Ausgeloescht
Kirby hinzugezogen und ihnen alles erzählt: was ich weiß, was ich vermute, und wo ich mir unsicher bin. Zuerst waren sie skeptisch, bis ich ihnen erzählte, was mir an Dali aufgefallen ist. Danach hielten sie die Klappe und hörten mir zu.
Tommy war es, der herausfand, dass Dali den GPS-Chip in meinem Handy überwachte. Deshalb hat Dali gewusst, dass ich mich seinem Lagerungshaus in L.A. näherte. Wieder einmal hatte seine Brillanz in Einfachheit bestanden. Er wusste, dass die Techniker beim FBI meine Sachen auf Wanzen untersuchen würden; deshalb installierte er keine, sondern machte sich die Wanze zunutze, die bereits vorhanden war.
Tommy hat mithilfe von Technikern, die er kennt, den GPS-Tracker zurückverfolgt. Damit konnten wir Dali orten. Wir haben darauf gezählt, dass er kein Risiko eingehen würde, und er hat uns nicht enttäuscht. Ob für tot erklärt oder nicht - er ließ den Tracker aktiv; er wollte auf Nummer sicher gehen und stets wissen, wo ich war. Pragmatik war seine große Stärke. Und ich muss zugeben, sie hat ihm gut gedient - bis jetzt.
Er ist beschäftigt gewesen, hat zuerst Zeit in Nevada verbracht und dann in Oregon. Die Adressen der anderen Gebäude herauszufinden war ziemlich einfach. Im Augenblick ist er in Nevada, und wir machen uns bereit, ihn zu besuchen. Um es zu Ende zu bringen.
Um ihn zu töten.
Ich sehne mich danach, ihn zu töten. Ich möchte sehen, wie das Leben in seinen Augen erlischt. Sein Tod wird für mich so erquickend sein wie Wasser für eine ausgedörrte, durstige Kehle. Wird mein Durst dadurch gelöscht? Ich weiß es nicht. Aber wenn Dali tot ist, kann er niemandem mehr etwas antun, der mir etwas bedeutet. Das muss reichen.
»Ich werde Raymond dein Handy geben«, sagt Kirby. »Er wird es mit sich tragen, während er Bonnie überwacht. Dadurch sieht es so aus, als wärest du noch hier in L.A.«
»Gut. Sind wir so weit?« »Ich schon«, sagt Tommy.
»Eine Familie, die gemeinsam tötet, trennt im Leben nichts mehr«, sagt Kirby und lacht.
Tommy und ich lachen nicht.
Wir brechen am Nachmittag auf, sodass wir am Abend ankommen. Für das, was wir vorhaben, ist Dunkelheit besser. Wir reden nicht viel; selbst Kirby bleibt ziemlich still. Ich beobachte, wie Kalifornien der Wüste weicht, und spüre trotz der Klimaanlage die Temperaturänderung. Ich beobachte, wie das Nichts sich in das überwältigende Etwas namens Las Vegas verwandelt. Wie jedes Mal kommt es mir wie ein Fliegender Holländer unter den Städten vor. Mammon stach sich in den Finger und ließ einen Blutstropfen auf den Sand fallen, und dort entsprang Las Vegas.
Wir kennen zwei örtlichkeiten. Das eine ist das Einlagerungsgebäude, in dem er seine Opfer aus Nevada eingesperrt hält. Das andere ist ein Wohnhaus, eingetragen auf einen Namen, der mich überrascht hat, während er gleichzeitig bestätigte, was ich über Dali aufgrund dessen, was ich gesehen hatte, vermutet habe. Die Rückwärtsverfolgung bestätigt, dass Dali zu Hause ist.
Wir nehmen uns kein Hotelzimmer, denn wir wollen keine Spur hinterlassen. Wir brauchen ohnedies kein Zimmer. Wenn man einen Mord verüben will, reist man am besten abends an und verschwindet in der gleichen Nacht wieder. Eine Seite aus Dalis Leitfaden »Wie mache ich es einfach«.
In einem Imbiss am Rand der Vorstadt, in der Dalis Haus steht, essen wir zu Abend. Ich nehme eine Tasse Kaffee und einen Toast. Tommy nimmt noch weniger; er lässt den Toast aus. Kirby bestellt ein T-Bone-Steak, zwei Spiegeleier, Bratkartoffeln, Toast, Orangensaft und Kaffee.
»Was ist?«, fragt sie, als sie bemerkt, dass ich sie anstarre. »Ich habe Hunger. Wer weiß, wann wir die nächste Gelegenheit bekommen.«
Ich bin mir sicher, dass sie recht hat. In solchen Dingen hat sie bestimmt mehr Erfahrung als ich. Doch mein Magen scheint die letzte Bastion meines Gewissens zu sein. Ich halte mich an meinen Kaffee und meinen Toast.
Als Kirby aufgegessen hat, seufzt sie zufrieden. »Das war gut. Also - alles bereit, jemanden kaltzumachen?«
»Das dritte Haus die Straße runter«, sagt Tommy.
Wir parken in einer Vorstadtstraße, verborgen im Schatten eines Baumes, die hier selten sind. Die Häuser sind Lehmsteinbauten mit Felsen und Kakteen im Vorgarten. Wasser ist in Vegas kostbar.
»Klein«, sagt Kirby. »Gute Tarnung. Es ist nie eine gute Idee, mit den Früchten seiner Übeltaten zu protzen.«
»Dali wird Kameras haben«, sage ich, »aber nicht viele. Er hat keinen Grund, sich hier
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