellt Alan fest. »Ja. Gute Arbeit. Und jetzt?« »Chatroom?«, fragt Leo. »Los«, antwortet Alan.
    Ich schalte die Ansicht um und beobachte in Echtzeit, wie Leo den »Bruderchat« anklickt und sich einloggt.
    »Erst einmal lurken wir nur«, sagt Leo.
    »Lurken?«, frage ich.
    »Wir schauen zu, nehmen aber nicht teil. Das ist für Neulinge üblich. Zeigt sogar gute Manieren. Du lehnst dich zurück, beobachtest und versuchst dabei, die Regeln zu lernen. Jede Gruppe hat eigene Standards, nach denen du beurteilt wirst, und ihre eigene Etikette. Wenn du die Standards verletzt, nimmt dich keiner ernst. Wenn du gegen die Etikette verstößt, wird niemand mit dir reden. Ich erkenne bereits eine Regel für diesen Chatroom, die ziemlich ungewöhnlich ist.«
    »Und zwar?«
    »In den meisten Chatrooms geht es schnell hin und her, wie bei einem echten Gespräch. In diesem Chatroom gibt es viele Vorträge. Das ist für

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