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Ausgeloescht

Ausgeloescht

Titel: Ausgeloescht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyen
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Blick darauf«, sage ich. »Ich werde sofort wissen, ob wir richtig sind, und dann bekommen wir den Beschluss, verlasst euch drauf.«
    Wie in jeder großen Stadt ist in Los Angeles Platz Mangelware. Das Beste drängt sich neben das Schlimmste, und alles versucht, in relativer Harmonie zu leben. Die Adresse, an der wir uns wiederfinden, ist ein großes Grundstück in einer Nebenstraße des Victory Boulevard. Neben dem Gebäude steht eine abgezäunte Tankstelle, deren Fenster mit Brettern verrammelt sind. Ein Schild bittet die Kunden um Geduld, bis der Umbau abgeschlossen ist. Das Schild ist von der Sonne ausgeblichen und vom Regen verwittert, als wäre der Umbau der Tankstelle seit langer Zeit vergessen.
    Einen halben Häuserblock entfernt befindet sich der Victory Boulevard, Tag und Nacht eine belebte Hauptstraße. Gleich um die Ecke sehen wir einen Sexshop, eine Aquarienhandlung und ein Herrenmodengeschäft, um nur einige zu nennen. Die meisten Schilder sind auf Englisch, einige nicht, doch im Unterschied zur Tankstelle scheint jedes Geschäft genutzt zu werden.
    Wir parken in einer Seitenstraße. Ich stehe neben dem Wagen und betrachte das Gebäude aus der Entfernung. Wir haben späten Nachmittag. Die Sonne steht schon tief, und ein kühler Wind streichelt meinen Kahlkopf.
    Sind wir richtig? Ist es hier passiert?
    Der Zaun sieht genauso aus wie in meiner Erinnerung, doch mir wird immer deutlicher bewusst, wie wenig ich tatsächlich zu Gesicht bekommen habe. Dalis Brillanz, wie James es genannt hat. Ein Vorhängeschloss sichert das Maschendrahttor.
    »Und?«, fragt James.
    »Ich sehe es nicht aus dem richtigen Winkel, um sicher zu sein.« »Dann sieh zu, dass du den richtigen Winkel findest.«
    Ich ziehe eine Braue hoch. Auf meiner Oberlippe stehen Schweißperlen. Mich beherrschen widersprüchliche Gefühle. Ich bin übermütig-ängstlich. »Hinüberklettern, meinst du? Das ist ein Gesetzes verstoß, James.«
    Er schaut weg. »Leo Carnes war ein FBI-Agent. Du bist ebenfalls beim FBI. Wenn wir nicht jemanden dafür zahlen lassen, sind wir alle in Gefahr. Ich bin dafür, uns diesmal Dalis Pragmatismus anzueignen.«
    Ich schaue Callie und Alan an. »Was haltet ihr davon?«
    »Die Hölle gefriert.« Callie blinzelt. »Ich finde, James hat recht.«
    »Du weißt, auf welcher Seite ich bin«, sagt Alan.
    Ich betrachte meinen verstümmelten Finger und bewege die Hand. Es tut weh. »Ich glaube nicht, dass ich rüberklettern kann.« »Wir können das Schloss aufbrechen«, sagt Alan.
    »Nein. Was, wenn er da ist und den Eingang beobachtet? Und selbst wenn er nicht hier ist - angenommen, er kommt zurück, während wir den Beschluss holen, sieht, dass wir das Schloss geknackt haben, und haut ab?«
    »Gutes Argument. Was dann?«
    Ich schirme meine Augen mit der Hand ab und lasse den Blick über die Umgebung schweifen. Rechts ist die Tankstelle. »Was, wenn wir ein anderes Schloss knacken?«
     
    Eine Querstraße entfernt entdecken wir ein Werkzeuggeschäft und kaufen einen Bolzenschneider. Wir zerschneiden nicht den Bügel des Schlosses, sondern die Kette, sodass wir es aussehen lassen können, als wäre das Tor im Zaun noch immer versperrt.
    »Machen wir Nägel mit Köpfen«, sage ich und betrete das Grundstück.
    Ich gehe an der Tankstelle vorbei, parallel zum Gebäude von Meet Storage Solutions, bis ich die Rückseite des Grundstücks erreiche. Ich bringe das Gesicht an den Maschendrahtzaun und blicke auf das Betongebäude. Ich sehe ein Rolltor, das groß genug ist, um einen Wagen durchzulassen. Ich drehe mich um, sodass ich dem Tor und dem Zaun den Rücken zuwende. Dann kauere ich mich nieder und versuche, auf die gleiche Höhe zu kommen, die ich eingenommen habe, als ich im Kofferraum von Dalis Wagen lag. Ich starre in den Himmel, suche nach Sicherheit. Ich sehe nichts, das wiederzuerkennen ich unter Eid beschwören könnte. Aber ich weiß, dass wir hier richtig sind.
Also tue auch, was richtig ist.
    In den vielen Jahren, die ich nun schon FBI-Agentin bin, war ich immer stolz darauf, kein einziges Mal das Gesetz gebeugt zu haben, um meine Ziele zu erreichen. Durchsuchungen habe ich nur vorgenommen, wenn ich vorher ordnungsgemäß einen Beschluss erwirkt hatte. Bei Verhaftungen habe ich stets die Rechte verlesen und diese Rechte geachtet.
    Was bedeutet schon eine kleine Lüge, wenn du ihn sowieso töten willst?
    Etwas in mir gibt diese Antwort, aber ich höre nicht hin. Ich gehe wieder zur Vorderseite des

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